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Zeitschrift für Pathopsychologie — Leipzig, 1.1912

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Zweites und drittes Heft
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https://doi.org/10.11588/diglit.2776#0491
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Stottern als assoziative Aphasie. 487

suchen kann (Gutzmann—Laubi). Wenn man sich die Ergebnisse der
in diesem Punkte eigentlich geradezu unkritischen Arbeiten z. B. eines
Beukhan, Chervin, Coen, Lichtinger, Scheanck, Ssikorsky ver-
gegenwärtigt (auch die übrigens befangene Autorität Kussmauls zieht
Laubi hierbei mit Recht sehr stark in Frage), so kann man durch
diese und noch viele andere ältere Arbeiten schon aus dem Grunde
ruhig einen Strich machen, weil nicht im geringsten der Versuch
unternommen ist, dabei eine einheitliche physiologische Anschauung
zugrunde zu legen, die eben damals noch fehlte und die wir viel-
leicht erst seit den Arbeiten von Hering, Pflüger, Kassowitz und
v. Bechterew besitzen. Besonders die Neurologie hat entscheidende
Anregungen sicherlich erst durch diese Forschungen erhalten, wie
die Namen Oppenheim und Goldscheider lehren.

Die heutige Neurodiagnostik ist eine Neuronendiagnostik. Für
len Gang der Untersuchung über Stottern lautet demnach die Frage :
Nachdem wir Stottern als Koordinationsstörung ataktischer Art kennen
gelernt haben; nachdem wir bei Feststellung des Begriffes der
Koordinationen zwar ein eigentümliches Verhalten, aber dennoch eine
grundsätzliche Kontinuität des psychophysischen Parallelismus nach-
weisen konnten : ist ein Neuron zugrunde gegangen, defekt, abnorm,
oder ist etwa die Kontinuität des psychischen Vorganges allein gestört?

Die erste Frage ist die Frage, wie Stottern sich zu der physio-
logisch-anatomischen Denkweise der Aphasietheorie stellt. Wenn
Ültuszewski (1908) schreibt: »Die Frage der Lokalisation des mo-
torischen und des Gehörgedächtnisses in der dritten Stirn- und der
"rsten Schläfenwindung ist schon längst gelöst«, so braucht man in
'1er engeren Literatur nur nachzulesen, was Gutzmann 1910 z. B.
"ber Schreibkrampf im Anschluß an Oppenheim und über die Fälle
von Lichtinger, Schmid, Müller, de la Pierre und andere sympto-
matische Beobachtungen sagt, um mit Gutzmann zu erkennen, daß
iür die Erforschung des Stotterns mit diesem lokalisatorischen Sicher-
hi-itsgefühl nur äußerst wenig genützt ist. Dasselbe gilt für die
°oen (Kap. 2) schon erwähnten holländischen Autoren. Gutzmann

Recht, wenn er auf die großen Schwierigkeiten hinweist, einer-

s mit der Kussmaul-Gutzmann sehen Theorie, andererseits mit

en Laubi sehen Bedenken das Stottern einheitlich zu erklären, so-

da, wo es als fixiertes, ausgebildetes, geschlossenes Krankheits-
 
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