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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1866

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Nr. 14-25 (1. Feburar - 27. Februar)
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Baden.
Heidelberg, 29. Jan. Gestern wurde das hiesige
Casino angenehm durch den Besuch lieber Freunde aus Sins-
heim erfreut, wo sich gleichfalls ein katholischer Männerverein
gebildet hat. Die Herren waren, das schöne Sonntagswetter
benutzend, zu Wagen gekommen, um einen vergnügten Abend
in dem durch seine fröhliche Geselligkeit weithin bekannten
hiesigen katholischen Casino zuzubringen. Selten mag wohl
ein Abend lustiger und freudiger für die Teilnehmer vorüber-
gegangen sein, als der gestrige. Nach den üblichen ernsten
Vorträgen und den kräftigen Hochs, die auf die standhaften
Heldengreise Pius IX. und unsern hochwürdigsten Erzbischof
Hermann und sodann auf Kaiser Franz Joseph ausgebracht
wurden, „den wir mit Sehnsucht auf dem verwaisten Throne
Karls des Großen zu sehen hoffen," folgten muntere Gesänge,
namentlich das „Pälzerlied," und eine Menge von Humor
sprudelnder lustiger Schwänke und Declamationen. Der „Zweck-
rausch" von Nadler, mit unübertrefflicher Mimik vorgetragen, und
die „Schnaderhüpserle" einer wohlklingenden Schweizerstimme
sanden den ungetheiltesten Beifall. Möchten unsere Gäste recht
bald ihren Besuch wiederholen; einstweilen rufen wir ihnen zu:
„Fröhlich Palz, Gott erhalt's!"
Mannheim, 20 Jan. Unser Journal brachte kürzlich
einen Artikel aus Speier, der zum pikanten Schluß berichtet,
„daß am verflossenen Sonntag ein gewisser Hafner von
Mainz bei ihnen eine Gastrolle gab" (nämlich in Speier predigte).
Herr Professor Hafner in Mainz ist eine als Schriftsteller
und Redner hervorragende katholische Celebrität, die mit Gelehr-
samkeit und Scharfsinn siegreich dem modernen Unglauben ent-
gegenarbeitet und mit kerngesunder Satyre und schlagendem
Witz den falschen Prunk der neuen Aera und das sich sprechende
bornirte Philisterthum klassisch geißelt. Der Journalcorrespon-
dent aus Speier, der sich über „die Gastrolle des gewissen
Hafner" ärgert und weiter berichtet, „daß dabei natürlich die
Lehrer ihre musikalische Fertigkeit zu zeigen genöthigt waren",
ist, wie aus dem Artikel mit ziemlicher Klarheit hervorgeht,
selbst ein Lehrer, und da er nach seiner Schriftstellerei ohne
Zweifel zu denen gehört, die in der Predigt saftige Hiebe be-
kommen haben, so ist es freilich ärgerlich, daß er zu den Hieben
noch geigen oder die Flöte blasen mußte. Was doch ein ge-
bildeter Mann in Speier Alles erleben kann! — Unser Jour-
nal geht bekanntlich aus der Offizin des kath. Bürgerhospitals
hervor, ein von allen wirklichen Katholiken schon längst mit
Unwillen ertragenes Aergerniß, da das Blatt zwar in den
eigenen Leitartikeln so schaal und farblos einhergeht, wie immer
nur möglich, aber in spaltenlangen Correspondenzen aus Berlin
und aus der Nationalzeitung für Gotha und preußische Spitze
schwärmt und Oesterreich zu verdächtigen und herabzuwürdigen ver-
schämte Versuche macht. — Neuern Nachrichten zufolge hat es der
Hospitalvorstand, dessen Farbe natürlich das Journal trägt,
beim Ministerium dahin gebracht, sich fortwährend selbst er-
gänzen zu dürfen, während die kathol. Gemeindebürger wohl
mit Recht verlangten, an den Vorstandswahlen für ihr reiches
Bürgerhospital sich betheiligen zu dürfen. Auch ein Stück
neuararischer Selbstverwaltung!
x Bruchsal, 28. Jan. Allgemeine Unzufriedenheit unter den
Güterbesitzern hiesiger ^tadt erregte der Umstand, daß während
der Vornahme unserer Katastervermessung viele Besitzer theils um
5 fl., theils um 1 fl. bestraft wurden, weil dieselben angeblich
keine Zettel auf ihre Güterstücke aufgesteckt haben. Bei der letzten
Aburtheilung durch das Bürgermeisteramt wurden ungefähr
40 bis 50 Personen je um 1 fl. gestraft, ohne daß eine Ein-
sprache angenommen wurde. Einsender dieses, der ebenfalls ge-
straft wurde, trotzdem er seinen Zettel persönlich und zur rechten
Zeit aufgesteckt hatte, ist der festen Ueberzeugung, daß in der
Handhabung fraglicher Verordnung große Fehler gemacht werden,
indem der Nachbar desselben seinen Zettel einen Tag später

