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Zeitschrift für Pathopsychologie — Leipzig, 1.1912

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Zweites und drittes Heft
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https://doi.org/10.11588/diglit.2776#0508
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504 Theodor Hoepfner

töne der Empfindungen werden als sensorielle Gefühlstöne, die der
Vorstellung als intellektuelle Gefühlstöne bezeichnet. Zunächst
kommen nur den Empfindungen Gefühlstöne zu und die Vorstellungen
empfangen ihre Gefühlstöne einfach von den zugrunde liegenden Emp-
findungen«. Ziehen definiert noch die irradiierten und reflektierten
Gefühlstöne und bespricht die Stimmungen: >Wenn ich in einer ge-
wissen Zeiteinheit eine oder einige wenige Empfindungen oder Vor-
stellungen mit gleichsinnigem starken Gefühlston habe, so werden
die vielen anderen in derselben Zeiteinheit auftretenden Empfin-
dungen und Vorstellungen, welche zunächst von keinem oder einem
schwachen Gefühlston begleitet sind, sämtlich durch den Gefühlston
jener einen Vorstellung (oder Empfindung) gefärbt.« »Die Gefühls-
töne und Stimmungen beeinflussen in hohem Maße die Ideenassozia-
tion und das Endglied derselben, die Handlung.« Hierin haben wir
schon etwas, was ein besonderes Verhalten der Vorstellungen gegen-
über den Gefühlen im Sinne einer Dissoziation der Vorstellungs-
komplexe darzustellen scheint. Die Stimmungen vermehren oder
vermindern den Vorstellungsgehalt des Menschen nicht, aber sie ver-
ändern die Beziehungen der Vorstellungen innerhalb des Bewußt-
seins. Ziehen fährt fort: »Insofern die Gefühle beide (d h. Ideen-
assoziation und Handlung) beeinflussen, bezeichnet man sie als
Affekte. Der Einfluß der Affekte auf den formalen Ablauf der
Ideenassoziation hängt fast ausschließlich von ihrem Vorzeichen ab.
Traurige oder depressive Affekte (mit negativem Vorzeichen) verlang-
samen den Vorstellungsablauf, heitere oder exaltierte Affekte (mit
positivem Vorzeichen) beschleunigen ihn. Ganz dasselbe gilt im all-
gemeinen auch von dem Einfluß auf die Handlungen. Depressive
Affekte führen langsam und spärlich zu Handlungen, exaltierte Affekte
rasch und ausgiebig.« Es sieht hiernach so aus, als ob zwischen
Stimmung und Affekt lediglich ein quantitativer Unterschied sein sollte.
Das kann nun nicht in breitester Allgemeinheit und nicht ausschließ-
lich zutreffen. Denn es bleibt immer noch unerklärt, wie man sich
das Ausbreiten eines Gefühls auf Vorstellungen zu denken hat. Das
Gefühl, das sich ausbreitet, kann irgendwelchen Ursprung haben ; es
wird für das Zustandekommen der Stimmung an und für sich be-
langlos sein, ob sein Ursprung ein exogener oder ein endogener ist.
Der Ausbreitungsvorgang selbst setzt nun ohne Zweifel voraus, daß
 
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