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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1867

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No. 130-142 (2. November - 30. November)
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Erscheint wöchentlich 8 Mal : Dienstag,
Donnerſtag und Sarmftag.

M

Süddeutſchland.

* Heidelberg, 21. Nov. Die kaiserliche Regierung in Frank-
reich hat sich auf den Dank der Katholiken der ganzen Welt die
größten Anſprüche erworben durch ihr energiſches Eingreifen in die
Verwickelungen im Kirchenſtaate, die durch geſetlloſe Räuberhorden
hervorgerufen wurden. In Frantreich hat dieſe neueſte Wendung
der französiſchen Politik, die besonders durch den steigenden Einfluß
der Kaiſerin veranlaßt worden ſein ſoll, allenthalben die höchſte Be-
friedigung hervorgerufen und ſelbſt Anhänger der legitimistiſchen Par-
tei nähern sich, wie uns mitgetheilt wird, der napoleoniſchen Rich-
tung. Insbesondere aber dürfen wir nicht unterlassen hervorzuheben,
daß Thiers, der größte franzöſiſche Redner und einer der ersten
Politiker, die römiſche Expedition mit Nachdruck billigt, sſo sehr er
auch im Uebrigen der kaiserlichen Politik feindlich gestimmt sein mag.
Zuverläſſige Beobachter der Volksſtimmung in Frankreich wollen üb-
t wut es wc E N WU
Aussichten auf Erfolg mehr haben. Dagegen hat die Partei der
Republikaner ſeit den Fehlgriffen Napoleon’s in Amerika und Deutſch-
land großen Zuwachs erhalten, und wenn überhaupt eine Aenderung
eintreten sollte, ſo wird die Republik zur Herrſchaft kommen. So
lange indeſſen Napoleon oder die ihm folgen eine geſunde Politik
nach Außen anstreben, wie die jetzt eingeſchlagene Wendung zu be-
kunden scheint, und die Abwege der letzten Jahre ſorgfältig vermei-
den, wird für den kaiserlichen Thron nichts zu besorgen ſein.

/A Heidelberg, 20. Nov. Die „Church Times“, ein nicht-
katholiſches Blatt, ſchreibt: „Die päpſtlichen Truppen, die sogenann-
ten Söldnerknechte, die „gedungenen Halsabſchneider“, welche von
den edelſten Familien im katholiſchen Europa zusammengesetzt
ſind, zerſtoben die Garibaldianer, wie Spreue, trieben sie Schritt
für Séhritt zurück und warfen sie über den Haufen, wenn sie
veranlaßt werden konnten, Stand zu halten , (welches sehr selten
war), um zu fechten. Von allem Blendwerk, welches sich um die
italieniſche Sache sammelt, iſt keines täuſchender als die Tapfer-
keit der garibaldianiſchen „Patriot-Soldaten.“ In Neapel beſsieg-
ten sie eine Armee, welche nie einen Schwertſtreich mit ihnen
wechselte. In Gakta stand ihnen eine Garnison gegenüber, welche
gelegentlich die Stirne bot und die würden jene aufgerieben ha-
ben, wenn nicht Cialdini mit den königlichen Truppen angekom-
men wäre. Im Veltlin zeigten sie den Deſterreichern fortwährend
den Rücken. Und jezt hat eine bloße Handvoll von den sogenann-
ten päpstlichen Metzgern sie wie Schaafe getrieben, so daß sie hin-
er den Linien der Cialdini'ſchen Armee Zuflucht quchten.“



Abenteuer eines engliſchen Polizeiofficianten.

j (Fortsetzung.)

..sU dieſer Zeit kam ich von Plymouth, woſelbſt ich eine gleichfalls schwie-
rige Aufgabe glücklich gelöst hatte. Mein Director erzählte mir sofort die Ge-
ſchichte des Herrn Bellebon und sagte mir, daß er sich sehr freue, daß ich
gerade jetzt zurückgekehrt sei, indem er gerne mir die Angelegeuheit anvertraue,
und zwar deshalb, weil ich ziemlich gut franzöſiſch, der unglückliche Kaufmann
indeß nur ganz unbedeutend englisch sprach.

