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Pecht, Friedrich
Kunst und Kunstindustrie auf der Weltausstellung von 1867: Pariser Briefe — Leipzig, 1867

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https://doi.org/10.11588/diglit.1266#0177
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Die Malerei der iibrigen Nationen.

hanges der Malerei mit dcr Architektur. Rubens und Rem-
brandt, die hauptsächlich auf diese Schule gewirkt zu haben
scheinen, sind aber Muster von Strenge und Einfachheit
gegen solche Nachahmer.

Hat diese Kunst abcr alle Laster des Naturalismus, so
zeigt sie auch einen guten Theil der Tugenden, die mit solch
svstemloser, unmittelbarer Nachahmung der Natur vereinbar
stnd, zunächst eine große Friiche, Reinheit und Keuschheit dcr
Empsindung, ja bisweilen die echteste Naivetät, den glück-
liäisten, komischsten Humor in der Charakteristik. Sie gibt
uns viele höchst origiiiell ersundene, sast nie gffeetirte, aber
desto mehr barocke Menschen, zunächst ost die verrückte Jndi-
vidualität der Künstler selbst, welche ganz und gar die doch
ziemlich bekannte Wahrheit außer Augen setzend, daß die
Malerei eine schon seit längerer Zeit erfundcne Kunst sei,
bei der man also die Vorgänger zu benutzen habe, dieselbe
vielmehr stets von neuem crfinden wollen, und dann aller-
dings oft eine ganz merkwürdige Aehnlichkeit mit den Giot-
tisten oder Altdeutschen bekommen. Es gibt auch in Deutsch-
land genug solcher Narren auf eigene Hand.

Natürlich ist solche Kunst cigentlich lediglich auf die
Kleinmalerei, auf die Schilderung des häuslichen Lebens
oder der Landschast angewiesen; dies thut sie denn auch
fast ausschließlich, und in manchen Fällen mit einer be-
zaubernden Frische und Gesundheit der Empfindung. Die
Wahl der Stoffe hängt bald mit der Leifiungsfähigkeit,
bald mit dem Nationalcharakter zusammen; so kommt cs
offenbar vom Mangel monumentalen Simies, daß man in
dieser Ausstellung zweier so rcligiöser Vvlker kein einziges
eigentlich religiöses Bild findet, die zwei Anläufer dazu find
so verunglückt, daß man fie nicht rechnen kann. Fast ebcnso
wenig mpthologische; wenn man dagcgen auch kein einzigcs
unzüchtiges oder lüsternes findet, so hängt dies offenbar mit
der Ehrbarkeit der Nation zusammen, wie fich ihr gcsunder,
echter Familienfinn in den unzähligen Vorstellungcn des Kinder-
lebens selbst, wie des Verhältniffes zwischen Aeltern und
Kindern manisestirt, an welchen die Franzosen arm find.

Ebenso spricht fich der stiedliche Sinn der doch offen-
 
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