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Peust, Carsten
Das Napatanische: ein ägyptischer Dialekt aus dem Nubien des späten ersten vorchristlichen Jahrtausends ; Texte, Glossar, Grammatik — Göttingen, 1999

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https://doi.org/10.11588/diglit.31318#0334

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-329 -

Man kann generell sagen, dass im Neuägyptischen und noch mehr im Demotischen die Verbaladjektive präteritale
Funktion haben.1^ Sie stehen daher in funktionaler Opposition zu den mit ntj gebildeten Relativsätzen, welche gerade
nicht mit dem präteritalen sdm-f, dafür aber mit allen übrigen Tempora konstruiert werden können. Im Koptischen
wird diese Funktionsteilung schließlich beendet: Die Partizipien und die Relativform kommen außer Gebrauch, und
das Relativpronomen wird jetzt auch mit dem Perfekt kombinierbar.
Die morphologische Gestalt der Verbaladjektive ist im Jüngeren Ägyptisch durch zwei Parameter charakterisiert:
Durch das Vorhandensein oder Fehlen des Augments j- einerseits, und durch die synthetische oder analytische Kon-
struktionsweise (mit jri) andererseits. Über das Augment kann man cum grano salis feststellen, dass es in allen drei
Unterklassen von Verbaladjektiven im wesentlichen in gleicher Weise steht. Im Mittelägyptischen noch unüblich,
kommt es im Neuägyptischen auf, und zwar zunächst bei einer begrenzten Klasse von Verben, insbesondere zweiradi-
kaligen Verben und zweiradikalig gewordenen ursprünglich dreiradikaligen Verben (vgl. Winand 1992: 363, 389). Das
Augment verbreitet sich dann immer weiter und ist schließlich im Demotischen bei allen Verben so gut wie obligato-
risch (vgl. Winand 1992: 38if.). Dies betrifft allerdings im wesentlichen nur noch die Relativform sowie die j-jri-
Paraphrase des aktiven Partizips, da die synthetischen Partizipien zum Demotischen hin größtenteils ungebräuchlich
geworden sind.
Die analytische Bildungsweise ist im Neuägyptischen gegenüber der synthetischen insgesamt selten, kommt aber
beim aktiven Partizip sowie bei der Relativform vor (vgl. Winand 1992: 359-363, 386-388). Zum Demotischen hin
findet eine klarere Funktionsteilung statt, indem die analytische Bildung bei der Relativform ungebräuchlich, beim
aktiven Partizip dagegen deutlich vorherrschend wird (vgl. Spiegelberg 1925: §236 und Simpson 1996: 93f.). Das
passive Partizip ist im Demotischen praktisch verschwunden.
Zusammen mit dem präteritalen sdm-f ist im Koptischen auch die diesem eng verwandte Relativform verloren
gegangen. Vom aktiven Partizip finden sich noch zwei Relikte, nämlich erstens eine analytische Bildung mit dem
Präfix ep < j-jri, die in archaischen Texten vor allem des lykopolitanischen Dialekts bezeugt ist (Polotsky 1987/90: I,
59-61), und zweitens feste Verbindungen aus einem synthetischen Partizip mit einem Objekt, wobei das Partizip zu
einem enttonten Präfix geworden ist (“participium conjunctum”).
3i.i.2 Partizip und Relativform im Napatanischen
Genauso wie generell im Jüngeren Ägyptisch gibt es für Verbaladjektive im Napatanischen vier Bildungsmöglichkei-
ten, nämlich a) mit oder ohne Augment, und b) synthetisch oder analytisch:
(1) synthetisch, ohne Augment
aktivisch:
• hci m Npyt “der in Napata erschienen ist” (H 1, N 1)
• nd ntr.w “der die Götter um Rat fragt” (H 2)
• ptpt t>-f sbj “der seine Feinde niedertritt (N 1)
• smn t>.w nb “der alle Länder befestigt” (N 2)
• hwi tl.wj “der die beiden Länder beschützt” (N 4)
• cnh d-t “der ewig lebt” (H 3 und oft)
• wn nb m h.t-j “alles, was in meinem Leib war” (N 14)
• di cnh “der Leben gibt” (H a, c, 1, n; N a, c, w)
• tm hr jri wpw.t “der nicht Arbeit leistet” (H 143L) (Partizip des Negativverbums tm\ zum darauf folgenden hr
1®° § 26.2.3)
passivisch:
• sm>c m p.t “der im Himmel gepriesen wird” (N 4)
• hrw di-sw p> sh s> n R' Njstsn (vielleicht auch zu lesen: n s> R' Njstsn) “der Tag, an dem dem Sohn des Re Nasta-
sen die Krone gegeben wurde” (N 43). Hier liegt der aus dem Ägyptischen bekannte “erweiterte” Gebrauch des
passiven Partizips vor, der sich dadurch auszeichnet, dass das Bezugswort nicht das Objekt der Verbalhandlung
bildet, sondern zu ihr in einer anderen Beziehung steht, in diesem Fall in der einer Zeitangabe.
Relativform:
• s> R' n h.t mri-/“leiblicher Sohn des Re, von ihm geliebt” (H 3)
• mri (ß|l ) Jmn-R' “geliebt von Amun-Re” (H 3; ähnlich N 1)

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Gewisse Ausnahmen scheinen zu existieren. Lichtheim (1981) führt einige Belege für das demotische aktive
Partizip an, die ihrer Auffassung nach präsentisch verstanden werden müssen.
 
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