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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1868

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Nr. 40-51 (2. April - 30. April)
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Dienstag den 7. Apnl




* Heidelberg, 6. April. Heule ist der Vorabend des denk
würdigen Tages, an welchem vor 8 Jabren jene Allerhöchste Pro-
klamation erschien, durch welche alle Störungen im confessionellen
Gebiele beendet werden und eine „neue Aera" des Glückes und der
Zufriedenheit in's Leben treten sollle. Da dergleichen Aktenstücke
oft nur zu rasch der Vergessenheit im Volke anheimfallen, so hallen
wir es für höchst zeitgemäß, die betreffende Proklamation heute in
die Erinnerung Aller zuruckzurufen, indem wir sie in unserem Blatte
zur Veröffentlichung bringen. Dieselbe lautet:
Friedrich, von Gottes Gnaden Großherzog von Laden,
Herzog von Ziihringcn.
In einem ernsten Augenblicke, der manche Gemüther mit ban-
gen Zweifeln erfüllt, ergreife Ich Mein schönstes Vorrecht, und
richte aus der Tiefe des Herzens Friedensworte an Mein theu
res Volk!
Beklaqenswerthe Irrungen mit dem Oberhirren der katholischen
Kirche des Landes bewogen Mich, durch unmittelbare Verhand
langen mit dem päpstlichen Stuhle eine Ausgleichung anzubahnen,
von dem innigsten Wunsche beseelt, an die Stelle des Streües Ein-
tracht und an die Stelle gegenseitiger Erbitterung Wohlwollen und
Frieden treten zu lassen.
Nach langen und mühevollen Verhandlungen wurde eine
Uebereinkunft abgeschlossen, welche zur Erreichung dieses Zieles
Hoffnung gab.
Mit tiefer Betrübniß erfüllte Mich die Wahrnehmung, daß
die getroffene Uebereinkunft Viele Meines Volkes in Besorgniß
versetzte, und den lauten Bedenken, ob nicht die veisüssungsmäßtgen
Organe darüber zu hören seien, konnte Ich Meine ernste Auf-
merksamkeit nicht versagen.
Ein Beschluß der zweiten Kammer Meiner getreuen Stände
hat diesen Bedenken einen Ausdruck gegeben, der einen mrhäugniß-
vollen Verfussungsstreit zwischen Mei ner Negierung und den Stän-
den befürchten ließ.
Daß ein solcher Streit umgangen und die Nechtsunsicherheit
vermieden werde, welche aus einem Zwiespalt der gesetzgebenden
Gewalt hervorgehen müßte, fordern nicht minder die Interessen der
katholischen Krrche, als die Wohlfahrt des Landes.
Es ist Mein entschiedener Wille, daß der Grundsatz der Selbst
Müdigkeit der katholischen Kirche in Oronung ihrer Angelegenheiten
zur vollen Geltung gebracht werde. Ein Gefltz, unter dem Schutze

der Verfassung stehend, wird der Rechtsstellung der Kirche eine
sichere Grundlage verbürgen. In diesem Gesetze und den darauf
zu bauenden weiteren Anordnungen wird der Inhalt der Ueber-
einkunft seinen berechtigten Ausdruck finden.
So wird Meine Regierung begründeten Forderungen der
katholischen Kirche auf verfassungsmäßigem Wege gerecht werden,
und in schwerer Probe bewährt, wird das öffentliche Recht des
Landes eine neue Weihe empfangen.
Es ist Mir heute eine ebenso werthe Pflicht, von Meiner
eigenen Mir theuern Kirche zu reden. Den Grundsätzen getreu,
welche für die katholische Kirche Geltung erhalten sollen, werde Ich
darnach streben, der evangelisch-protestantisch unirten Landeskirche
auf dec Grundlage ihrer Verfassung eine möglichst freie Entm cke-
luug zu gewähren.
Ich wünsche, daß der gleiche Grundsatz auch auf andern Ge-
bieten des Staatslebens fruchtbar werde, um alle Theile des Gan-
zen zu dem Einklänge zu vereinen, in welchem die gesetzliche Frei-
heit ihre segenbringende Kraft bewähren kann.
An den erprobten Patriotismus und ernsten Bürgersinn
Meines Volkes richte Ich nun die Mahnung, alle Trennung zu
vergessen, welche die jüngste Zeit hervorgerufen hat, damit unter
den verschiedenen Confessionen und ihren Angehörigen Eintracht
und Duldung herrsche, wie sie die christliche Liebe uns Alle lehrt.
Manche Gefahren können unser Vaterland bedrohen. Das
Einzige, was stark macht, ist Einigkeit.
Ohne Haß über Gegensätze, welche der Vergangenheit ange-
hören müssen, stehet fest in dem Vertrauen einer Zukunft, die
Niemand verletzen wird, weil sie gegen Alle gerecht Mn will.
Gegeben zu Karlsruhe den 7. April 1860.
Friedrich.
Stabel. Ludwig. Nüßlin. A. Lamey. Vogelmann.
Auf Seiner Königlichen Hoheit höchsten Befehl:
Schunggart.
Wir überlassen es unfern Lesern darüber nachzudenken und zu
entscheiden, in wiefern die Versprechungen dieser Proklamation sich
erfüllt haben und namentlich, in wiefern die Selbpständigkeit der
Kirche zur Geltung gebracht und der konfessionelle Friede wieder
hergestellt worden ist.

