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Winter, Franz
Altertümer von Pergamon (Band VII,Text 2): Die Skulpturen mit Ausnahme der Altarreliefs — Berlin, 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.926#0026
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167. Beiblatt 24 rechts und links. Höhe (mit der Plinthe) 1,13 m, Plinthenhöhe 0,04 m.
Der Körper ist in der Mitte gebrochen, ein unterhalb der Schulter abgebrochenes Stück des
rechten Oberarmes ist wieder angefügt. Der Kopf war abgebrochen. Er ist nur lehr unvollständig
erhalten, der mittlere Teil des Schädels und die ganze Gesichtsfiäche sind herausgebrochen.
Beide Arme fehlen von der Mitte des Oberarmes abwärts. Von der linken Schulter über den
Oberarm hin ist die Fläche ausgebrochen. Von dem Arm oder dem Attribut, das er hielt,,
rührt der Ansatz einer Verbindungsstütze oberhalb der linken Hüfte her. Zwei kleinere Zapfen
rechts von der Mittelrippe auf der großen vorderen Flosse haben wohl, wie bei dem anderen
Triton, zur Stützung der abstehenden Blätter des oberen Flossenkranzes gedient, an dessen
vorderer Reihe die Spitzen der Blätter größtenteils abgebrochen sind. Die Plinthe ist links ab-
gebrochen, der Schwanz des Triton war in derselben Weise wie bei n. 166 angesetzt, auch die
Rückseite ist ebenso aus dem Großen herausgearbeitet.
Mit zurückgelegtem Oberkörper ist der Triton nach rechtshin gewendet. Beide Oberarme
sind abwärts gestreckt, der rechte liegt etwas nach vorn bewegt dicht an der Seite an, der
linke ist zurückgebogen und abgestreckt. Das halblange Haar liegt in fließenden welligen Strähnen
herab, die durch lang hingeführte tiefere und ssachere Furchen geteilt sind, in ähnlichen, aber
nicht so scharfen Zügen, wie an den Köpfen des Porphyrion und des niedergestürzten Gegners
der Phoibe der Gigantomachie. Die Flossen haben zackigeren Rand und reichlichere und von
der Fläche schärfer abgesetzte Rippen als die des ersten Triton.
Die beiden Stücke sind nicht ganz gleich groß und können daher nicht als Gegenstücke
verwendet gewesen sein. Vermutlich waren mehrere Paare oder Gruppen von Tritonen vor-
handen, aus denen diese Einzelexemplare erhalten sind. Auch die Arbeit ist, obwohl im ganzen
von gleichem Charakter, in den Einzelheiten nicht übereinstimmend. Die Körperformen, an
beiden Figuren sehr kräftig, sind an dem etwas größeren Triton mit der Muschel in weicheren
Schwellungen gebildet als an dem Exemplare n. 167, an dem die Einzelheiten der Muskulatur
ausführlicher gezeigt und bestimmter umrissen herausgestellt sind. Es kann das nicht allein
damit erklärt werden, daß in der ersteren Figur etwa ein jugendlicherer Triton dargestellt wäre.
Auch die Behandlung der Flossen ist an diesem Stück in größerem Zuge, weniger reichlich in
kleinerem Detail und schwungvoller durchgeführt und ebenso zeigt sich die Figur in der freien
großen Bewegung des Gesamtaufbaues der anderen überlegen. Prachtvoll in der Frische und
Originalität der Erfindung und Ausführung reiht sich das Stück dem Bellen an, was die Kunst
der Altarzeit geschasfen hat. Die Aufgabe, das phantastische Wesen so zur Gestaltung zu bringen, -
daß der Eindruck wirklichen oder möglichen Lebens hervorgerufen wird, hat der Künstler mit
glänzender Meisterschaft gelöst. Man glaubt den Triton heranschwimmend soeben aus der Flut
auftauchen zu sehen, so überzeugend ist die mächtige Bewegung dargestellt, in der der Ober-
körper mit kühner Drehung in die Höhe steigt und die wie naß angedrückten Flossen mit ihren
beweglichen Enden scheinbar auf und niederschlagend dahingleiten. An dem Triton n. 167 ist
die Bewegung weniger sließend, der Oberkörper, nach links herübergebogen und zurückgelegt,
erscheint weniger wie in organischer Verbindung mit dem unteren Teile, sondern mehr wie
ein Aussatz auf einem ornamental mit Flossen ausgestatteten Träger. In den Flossen ist nicht
die lebendige Tätigkeit ausgedrückt wie in denen des andern Exemplars, und sie sind reich-
licher, aber äußerlich dekorativ gegliedert. Ähnlich wie in den verschiedenen Platten der
Gigantomachiereliess ist in den beiden Tritonfiguren der Unterschied schöpferischer Gestaltungs-
kraft und routinierter Behandlung ausgeprägt.
 
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