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Wie in Hessen und im Neckargebiet sind auch
aus unserem Arbeitsgebiet Funde von Be-
cherkulturen fast nur aus Gräbern be-
kannt91 und zwar aus Flacbgräbern und aus
Hügeln (Karte 5). Zu ersteren gehört ein ge-
strecktes Skelett aus Schweinfurt mit Dolch und
Rechteckbeil. Je ein Hocker wurde in Giebel-
stadt, Tauberrettersheim, Wiesenfeld und
Würzburg-Heidingsfeld ausgegraben. Die Lage
auf der linken Seite ist nur bei letzterem ge-
nannt. Während dieser von Osten nach Westen
lag, wird von dem aus Tauberrettersheim
die gegenteilige Direktion berichtet. Ebenso
orientiert war das Doppelhockergrab in Neu-
setz. Hier lagen die Toten auf der rechten Sei-
te. Nichts Näheres über die Lage der Skelette
ist bei Aufstetten, Effeldorf und Karbach ge-
nannt.
Reste aus Hügeln liegen vor aus Oberwaldbeh-
rungen, Aschaffenburg-Strietwald, Diebach,
Goldbach, Mömlingen, Pflaumheim, Schrauden-
bach und Vasbühl. Nur von Mömlingen wird
berichtet, daß sich die Amphore etwas über
dem gewachsenen Boden fand.
Unter den Formen sind zwei Gruppen zu tren-
nen, die südwestdeutsche Schnurkeramik und
die westdeutsche Bechergruppe. E. Sangmeister
läßt in seiner Studie über die Becherkulturen
die Schnurkeramik in Mitteldeutschland aus
mehreren Gruppen entstehen und zu einer Ein-
heit verschmelzen, die sich dann erst nach Süd-
westdeutschland ausdehnt und Sonderentwick-
lungen bildet, die vielleicht länger andauern als
die mitteldeutsche Ursprungskeramik.
Unter der Tonware begegnet in Unterfranken
die Amphore einmal in Großostheim (Taf. 10,
12) in der Form 2 nach E. Sangmeister92, die
dem Typ 6 der Zylinderhalsgruppe entspricht,
der fast am Ende der mitteldeutschen Entwick-
lung in der Ausbreitungsphase liegt. Eine Am-
phore der Form 392 liegt aus Mömlingen vor93.
Schnurverzierte Becher treten in flauer Form
mit hängenden Dreiecken an Horizontallinien
(Pflaumheim; Sangmeister Form 2 f)92, 93 und

mit Dreieckderivaten (Großostheim: Taf. 10, 4)
auf.
Die Streitäxte begegnen fazettiert mit schlich-
ter Schneide und verbreiterter Schneide (Taf.
19, i8-20)94. Vermittelt durch die Becherkultu-
ren gelangten wie in Hessen auch nach Unter-
franken verschliffene Formen von Bootäxten
der Einzelgrabkultur: Bad Kissingen95, Mer-
kershausen, Ldkr. Königshofen/Grbf.95, Stadtlau-
ringen 96 und Tauberrettersheim (vgl. S. 80). Aus
der nordwestdeutschen Megalithkultur stammt
eine Knaufhammeraxt aus Ochsenfurt (Taf. 19,
16) und eine kantige Form mit nur leicht ver-
dicktem Nacken aus Himmelstadt (Taf. 19, 17).
Kleine trapezförmige bis langrechteckige Fels-
gesteinbeile mit rechteckigem Querschnitt und
nicht selten fazettierten Seiten (Taf. 19, 1-5.
7-11)97 gehören weitgehend hierher. Ebenfalls ist
das Feuersteinbeil von Eichelsbach, Ldkr.
Obernburg, mit rechteckigem Querschnitt und
ungeschliffenen Schmalseiten nach E. Sangmei-
ster hier einzureihen98. Eine kennzeichnende
Flintklinge liegt aus Giebelstadt vor. Sorgfältig
zugearbeitete Dolche aus Horn- und Feuer-
stein begegnen in Eibelstadt, Effeldorf und
Schweinfurt (Taf. 22, 3-5). Ein Stück aus Scho-
nungen, Ldkr. Schweinfurt, liegt im Museum
Schweinfurt, ein Stück aus Großheubach, Ldkr.
Miltenberg, wurde nicht aufgehoben, der Ver-
bleib eines Gerätes aus Eckartshausen, Ldkr.
Ebern ist unbekannt. Eine halbmondförmige
Sichel aus hellgrauem Hornstein fand sich am
Mainufer bei Aschaffenburg (Taf. 22, 1). Von
den sorgfältig zuretuschierten triangulären
Flintpfeilspitzen gehören auch einzelne in die-
sen Rahmen.
Ein im Mauerschutt der romanischen Burg
„Osterburg", Gemarkung Bischofsheim a. d.Rh.
gefundenes, vielleicht aus dieser Gegend stam-
mendes Axtbruchstück mit geometrischem
Ziermuster99 weist auf die reichverzierte Son-
dergruppe innerhalb des sächsischen Streitaxt-
typus hin100. Unser Stück aus graugrünem Ser-
pentin paßt sich auch gut in die von N. Aberg

91) G. Hock betrachtet BVB1. 10, 1931/2, 17, Siedlungsstellen bei Skelettgräbern in Neusetz als zur Schnur-
keramik gehörig. Von den Funden ist nur ein schuhleistenkeilartiges Steinbeilfragment erhalten, das eher
dagegenspricht. Es ist sehr bedauerlich, daß gerade diese Funde nicht erhalten sind.
92) Sangmeister, Becherkulturen 31.
93) BVB1. 10, 1931/2, 8 Abb. 1, d; Taf. 1,2—3.
94) BVB1. 10, 1931/2, Taf. 3; 11, 1933, Taf. 2—3.
95) Priv. Bes.
96) Mus. Münnerstadt.
97) BVB1. 10, 1931/2, Taf. 4—5; 7, 1—3.
98) Sangmeister, Becherkulturen, 35. Mus. f. Vorgesch. Berlin Inv. Nr. 1868.
99) BVB1. 10, 1931/2, 20 f., 25 u. Taf. 7, 2.
100) J. Lechler, Die reichverzierten Steinäxte des sächsischen Typus. 25 Jahre Siedlungsarchäologie, Man-
nus-Bibl. 22, 1922, 1 ff.

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