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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1867

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No. 27-39 (2. März - 30. März)
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Erſcheint wöchentlich 8 Mal : Dienstag,

rü ! j V Uls;:: / uuuiiziu hi | Preis vierteljährl. 40 kr. shne
.. j Ft Trägerlohn u. Poſtaufſchlag.
Donnerstag und Saunſtag. i ſür Sladl : und V cd. Unj--(sb. 2 ;tr-: his; Petitssile,

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Dunnerſag ven 28. ma

Einladung zum Abonnennunnenn. U rt
Da das zweite Quartal unseres Abonnements herannaht, so ersuchen wir unsere auswärtigen. Abonnenten, ihre Bestellungen bei
der Poſt rechtzeitig zu erneuern. Auch ist jeder Landpoſtbote verpflichtet, Bestellungen anzunehmen und zu beſorgen. Für Heidelberg,
Neuenheim und Schlierbach nimmt Anmeldungen entgegen die Expedition von L. ©IIICſODODODIIN ÓoOÓ©o N [
Bestellungen in Paqueten (nicht unter 10 Exemplare), wobei wir je ein Freiexemplar gewähren, wolle man gleichfalls an die
Expedition des Blattes richten, und erſuchen wir besonders die seitherigen Empfänger, uns baldigſt die Zahl der gewünſchten Eremplare
juste. Preis des Blattes ~ 40 kr. ohne Poſtaufſchlag bleibt derselbe. Jnſerate à 2 kr. die Spaltzeile, ein äußerst wohlfei-
ler Ansatz, erfahren bei der großen Auflage unſeres Blattes im ganzen Lande die beſte Verbreitung. zin
Auch Liebhabern heiterer Erzählungen, ergötlicher Gedichte u. s. w., namentlich unsern zahlreichen
ein gediegenes Feuilleton Unterhaltung und Belehrung zu bieten bestrebt sein. | ut ; gignulrit . | tat
Wie im letzten Quartal werden wir auch ferner im Intereſſe der Geſchäftsleute die Frucht-, Fleiſch- und Brodpreiſe der untern
und mittlern Landesgegenden regelmäßig den Anzeigen unseres Blattes einverleiben und den gesammten Handel und Wandel in Dorf und
Stadt durch eine Reihe tüchtiger Lokalcorreſpondenzen in unſern politiſchen Sprechſaal hereinieeen.... rs . 3: iz
Wir haben wohl nicht nöthig zu versichern, daß die Tendenz des Boten unverändert bleibt. Nach wie vor werden die
Kämpfer des Pfälzer Boten da zu finden sein, wo es gilt, das Recht gegen die Gewalt zu vertheidigen. Mögen Andere der Gewalt
ſchmeicheln und ſich den Großen und Mächtigen zu Füßen legen + der Bote liebt den Unterdrücktten und Schwachen und wird jederzeit
ür ihn in die Schranken treten. / s 19d ust) sgi rc r sun J
H.1h Was F Bote auf katholiſchem Gebiete Gutes geleiſtet hat, darf er wohl getroſt, dem Urtheil competenter Richter überlassen,
und er hat die Genugthuung, die ſchmeichelhafteſten Zuſchriften aus der ganzen katholiſchen Welt, ja ſelbſt von jenseits des Oceans hier-
über zu beſitzen. Ja, Ihr Katholiken, wenn der Pfälzer Bote heute aufhören würde, ſo würdet Ihr alsbald die Nothwendigkeit erkennen,
einen neuen schaffen zu müssen, weil die ſschändlichſten Verläumdungen und Schmähungen der Feinde unſrer Kirche und ihrer Angehörigen
in's Rieſenhafle anwachſen würden, ohne daß eine Erwiderung dagegen möglich wäre. Halsabſchneider und Raubmörder hat man
Euch, Ihr Katholiken, im letzten Sommer geſcholten, + der Bote nur hat Eure Ehre gerettet und die ſchändlichen Lügen der Feinde blos-
geleg. Eure Ehre erfordert alſo die nachdrückliche Unterstützung der katholiſchen Preſſe, insbeſondere des Pfälzer Boten, und wir zweifeln
nicht, daß Ihr Eure Schuldigkeit thut, zumal große Opfer an Geld und Arbeitskraft von wenigen Männern für unſer Unternehmen gebracht
werden. Zugleich aber auch bitten wir unſere Freunde und Correſpondenten, mit allem Nachdruck die Weiterverbreitung unseres Blattes
befördern und uns mit Mittheilungen politischer, kirchlicher und ſocialer Art erfreuen zu wola . ) z
Jeder aber der mit uns eiwverſtanden iſt in dem Rufe: Freiheit der Kirche, Freiheit des Volkes, Selbstverwaltung
und niedere Steuern abonnire ſofort auf dieſes freiſinnigſte aller badiſchen Blätter und unterſtütze dadurch. die auf die Erlangung die-
ſer hohen Güter gerichteten Beſtrebungen des Pfälzer Boten. ' zztuct gzuralttslta r zus iV. uit {orfet ¿xriUaetl
i at ie Redaction.

