Die individualpsychologische Bedeutung der ersten
Kindheitserinnerungen.
Von
Dr. Paul Schrecker,
Wien.
Es sind zwei Problemgruppen — eine formal- und eine individual-
psychologische — die sich an die ersten Kindheitserinnerungen
knüpfen. A priori würde man erwarten, daß das Gedächtnis, wenn
es die Kontinuität der Vergangenheit durchlaufen soll, zuerst äußerst
verschwommene und unsichere Erinnerungen produziert und zu immer
deutlicheren und klareren fortschreitet. Eine solche Erfahrung würde
auch der Theorie des psyehopbysischen Parallelismus, wie überhaupt
jeder Erklärung der Gedächtniserscheinungen entsprechen, die als
Ursache oder Parallelphänomen der Erinnerung ein Engramm im ner-
vösen Zentralorgan ansieht. Denn es ist klar, daß die älteren En-
gramme irgendwie schlechter erhalten sein müßten, als die jüngeren.
Eine reiche Erfahrung, die von den meisten Autoren bestätigt
wird, hat uns aber gezeigt, daß diese aprioristische Erwartung durch
die Tatsachen widerlegt wird. Zwar trifft es zu, daß aus dem
Kindesalter nur wenige Erinnerungen produziert werden und beson-
ders jene Ereignisse, denen objektive Bedeutung für die kindliche
Entwicklung zukommt, vergessen sind; aber in der größten Anzahl
der Fälle werden ein oder zwei Erinnerungen aus der frühesten
Kindheit reproduziert und heben sich mit einer unvermittelten Klar-
heit, die überrascht, aus dem sonst vollständigen Dunkel jener Zeit.
Die Frage ist nun einerseits formalpsychologisch: Wie kommt es,
daß es so klare neben kaum schattenhaft erhaltenen Erinnerungen
gibt? und andererseits individualpsychologisch : Welche Ereignisse
sind es, welches ist der Inhalt der Erinnerungen, und wie ist es zu
Kindheitserinnerungen.
Von
Dr. Paul Schrecker,
Wien.
Es sind zwei Problemgruppen — eine formal- und eine individual-
psychologische — die sich an die ersten Kindheitserinnerungen
knüpfen. A priori würde man erwarten, daß das Gedächtnis, wenn
es die Kontinuität der Vergangenheit durchlaufen soll, zuerst äußerst
verschwommene und unsichere Erinnerungen produziert und zu immer
deutlicheren und klareren fortschreitet. Eine solche Erfahrung würde
auch der Theorie des psyehopbysischen Parallelismus, wie überhaupt
jeder Erklärung der Gedächtniserscheinungen entsprechen, die als
Ursache oder Parallelphänomen der Erinnerung ein Engramm im ner-
vösen Zentralorgan ansieht. Denn es ist klar, daß die älteren En-
gramme irgendwie schlechter erhalten sein müßten, als die jüngeren.
Eine reiche Erfahrung, die von den meisten Autoren bestätigt
wird, hat uns aber gezeigt, daß diese aprioristische Erwartung durch
die Tatsachen widerlegt wird. Zwar trifft es zu, daß aus dem
Kindesalter nur wenige Erinnerungen produziert werden und beson-
ders jene Ereignisse, denen objektive Bedeutung für die kindliche
Entwicklung zukommt, vergessen sind; aber in der größten Anzahl
der Fälle werden ein oder zwei Erinnerungen aus der frühesten
Kindheit reproduziert und heben sich mit einer unvermittelten Klar-
heit, die überrascht, aus dem sonst vollständigen Dunkel jener Zeit.
Die Frage ist nun einerseits formalpsychologisch: Wie kommt es,
daß es so klare neben kaum schattenhaft erhaltenen Erinnerungen
gibt? und andererseits individualpsychologisch : Welche Ereignisse
sind es, welches ist der Inhalt der Erinnerungen, und wie ist es zu