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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1867

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No. 116-129 (1. Oktober - 31. Oktober)
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Erſcheint wöchentlich 3 Mal: Dienſtag,

"fur Htadl

Donnerſtag und Samſtag.

J. 117.











Donnerſtag den 3. October



Preis vierteljährl. 40 kr. ohne
Trägerlohn u. Poſtauſschlag.
Inſ.-Geb. 2 kr. die Petitzeile.

und Land.





Einladung zum Abonnement.

Da mit dem 1. October ein neues Quartal begonnen, so erſuchen wir unsere auswärtigen Abonnenten, ihre Beſtellungen bei

der Poſt rechtzeitig zu erneuern. Für
Schwe iß dahier.

Bestellungen in
Expedition des Blattes richten,
miizutheilen.

Der Preis des Blattes ~+ 40 kr. ohne Poſtaufschlag + bleibt derſelbe. Inserate à 2 kr.

Paqueten (nicht unter 10 Exemplaren), wobei wir je ein Freiexemplar gewähren,
und erſuchen wir besonders die ſeitherigen Empfänger , uns baldigst die Zahl der gewünschten Eremplare

Heidelberg , Neuenheim und Schlierbach nimmt Anmeldungen entgegen die Expedition von Leopold

wolle man gleichfalls an die

die Spaltzeile, ein äußerſt wohlfeiler

Ansatz, erfahren bei der großen Auflage unſeres Blattes im ganzen Lande die beſte Verbreitung.

Heidelberg, 12. September 1867.



© An das Volk der badischen Pfalz. *)

Wer iſt der Kämpe, der dein Recht verficht ,
Gedrücktes Volk, gleich einem Wurm zertreten ?
Wer iſt es, der für dich die Lanze bricht ,
Wo immer böſe Zungen dich befehden ?

Der Pfälzer Bote!

Wenn Nichts im Land nach deinem Wunſche geht,
Der Steuern Wucht und Laſt dich niederdrücken, +
Wer ist's, der ſchüßend dir zur Seite ſteht,
Wo falsche Freunde argvoll dich berücken ?

Der Pfälzer Bote! i

Und wenn der Vogel nicht nach Willen singt, +

Wer iſt der tapfrre Degen ohne Zagen,

Der, wo es ernſtlich gilt, die Keule ſchwingt,

Der sich nicht scheut, mit Fäuſten dreinzuſchlagen ?
Der Pfälzer Bote !

Wer baut dir auf, was Trägheit niederriß?

Wer hat, was du verloren, aufgefunden ?

Wer saugt dir aus das Gift von Schlangenbiß

Und heilt die alten, eingefreſsſ nen Wunden ?
Der Pfälzer Bote!



*) Dieses Gedicht iſt uns von einem Manne zugeſandt worden , der kaum
zu den „Schwarzen“ zu rechnen ſein dürfte, aber dem Boten das beste Wohl-
érgehch yunſcht. jtstntt.thn für das ,„volksfreundlichste Blatt unseres Lan-

+ J o h a n n i s n a <h t.
Dorfnovelle von H. Wurſt.



(Fortsetzung.)

Es blieb ſonach noch das Eine: Wie kann man , ohne daß es ihm ſelber
auffällt, den Wilhelm heranbringen? Es durfte nicht ſo bedeutend erscheinen,
wenn man nach ihm frage, daß er hätte die wahre Ursache vermuthen können.
Unter keinen Umständen durften die Verwandten des Wilhelm und am wenig-
sten er selber in Erfahrung bringen, daß er nur gleichſam der Lückenbüßer
und der Gutgenug sei – jettt, nachdem der Theodor die Hand der Anna aus-
geschlagen habe. Es mußte vielmehr erſcheinen, wie ein freier, aus reiflicher
Ueberlegung hervorgegangener Entschluß des Jörgbauers.

„Ja , wer geht denn aber noch zum Förster hinaus ?“ hub der Jörgbauer

Ungeduld an.
vol Und eben tritt die kleine Lene des Stelzensäppeie herein ; diese war der
Vorbote des Stelzenſäppele ſelbſt, der wie er überall ene wichtige Perſon war,
ſo auch hier durchaus nicht fehlen durfte.

„Das Mädle kommt wie gerufen“, sagte die Jérgbäuerin und es ward
beſchloſſen , daß sie in den Wald gehen und den Förster holen solle. Sie wurde
denn auch sofort auf's beste instruirt.

Der Jörgbauer hatte ganz wohl calculirt, daß, wenn er ſelber dies Ge-
schäft beſorgte, oder fit Erwachſenes überhaupt es cbmachte , die Sache zu

d erſcheinen würde.

bedeutet kleine Lene, ein achtjähriges Mädchen, welhe des Schäpele's Krä-
merstand hütet — eine Waise, war ja doch gleichſam die allgemeine Ausläu-
ferin des Dorfes, somit auch in dieſer Hinsicht die paſſendste Persönlichkeit
zur Ausführung dieser an sich gleichwohl sehr wichigen und bedeutenden
Bis: hing denn alles ab von dem Erfolge des Ganges dieſes Kindes nach
dem Walde in das düſtere Försterhaus.

