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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1866

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Nr. 129-141 (1. November - 29. November)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43883#0523

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529

tutionellen Leben nicht bekannt. Daß aber eine Steuererhöhung
zu einer Zeit, wo der Geldbeutel des Volkes in der That arg
genug in Anspruch genommen ist, zu den wichtigsten Dingen
des Landes gehört, versteht sich von selbst; noch mehr aber ver-
steht es sich von selbst, daß eine Niederlage die großartigste ist,
wenn nur ein einziger Abgeordneter es mit seiner Ueberzeugung
vereinbaren kann, dem ministeriellen Vorschläge beizustimmen,
wornach also erhöhte Lasten dem Volke auserlegt werden sollen.

Deutschen u d.
Darmstadt, 27. Oct. Die preußische Regierung hat das
großh. Kriegsministerium benachrichtet, daß innerhalb acht
Wochen das für die (dem Nordveutschen Bund angehörende)
Provinz Oberhessen zu stellende Contigent, bestehend in zwei
Regimentern Infanterie und einem Jägerbatarllon, welche dem
11. Armeecorps Zugetheilt werden sollen, wenigstens in seinen
Cadres organisirt sein müsse, und daß nach Ablauf dieses Ter-
mins ein höherer preußischer Offizier die deßfallsigen Einrichtungen
in Augenschein nehmen werde. Diese Forderung, welche auf
ausdrücklichen Abmachungen zwischen beioen Theilen basiren soll,
hat, wie wir vernehmen, in den betreffenden Kreisen einige Be-
stürzung hervorgerufen, da man zur Ordnung dieser Angelegen-
heit bis jetzt noch nicht das Geringste gethan hat.
Mainz, 28. Okt. Einem Gerüchte zufolge soll das Er-
kenntniß gegen die auf hiesiger Citadelle inhaftirten Landwehr-
männer, welche, wie bekannt, sich in Frankfurt gegen ihre
Offiziere empört haben, dahin lauten, daß dieselben noch bis
zum kommenden Februar im Dienst zu verbleiben haben.
München, 26. Oct. Der Durchzug der Truppen der
sächsischen Armee aus Oesterreich in ihre Heimath durch Bayern
wird nach der „Allg. Ztg." 11 Tage in Anspruch nehmen, täg-
lich 7 Wagenzüge, so daß es im Ganzen 77 Züge sein werden.
Der Bestimmung des Tags, an welchem diese Truppentrans-
porte beginnen werden, kann man jeden Augenblick entgegen-
sehen.
München, 27. Oct. Nach Rosenheim sind diesen Vor- !
mittag 100 Mann des Jnsanterie-Leibregiments unter dem §
Commando des Hauptmanns Baumüller, unter welchem noch i
drei Offiziere stehen, abgesendet worden, um diese Stadt vor !
jedem abermaligen Versuch neuen Frevels durch Rotten von
Haberfeldtreibern zu schützen und der dortigen Landwehr beizu-
stehen. Es waren in den letzten Tagen dem Magistrat der
Stadt nicht blos mehrere Brandvrohbriefe zugekommen, sondern
in der dortigen Gegend verlautete auch von einem auf heute
angesetzten abermaligen Haberfeldtreiben gegen die Stadt.
Dresden, 27. Oct. Das „Dresden. Journ." veröffentlicht
eine königl. Verordnung, wonach die Landescommission aufgelöst
wird; der Kreisdirector v. Nostiz-Wallwitz ist zum Minister des
Innern ernannt. — Der bisherige Kriegsminister v. Rabenhorst
erhielt ein ehrenvolles königliches Handschreiben und den Rauten-
kronen-Orden. — Der preußische Gouverneur ist heute in Pillnitz
zur Tafel des Königs geladen.
Dresden, 29. Okt. Der Landtag ist auf Mitte Novem-
ber hieher einberufen. Eine allerhöchste Verordnung zur Aus-
führung des Amnestie-Paragraphen des Friedensvertrages ist
heute publicirt worden.
Hamburg, 23. Okt. Herzog Friedrich von Augusten-
burg befindet sich augenblicklich in Montreux bei Vevey am
Genfer See, während seine Gemahlin nebst den Kindern, sowie
die Prinzessin Amalie, Schwester des Herzogs, nach wie vor aus
der Villa in Düsternbrook bei Kiel weilen und über ihre etwaige
Abreise noch kein Beschluß bekannt ist. — Geh. Rath Samwer,
der bisherige diplomatische Rathgeber des Herzogs Friedrich, der,
wie mau hört, in Privatdienste des Herzogs Ernst von Koburg-
Gotha getreten ist, befand sich dieser Tage hier, um seine Familie,
die von Kiel kam, nach Gotha zu geleiten.
Berlin, 19. Okt. Die „Nordd. Ztg." in Flensburg mel-
det, daß zur Handhabung der ausführenden Polizei drei neue
Gensdarmeriebrigaden für Hannover, Hessen und die Elbherzog-
chümer gebildet werden. (Keine Freiheit, keine Verfassung,
aber um so mehr Gensdarmen — das ist die erste Errungen-
schaft der neuen Provinzen.) (N. D. Z.)
Berlin, 27. Oct. Zur Sicherung der Vertheidigungslinie
Preußens bezw. des Norddeutschen Bundes gegen Süden soll
eine Hauptfestung im südlichen Hessen (Fulda?) und außerdem
noch die Befestigung von Görlitz in's Auge gefaßt fein. — Dies
spräche nicht sehr für die Anschluß-Theorie.
Berlin, 27. Oct. Der „Staatsanz." melddet: „Der König
gestattete dem Grafen Bismarck die Anlegung des Hubertus-
Ordens".