Nach einer langen Unterredung , in welcher er mir Alles mittheilte, was
er bis dahin bereits gethan hatte, um die Verbrecher zu entdecken,, entſchloß
ich mich , vorerſt Herrn Bellebon allein zu sehen. Ich ließ ihn bitten, in einen
Gaſthof in der Nähe seiner Wohnung zu mir zu kommen. Einige Augenblicke
darnach trat er ein. In dem Laufe der Unterhaltung erkannte ich in ihm
hly uiett. fene gn ratet: gegen welche nicht leicht ein Verdacht auf-

„en rann. JIch hatte indeß einen Verdacht. In gleichgültigem Tone er-
kundigte ich mich im Laufe des Gesprächs, f ht gta! sith im Augen-
blicke in dem Büreau , woſelbſt der Diebstahl begangen worden war , befände.

Nein“, antwortete er,
gereiſt. Aber wenn Sie das
fort dahin begleiten.“

„Es märe mir lieb.
Arm in Arm gehen, damit
vermuthet.'’

; Er lächelte über meine Vorsicht und wir kamen in sein Büreau. Eine
a f Srqu. öffnete uns die Thür. Ein junger Commis saß vor seinem Schreib-
pult. Er ſah neugierig zu mir herüber, indeß vermied ich die Gelegenheit,
iſttt mein Gesicht zu zeigen. Nach einigen Augenblicken gab ich Herrn Belle-
on ein Zeichen . den Commis, sowie die alte Frau wegzuſchicken, was er auch
alsbald unter leidlich gutem Vorwande that. t

Sofort machte ich mich daran, Alles zu durchstöbern. Jeden Papier-

„er iſt heute in einem Geschäfte nach Greenwich
Büreau unterſuchen wollen, so kann ich Sie ſo-

Nur erlauben Sie mir, daß wir auf der Straße
man nicht meine Eigenschaft als Polizeibeamter










" md Land

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§ fFquul, Preis vierteljährl. 40 k-. ohne
U w Trägerlohn u. Poſtaufschle..
E Ins.-Geb. 2 kr. die Petitzeilc.

1867.



Geldstrafen die Wahlen der Niederſtbeſteuerten in den großen
Ausschuß dahier mit Ah und Krach zu Stande gekommen find,
hat man heute die Wahl der Mittelbeſteuerten vorgenommen. Da
iſt es denn äußerſt bezeichnend, daß der Rathsdiener, damit eine
ähnliche Blamage wie bei der niederſten Steuerklaſſe abgewendet
würde, in den Häuſer herumlaufen mußte, um ein ,ſchön Em-
pfehl“ auszurichten und der Herr So und So möge doch nicht
vergeſſen, auf dem Rathhauſe zu erſcheinen und ſeine Stimme ab-
zugeben. Auch hat's man den Bürgern von vorneherein ſehr
bequem gemacht, indem dieselben mit einer Fluith von g ed ruck-
ten Wahlzetteln überſchwemmt werden, wodurch sie der Mühe
des Schreibens überhoben sind. Es geht doch nichis über die Be-
quemlichkeit! Uebrigens sorgt man dafür, daß lauter Leute auf's
Rathhaus kommen, von denen man keine Opposition zu befürchten
hat. Es iſt auch beſſer ſo; + es wird ja dann Alles einstimmig
und in Frieven abgemacht! – Heute früh hat ein junger Menſch
dahier seinem Leben auf gräßliche Weiſe ein Ende gemacht. Der-
selbe warf sich nämlich in dem Augenblick auf die Schienen der
Odenwaldbahn, als der Zug mit voller Kraft aus dem Tunnel
an die Karlsthorſtation herausfuhr. Der Leichnam wurde furchl-
bar verſtimmelt unter den Rädern hervorgezogen. + Der kath.
Bürgerverein von Bruchsal hat eine in den wärmsten Ausdrücken
abgefaßte Dankadresſe an unsern Landsmann General Kanzler
für desſen glänzenden Sieg bei Mentana nach Rom abgehen laſ-
sen. Ehre wem Ehre gebührt!