s aufgesteckt hatte und ungestraft blieb. Von einer Entfernung
! des Zettels kann keine Rede sein, weil derselbe nach der Aus-
steinung sich noch auf dem Grundstück befand. Einsender fragt,
ob die als Steinsetzer Verpflichteten auch zugleich als Feld-
polizei maßgebend sind, und ist der Meinung, daß dem Stein-
setzer, welcher die Aufnahme der Güterstücke besorgt, ein ver-
i pflichteter Feldschütze beigegeben werden sollte. Wird es so sort-
gehen wie bisher, so kann man sich die Mühe sparen, Zettel
aufzustecken, weil man dennoch gestraft wird, oder man müßte
es in Gegenwart zweier Urkundspersonen thun, was natürlich
sehr umständlich wäre.
Karlsruhe, 26. Jan. Im Unglücke verzweifle nicht,
Mühsale und Prüfung machen stark!
Das ist ein altes bewährtes Sprichwort und die erfreu-
liche Wahrheit desselben sehen wir gegenwärtig unter den Katho-
liken. Es sind Manchen die Augen aufgegangen und überall
sehen wir das katholische Gefühl erstarkt und wackere katholische
Männer in Zusammenkünften sich vereinigen, um in ihrer be-
drängten Lage fröhliche Stunden in wahrer Freude und Ein-
tracht zuzubringen.
So auch hier in Karlsruhe; unsere katholische Gesellschaft
nimmt ununterbrochen an Mitgliederzahl zu, und es ist erfreu-
lich zu sehen, mit welchem Eifer die Mitglieder an den Abend-
unterhaltungen Theil nehmen. Auch das ins Volk gedrungene
Lied „der Bote aus der Palz" hat neulich hier zu Ehren der
Heidelberger Gesellschaft, welche uns durch eines unserer Mit-
> glieder einen Gruß und ein Hoch überschickte, seinen fröhlichen
Einzug gehalten, und der Refrain „zum Teufel mit dem Gotha-
thum" macht sich allerliebst.
Der katholische Landmann hat es ebenfalls satt, in seinen
Stunden der Erholung bespottet und für sein Geld in amt-
lichen Verkündigungsblättern Schmähungen gegen seine Reli-
gion und gegen die Priester der Kirche Zu lesen, und beeilt sich
daher, einer katholischen Gesellschaft sich anzuschließen. „Und
warum soll ich es nicht thun?" sagte ein Bauer, ein in schwie-
riger Zeit als treuer Unterthan bewährter Mann; meine Ge-
wissenstaxe, das heißt die Taxe, durch deren Bezahlung geduldet
wird, daß ich nach Vorschriften meiner durch die Verfassung
! garantirten Religion leben kann, habe ich bezahlt, im Uebrigen
bin ich freier und unabhängiger als der Amtmann; man kann
mich nicht versetzen, man kann mir mein Einkommen nicht ent-
ziehen, marUkann mich nicht entlassen — mein Weizen blüht
doch, — warum — darum
Die Bauern sind die Ernährer,
Die Dritteklassenmänner die Verzehrer!
(D) Aus dem Kreis Mosbach, 28. Jan. Es scheint,
! daß die Protestpsarrer nicht zum Schweigen gebracht werden
können. Die Landesbase hat doch schon längst ihren Wahr-
spruch gegeben, daß sie nichts mehr machen können; auch die
offiziöse Karlsruherin war, nachdem der Oberkirchenrath sie ab-
gewiesen hatte, der Meinung, daß es jetzt aus mit ihnen ist,
und Schenkel selbst hat von einem „vernichtenden Schlag" ge-
sprochen, der sie getroffen habe. An das Ministerium des
Innern können sie sich nicht wenden, hieß es, denn es betrifft
eine reine Kirchensache, und bei der Generalsynode werden sie
majorisirt und abvotirt. Sie sind maustodt! Nichts desto-
weniger haben sie sich doch an das Ministerium des Innern
gewendet, denn sie behaupten, das gehöre gar nicht vor die
Generalsynode, und sollte es Jemanden gelüsten, es da vorzu-
bringen, so gäbe es wieder Proteste, denn sie hätten noch viele
in der Tasche und stünden nicht allein. Richtig, das Mini-
sterium des Innern hat ihre Eingabe auch angenommen, sich
competent erklärt und gesagt, es sei da zum Schutz des Bekennt-
nisses; aber — der Oberkirchenrath habe eben gesprochen,
Schenkel habe die Grenze der Lehrfreiheit nicht überschritten,
darum könne es den Seminardirector nicht absetzen. Der Bote
hat da ein Honm loeutu 68t, herausgesunden, und er mag
 
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