Leserinnen, werden wir durch

Heidelberg, den . 12. März 1867.



Er gab sich mit großem Muth und bewunderenswerther Ausdauer an
seine Arbeiten mit den festeſten Vorſäßen, die Lage der alten Mutter zu ver-

/\. Der Pfarrer im Steinbruch.

(Eine Dorfnovellette nach einer wahren Begebenheit.)
Von Chr. Wurst.
(Fortſeßzung und Schluß.)
Nur Einer war indeß darunter, der nicht in dieß Horn blaſen wollte; das
war ein Landsmann des Friederle, ſogar aus dem nämlichen Dorfe. Man
nannte ihn jedoch hier bei dieser Gesellſchaft nur immer den „Bobbele“ ; denn

es war ja offenkundig, daß er jeden Sonntag in die Kirche und Abends in
den Bobbelesverein lief. Das konnten jene aber nicht verſchmerzen, daß einer

da ſein ſollte, der nicht ihrer Meinung sei. Am wenigsten brachten ſie das)

hinunter, daß ers nicht einmal der Mühe werth finden wollte, sich in einen
Discurs mit ihnen einzulaſſen. Er wollte nichts davon wissen : das war
immer seine kurzgefaßte Antwort, so oft sie wollten mit ihm anbinden. Noch
etwas kam hier in Betracht, was ihn ihnen verhaßt machte : er ſtand gut, d.
h. er hatte an die 200 Gulden auf der Sparkasse, machte nie einen „Blauen“
und war überhaupt ein beliebter, geschickter Arbeiter. Auch hatte er gleich-
ſam eine Stelle als Beaufsichtiger; denn er mußte dem Auszahler und Rechen-
ts? die Tage und Stunden ſchriftlich angeben, in denen jeder gearbeitet

s. ; : ; Fa
î So hatte denn der Friederle bald total aufgehauſt mit allem alten guten
Glauben und war jeden religiöſen Haltes baar geworden.

11 Da näherte der Eiſenbahnbau in dieser Gegend sich seinem Ende. Zudem
brach der Winter ein. Der reiſte ab, dieſer ging heim, jener sah sich fonſt
um eine Stelle um; kurzum der Club ging auseinander. War einer in Noth,
ſo erhielt er nur ſchöne Worte da, wo er immer alles mochte gegolten haben.
Dem Friederle wurde bei dieser Gelegenheit ein eigenthümlicher Poſſen gespielt.
Sein Logiscamerad, der, der einmal studirt hatte, „brannte durch“ und nahm
des Friederle's Koffer mit. Was war da zu thun ? Der ,Geſtudirte" war
ſchon in's Weite und der Friederle hatte das Nachſehen. Der Student hatte
sich wahrscheinlich für seine guten Lehren bezahlt machen wollen. ..

. Da war denn der Friederle nun doch in einer schimpflichen Verlegenheit.
Arbeit hatte er nicht mehr und keiner von all den luftigen Kameraden, die
er ſeitdem gehabt, wollte jegt weiter mehr etwas von ihm wissen. Nur Einer
half ihm aus : der ,„Bobbeler. Nämlich dieſer versah ihn mit Geld, um –
heimzureiſen. Aber nicht nur in soweit sorgte jener, den der Friederle so oft
beſpöttelte und verleumdete ; sondern er verschaffte ihm auch noch in seinem
Dorfe eine gute bleibende Arbeitsstelle in dem Steinbruch eines hochange-
ſehenen Güterbesiters. Die Sache schien alſo beim Friederle wieder ins Klap-
pen kommen zu wollen. 11 .; 1:79 11192
_ Der Friederle nahm den Wanderstab zur Hand und wanderte heim. Da

erlebte alſo die alte Amrei die Freude, ihn wieder in ihrem Häuslein zu ſehen
D aber arm, blutarm, und es ſchmerzte sie, ihm so gar nichts zur Erquickung
“s:ſ;tiel zt können. Der Winter stand vor der Thür und kein Span Holz
im Haus. . "t . H M !: y
Dem Friederle fiel nun doch diese tiefe Armuth aufs Herz und wie ſah

so abgemagert und elend seine alte Mutter aus !