_ V’ Urterſchüpf, 20. Nov. Herr Rathſchreiber Freund von
Sachsenflur wollte heute früh mit dem 7 Uhr Zug nach Boxberg
fahren. Kurz vor der Ankunft des Zuges kam verſelbe an der
hiesigen Station an. Als der Zug noch etwa 200 Schritte von
der Station entfernt war, fiel der Unglückliche auf das Geleis
der Bahn und war ſofort todt. Rechtzeitig brachten noch zwei
Männer den Leichnam von der Bahn hinweg, ſsonſt wäre er von
dem heranbrauſenden Zuge überfahren worden. Es ſcheint, daß
ein Schlagfluß dem Leben des Mannes ein Ende gemacht hal.

/\\ Bon der Tauber. Es wird in gewiſſen Kreiſen Vie-
les geſprochen über die so nothwendige Gehaltsaufbeſſerung der
Volksſchullehrer; und es haben auch einzelne Gemeinden ihren
Lehrern eine Aufbesserung zu Theil werden laſſen. Es iſt wahr,
manche Lehrer bedürften gewiß einer Aufbesſerung, da sie in ſehr
beſchränkten Verhältnissen leben; andere aber nicht. Wenn es ſo
vielen Herren Lehrern möglich iſt, daß sie z. B. so theuere Zei-
tungen, wie die alte badiſche Landeszeitung,, dieses katholiken-

schnitel nahm ich in die Hand und betrachtete ihn aufmerkſam, aber nirgends
entdeckte ich Etwas, was mir besonders verdächtig geſchienen hätte.

„Sie sind also sicher, sagte ich endlich zu Herrn Bellebon, daß Jhr Agent,
wie Sie dies auch meinem Herrn Direktor versſichert haben, weder eine geheime
Liebſchaft hat, noch in irgend welchen Beziehungen steht, die ihn zu hohen
Geldausgaben verleitet hätten ?"

„Vollkommen. Ich habe durch die Mittheilungen meines Commis Dü-
barle, welchen Sie soeben geſehen haben , die vollſtändige Ueberzeugung ge-
uU: daß Herrn Lebreton in dieser Hinsicht nicht der geringſte Verdacht
reſſen kann.

In demſelben Augenblicke trat der Commis ſehr raſch ein, und wieder
ſchien er es darauf anzulegen, mich im Gesichte zu sehen.

„Keine Liebſchaft ? sagte ich beim Eintreten in das Zimmer meines Gaſt-
hofes. „Woher sollen denn dieſe Reste parfümirten Papiers kommen, welche
ich in seinem Secretär gefunden habe ?! Ich setzte mich und verſuchte die
Stückchen zuſammenzulegen,, aber nach mehreren vergeblichen Verſuchen bemerkte
ich, daß sie von verschiedenen Briefen herrührten und daß , wenn ich dieſelben
an einander fügte, ich keinen vollſtändigen Sat herausbringen konnte. Nur
ſo viel bemerkte ich, daß die Schrift von Frauenhand geschrieben war.

Cinige Stunden danach führte mich ein anderes Geſchäft nach Stoke Ne-
wington, und ich bemerkte zufällig in dem Erker eines Quincailleriewaaren-
händlers ein farbiges Plakat , welches meine Aufmerksamkeit erregte. Auf dem-
ſelben standen die Worte: „Zwei Guineen Belohnung. Ein kleiner italienischer
quue i! gktUf; Er hat einen gekürzten Schwanz und hört auf den Na-
men Fidel.“

Fidel!“ sagte ich zu mir, ich habe diesen Namen in den Stücken der
Briefe geleſen, die an Herrn Lebreton gerichtet waren." Ich näherte mich
einer Laterne, nahm die Briefsragamente heraus und las in einem derselben
die Worte: „Mein armer Fidel iſt ver . . .'

Das Plakat war , wie ich bemerkte, bereits vor drei Wochen angeheftet
worden. Rasch trat ich in den bezeichneten Laden und sagte, daß ich einen
uur gesehen hätte, der wahrscheinlich der sei , welchen man nach der Annonce
uche.

(Fortſetzung folgt.)
 
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