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Zeitschrift für Pathopsychologie — Leipzig und Berlin, Ergänzungsband 1.1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.2775#0162
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158 L. Frank

niesen verbundene Angst an Intensität ab; die Angst ist verschwun-
den, wenn sieb auch keine affektbetonten Szenen mehr einstellen.
Daß es sich beim Pavor nocturnus um solche früher durchlebte
Schreckszenen handelt, konnte ich in einer ganzen Reihe von Fällen
dadurch eruieren, daß der Pavor nocturnus regelmäßig auch nach
dem Abreagieren verschwanden war. Nur um ein Beispiel hierfür
anzuführen, möchte ich einer 28jährigen Patientin Erwähnung tun,
die meine Hilfe in Anspruch nahm auf Verlangen ihres Mannes: sie
iat allabendlich einige Zeit nach dem Einschlafen so heftig zusammen-
gefahren, daß sie den Ehemann erschreckte und ihn aus dem Schlaf
weckte; dabei empfand sie, wie wenn eine Wallung durch ihren
ganzen Körper ginge, bekam Herzklopfen und konnte eine Zeitlang
sich nicht mehr zurechtfinden; es stellte sich dann immer wieder,
bis der Schlaf ein tieferer geworden war, der Pavor nocturnus ein.
Die Pat. hatte ich zum Halbschlafzustand erzogen — was in sehr
kurzer Zeit gelungen war —. Nachdem einige Szenen mit Angst
abreagiert waren, der Pavor nocturnus aber noch fortbestanden hatte,
verhielt sich Pat. am 28. 11. 12 beim Einschlafen auf meine Veran-
lassung wie beim Analysieren im Halbschlaf. Da durchlebte sie eine
Szene ans ihrem 4.—5. Lebensjahr. Pat., die auf dem Lande auf-
gewachsen war, sah sich nun im Halbschlaf wieder als Kind ganz
deutlich, wie sie auf dem Hofe den Enten nachging und dabei in
eine Jauchegrube fiel. Sie sah sich ganz deutlich in der Grube am
Balken halten, wie sie nm Hilfe schrie. Dann kam schließlich ein
Knecht von der Scheune her und holte sie heraus. Sie habe das
ganz deutlich wieder durchlebt und es sei ihr gewesen, wie wenn
sie eben herunterfalle und sei dabei zusammengefahren. Nach dem
Abreagieren schläft Pat. Wochen lang ohne zu erschrecken ein. Erst
nach einiger Zeit, — Pat. konnte nicht regelmäßig zur Behandlung
kommen und mußte dann aus äußeren Gründen von der Behandlung
wegbleiben —, stellte sich wieder ein leichteres Erschrecken ein,
hatte aber kein Herzklopfen mehr und konnte stets völlig erwachen,
während sie vorher in einer Art Schlafzustand verharrte, in dem sie
sich nicht zurechtfinden« konnte. Ich erwähne diesen Fall besonders
auch deshalb, weil er sehr deutlich zeigt, daß, nach meiner seitherigen
Erfahrung wenigstens, es sich niemals um ein einzelnes derartiges
Schreckerlebnis handelt, das einen psychoneurotischen Zustand oder
 
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