beſſern und sich wieder ein wenig, so gut es vorläufig gehen mochte, einzu-
richten. Ö f r H | ; !
Durch so gar vieles Herzeleid: war die alte Amrei närriſch geworden und
als ſolche ſah man sie allenthalben an; ja man floh. ihre Nähe. Dieß dauerte
bis der Friederle von Straßburg gekommen. Man hatte ſogar die harte An-
ſchul digung über die geheimnißvolle arme alte Amrei erſonnen und fich in die
Ohren gesagt: sie habe ihre Kinder umgebracht ; es ging einmal eines Tages
das Gerücht um, der Friederle ſei umgebracht worden von der: Alten, und es
sei eine Erfindung, daß er nach Strgßburg gegangen ſei, ]

T V J

Nun wollten doch wieder einige beſſere Tage für die Alte anbrechen, Sie

f

wurde wieder umgänglich und gesprächig.

Der Frühling kam und sie ſaß wieder guf dem Stein vor dem Häuslein

und ſtrickte und grüßte die Vorübergehenden uud fing wieder Gespräche an.

In dieſem Frühjahr wollte auch ihr das alte Herz ſich. neu regen und sie ſagte

einesmals zu dem Friederle: „Du ſollteſt eben doch noch des Seifenſieders
Ameile (Amalie) heimholen !“ Das war ein Wörtchen zu ſeiner. Zeit,. dachte

und sagte der Friederle, und ex war. ganz damit einverſtanden. Denn er ſagte

darauf: „Ja Mütter,. 's fehlen nur noch. die fünſgzig !!

g,Aha'! die fünfzig! Gehe hinein in die Kammer , geb' Acht unter dem

Strohsack in dem Strumpfiocken wirst du finden, was du wohl brauchen kannſt !“

Und sie stieß ein helles Gelächter ae. <trczthh. sf ;
Der Friederle, der dies anfänglich für eine ihrer gewöhnlichen Grillen
halten mochte, that dann doch wie sie ſagte und fand wirklich fünfzig blanke
Gulden an dem bezeichneten Orte vor. War. dies der Erlös von dem Viertel
Wiese und der Gaiſe ? Oder hatte sie es mit ihrem Stricken verdient und zu-
sammengespart ? Nein, es war der Jahreslohn ſeiner vexſtorhenen Schwester ;
diesen hatte die Alte aufs strengste bis dato zurückgehalten. Ehemals war es
zu einer Aussteuer für sie beftimmt. Diese wollte fi nicht angreifen und weun
man ihr das letzte Kiſſen untexm Kopf wegvehme. N MR Gr §le et y
Daß der Friederle noch die Saifenſieders Ameile heirathen werde, das
wußte man längſt überall. Schon’ ehe er nach Straßburg gegangen war, war
er auf der Kirchweih in G. drunten und hatte immer nur mit dem Anmeile
getanzt. Und damit war's denn aber kurz machen. Der Friederle. heirathete
des Sgiferſieders Rnzilé in ſgiugui..D9kfe. . g;;.1.,4,18 p4t116,D giert J izr;
Es hatte sich ſonach alles sichtlich gebeſſert. Er bekam bald, ſchon in zwei
U! z Jula: wieder ſchuldenfrei und es mußte ſogar wieder eine
uh in .den. Stall.... . G p VG. 596 t I-ce1 ~reet. Zâliteckatniit. ra c§
Aber der Friederle hatte eben doch etwas verloren, was man ſo leicht

nicht wieder erwirbt, wie Geld und Gut > feine religiöſen Ueberze ugungen ~.

ſeinen Glauben. Das wax aber in diesem noch von dem modernen landesbaslichen
Aufkläricht freigebliebenen Dorfe. faſt ein Gräuel und war gefährlich.. Der.
Friederle galt überall für einen sog. Freigeiſt und ſchändlichen Gottesleugner.
Und in der That war er dieß. Ein einziger bezeichnender Vorfall aus dem
Leben eines Menschen führt uns die Eigenthümlichkeit und Vollſtändigkeit und
inneren Werth desselben oft beſſer, einteuchtender und. dem Verſtändniſſe, deut-
licher und verſtändiger vor, als ein Langes und Breites über Erzie hung, Tem-
 
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