Berlin, 27. Oct. Die „Zeidler. Corr." constatirt heute
mit Bedauern die Zurückhaltung der hannoverschen Aristocratie,
die durch ihre Kurzsichtigkeit sich selbst am meisten schade. Da-
gegen kommen die Beamten in Hannover, wie dasselbe Organ
versichert, dem preußischen Gouvernement sehr bereitwillig und
mit Diensteifer entgegen. Allerdings scheine es, als wenn ein
Theil des frühern hannoverschen Offiziercorps sich jedes Ent-
gegenkommens für die sonst so günstigen Absichten.der preußischen
Regierung enthalten möchte. Es wurde erzählt, eine Anzahl
hannoverscher Offiziere wolle in russische Dienste treten, jedoch
dürfte dies mehr Vermuthung als Thatsache sein.
Wien. Der „N. fr. Pr." ist die Privatmittheilung zu-
gekommen, daß die Demission des Grafen Mensdorff eine
definitiv entschiedene Sache ist, daß der Minister selbst bereits
kein Hehl daraus macht, und daß die Ernennung des Freiherrn
v. Beust zum Minister des Aeußern nun in Prag vollzogen
wurde. Ueber das Verbleiben des Grafen Belcredi im Amte
lauten die Nachrichten sehr widersprechend. Der Handelsmini-
ster Freiherr v. Wüllerstorff ist telegraphisch an das kaiserliche
Hoflager nach Prag berufen worden und hat sich mit dem gestri-
gen Abendzug dahin begeben. Desgleichen ist der ungarische
Hofkanzler Herr v. Majlath nach Prag berufen worden und
dahin, abgereist. Auch die andern Mitglieder des Ministerrathes
scheinen Befehl erhalten zu haben, am kaiserlichen Hoflager in
Prag zu erscheinen, wo demnach allen Anzeichen zufolge das
Ministerium rekonstruirt wird. — Die Einberufungsschreiben
für den ungarischen Landtag sollen am 15. November ver-
sendet werden und der Landtag un Dezember zusammentreten.
Wien, 2tt. Oct. Zu diesem Augenblick dürfte in Prag
über die künftige Gestaltung und über das Programm des
Cabinets entschieden werden. Gestern Abend, nachdem Graf
Mensdorff jetzt formell seine Entlassung eingereicht, sind auf
erfolgte telegraphische Berufung die noch hier befindlichen Minister
zur Berathung an das kaiserl. Hoflager abgegangen. Die Ernen-
i nung des Hrn. v. Beust ist im höchsten Grade wahrscheinlich,
aber doch noch nicht ganz sicher, am allerwenigsten schon voll-
zogen. (Das auch im Boten mitgetheilte Telegramm von der
Ernennung Beust's war verfrüht.)
Wien, 29. Oct. Vorgestern Abend wurde in Prag ein
eines Attentatsversuchs auf den Kaiser dringend verdächtiges, Indi-
viduum verhaftet. Dasselbe, ein Schneidergesell, wurde von
dem englischen Kapitän Palmer in dem Moment bemerkt, in
welchem es die rechte Hand mit einem scharf geladenen Pistol
erhob, während der Kaiser, aus dem czechischen Theater her-
austretend, den Wagen bestieg. Kapitän Palmer bemächtigte sich
sofort des Mannes, welcher den Gerichten überliefert wurde.
Prag, 27. Oct. Heute wurden die Auszeichnungen für
Prag publicirt. Es wurden verliehen: 18 Orden der eisernen
Krone, darunter der Trautenauer Bürgermeister Dr. Roth.
Die Prager Zeitung enthält ein kaiserliches Handschreiben
an den Grasen Rothkirch, nach welchem der Kaiser den Armen
Prags 20,000 Gulden gespendet hat, ferner ein Handschreiben
des Kaisers an den Bürgermeister, in welchem den drei Bürger-
corps für alle Zukunft das Recht ertheilt wird, während der
Anwesenheit des Kaisers gleichzeitig mit dem Militär die Burg-
wache zu beziehen. Zum Andenken an die Leistungen und als
Belohnung für die Treue und Hingebung der Bürgercorps soll
eine Medaille mit dem Bildnisse Sr. Majestät auf der Avers-
seite und mit der Jahreszahl 1866 auf der Reversseite ge-
prägt und nebst Band mit den Landesfarben jedem dermaligen
Mitglieds der drei Bürgercorps verabfolgt werden.
Prag, 29. Oct. Sämmtliche hier angekommenene Minister
stiegen im Hotel „Stern" ab; Se. Maj. der Kaiser hat ihnen
in der Burg Wohnung auweisen lassen. Gestern fand eine
zweistündige Ministerconferenz unter des Kaisers Vorsitz statt.
Beust war beigezogen. Abends wurde die Ministersitzung wieder-
holt. Gerüchtweise verlautet, daß Verfassungsmodificationen
angenommen worden sind.
Prag, 29. Okt. Sämmtliche Minister sind hier anwesend;
Graf Mensdorff's Entlassungsgesuch ist noch nicht angekommen;
das Programm Beust-Belcredi liegt zur Berathung vor.
AuslaK o.
Paris, 26. Oct. Die Diebstähle, das Einbrechen in die
Häuser und sogar die Raubanfälle auf offener Straße mehren
sich in und um Paris in erschreckender Weise. Es vergeht fast
! kein Tag, wo nicht eine Reihe solcher Verbrechen auf der Polizei-
i Präfectur angezeigt werden. Ungeachtet der paar tausend Polizei-
diener, die Tag und Nacht die Straßen durchstreifen, werden
die Diebe und Räuber nur selten auf offener That ertappt.
! An der Zunahme der Verbrechen mag wohl viel der schlechte
' Geschäftsgang schuld sein, der eine Masse Gesindel aufs Pflaster
 
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