Die Sippſchaft erging sich indeſſen in dem prächtigen weitläufigen Obst-
garten und der Jörgbauer that dabei groß mit der Aufzählung seiner so über-



Die Redaktion.

Wer ist's, sag an, der nie ein Opfer ſcheut,

Sein Volk von den Servilen zu befreien,

Vom Schreiberthum , das seine Feder beut,

Ein bied’res Volk dem Untergang zu weihen?
Der Pfälzer Bote!

Mein Volk, im Schweiße triefend, sſonngebräunt,

Wer iſt's der deiner Noth zu Hilfe eilet ?

Wer iſt dein bester, wer dein wahrer Freund,

Der muthig Freud’ und Leiden mit dir theilet ?
Der Pfälzer Bote! V.

Süddeutschland.

c Heidelberg, 1. Oct. Gegenwärtig iſt der „Deutsche
Proteſtantentag“ in Neuſtadt an der Haard verſammelt und zahl-
reich aus allen Gegenden beſucht. Es ist nicht Aufgabe des Bo-
ten, hierüber längere Berichte mit oder ohne Kritik zu bringen,
da derselbe seinem Grundsatze getreu den Angelegenheiten der Pro-

R.



|testanten möglichſt ferne stehen und alle Einmischungen in dieselben

vermeiden möchte, zumal er auch das Gleiche von diesen gegen die
Katholiken mit allem Nachdruck verlangt. Nur Eines kann der
Bote nicht unterlassen hervorzuheben, daß der Profesſor der Theo-
logie Hollmann von hier „mit dem Gedanken der Menſchheit und
Geschichtlichkeit Jeſu vollen Ernst gemacht“ haben will und daß in
ähnlichem Sinne deſſen Meiſter und Gesinnungsfreund Schenkel
ſich äußerte. Zu einer andern Zeit, als man noch orthodox in
Karlsruhe war und der geiſtvolle Ulmann mit Kraft das Ruder
in kirchlichen Dingen lenkte, dachten die genannten Herren ganz
anders. Die damalige Richtung Schenkel’'s iſt bekannt, sowie seine
Verfolgung gegen Fiſcher und Molleſchott wegen Freigeiſterei ; min-
der bekannt aber dürfte es sein , daß Herr Holtmann als Theo-

aus vortheilhaften Einrichtungen und der vortrefflichen Erfolge, die er durch
ſeine neueſten Methoden der Bewirthſchaftung erziele.

Könnten wir doch die kleine Lene begleiten in die schöne, duftige, ſelige
Mondnacht in den Wald hinaus, in dem hundertjährige Eichen vom Monde
zauberiſch beleuchtet , riesige, geſpensterhafte Schatten warfen, könnten wir mit
ihr den Athem der tauſend und tauſend aufgebrochenen Blumen , den wunder-
samen Märchenduft und die Geſundheit eintrinken , die den immergrünen ſchlan-
ken Föhren dort um die hohen Häupter strömt !

Doch wir müssen uns nach dem Theodor umſehen !

„Und er kommt mir nicht in's Haus !“ sage ich. „Und dabei bleibt's !
Ruht nicht der Unstern auf meinem Hauſe –~ kommt nicht mein ganzes Unheil
daher, daß ich mich mit des Rößleswirthes Gelichter eingelaſſen habe ? Nim-
mermehr soll ein Rößleswirth meine Tochter heimführen! – Ich bin verarmt,
aber das Mädle, deine Tochter, iſt wohl gewachſen und es findet sich für ſie
wohl noch der rechte Mann! – Nein , nun und nimmermehr ; kein Wort mehr
davon! –~ Wie? Diese Rößleswirthssippſchaft hat mich ruinirt, jetzt ſoll ich
noch das Mädel dreingeben? Cher fallen die Sterne vom Himmel! Jch ſage
dir , ich bitte dich Weib , thue mir das nicht an !“

Dieſe Worte wurden gesprochen im letten Hause in Arbach drunten , im
Hauſe des Johann. Dieſer stand am offenen Fenster und seine arme Frau
saß an einem kleinen Nähtiſch. Sie mußte geweint habcn, denn sie hatte trübe
Augen. Ja, es war kein Zweifel, daß ein harter Streit dem Gespräch vor-
ausgegangen war , dessen Schluß wir eben noch erlauſcht, und das nun allem
Anschein nach zum versſöhnenden Abschluß der Sache sich geſtalten wollte.

. Der Johann hatte also bereits davon Wind bekommen , daß der junge
Rößleswirth heimgekehrt und vielleicht sogar selbſt davon , daß er heute Abend
das Goldröschen zu begrüßen kommen wolle.

Er war einſt dem Liebesverhältniß seiner Tochter mit dem Theodor gar
bald auf die Spur gekommen und zum Ueberfluß hatte ja das Goldröschen,
bei Gelegenheit der Kirmeß im Lamm, als ihr Vater mit dem Vater Theodors
noch gut stand , frei heraus erklärt, daß sie nur den Theodor zum Mann neh-
men werde, falls er ihr treu bleiben wollte ; und noch kurz vor der Abreise
des Theodor nach London hatte sie davon gesprochen , daß er sie eines Tages
zu sich nach London holen werde. (Fortsetzung folgt.)
 
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