Aus Abyssinien.
Auf dem bisher zurückgelegten Weg bis Antalo legen die Engländer drei
größere, befestigte Lager als Stützpunkte ihrer Verbindung mit ^'"HP^n von
ZuUa an. Sanafeh hat schon seine Besatzung; in Antalo wird gleichfalls em
nächst eine Verschanzung errichtet, und an dem mittleren Haltpunkte,-tddlgia ,
arbeiteten die Truppen schon eifrig. Das Lager auf einem Hügel gelegen un
mit Wall und Graben umzogen, hat zwei zu ihm hinausführende Wege un
wird auf den beiden anderen Seiten ron Armstrong-Kanonen verthenig , so
daß die 200 Mann, die als Besatzung zurückbleiben, sich gegen ein ganzeo
Heer von Eingeborenen halten können. Die Bevölkerung ist dort mcht fo
harmlos wie bei Sanafeh,sie macht namentlich den Soldaten das Recht, orao
zu mähen und Holz zu sammeln, streitig. Mehrere Schlägereien haben bereite
stattgefunden. Bei einer derselben erlaubte sich ein Hindu, einem abypnnlchen
Priester gegenüber das Christenthum zu schmähen. Ein allgemeiner Wlfstanr
drohte und der Obergeneral verurtheilte den Mann zu 20 Lieben. Da siel
der Priester auf die Kniee und bat um Verzeihung für den Mann, der chn de^
leidigt und geschlagen hatte. Sir Robert Napier hat seitdem angordnet, das;
die Fahne des heiligen Georg, der merkwürdigerweise auch der Schutzpatron
Abyssiniens ist und daher bei den Eingeborenen in hohem Ansehen steht, vor
dem Lager wehe, und daß bloß Geistliche und Häuptlinge in's Lager kommen
dürfen. Auf der weiteren Straße nach Antalo trafen die Engländer eure an-
scheinend kriegerische Bevölkerung an. Die Dörfer sind mit Wällen und Grm
ben umzogen und häufig durch Thürme vertheidigt. Auf den Höhen und
Felsenvorsprüngen sieht man Burgen, die in ihrer Anlage den Ruinen am
Rheine und an der Donau nicht unähnlich sind, ja, manche sind offenbar von
europäischen Händen angelegt. Befestigte Klöster und Kirchen, auf Hohen
liegend, besäumen häufig' die Wege. Alles trägt das Gepräge des Mcktet-
alters.
Nach den letzten Berichten aus Magdala, deren die neuesten abyssirufchen
Feldbriefe Erwähnung thun, glaubten die dortigen Gefangenen, daß Konrg
Theodor, statt geradenüber in die Festung einzuziehen, einen Flankenmarsch
gegen den Fürsten Gobazye von Waag und Lasta machen will. Wenn er

diesen besiegte, so würde er nicht nur einen Feind weniger vor sich haben,
sondern auch den Muth seiner Truppen zum Kampfe gegen die Engländer
kräftigen; denn zum Kampfe scheint er entschlossen und die Abyssinier
sind, seitdem man sie näher kennen gelernt, durchaus nicht als verächt-
liche Feinde zu betrachten. Sie verstehen das Reiten und Speerewerfen
vortrefflich, veranstalten Wett- und Preisrennen und vermessen sich,
wenn sie gleiche Waffen hä ten, es den Engländern gleich zu thun. In dem
krig krischen Geiste, den Theodor bewährt, liegt auch sein Ansehen; Volk und
Soldaten gehorchen ihm, trotzdem er es täglich ärger treibt, seine Anhänger
und Weiber selbst nicht verschont, sie in Häute nähen und ins Wasser werfen
oder in Oel tauchen und ins Feuer schleudern läßt. Ein Zug aus neuester
Zeit thut dieß am Augenscheinlichsten dar. Er hört, daß seine Truppen meu-
dern wollen, steigt aus einen Hügel, versammelt seine Truppen um sich, dann
schwingt er seinen Speer und ruck: „Ihr Schufte! Ich weiß, was Ihr vor-
habt; Ihr würdet mich tödten, wenn Ihr es wagen würdet, aber eher thue
ich Jedem von Euch, wie diesem da!" Sein Speer saust durch die Luft und
heftet einen ihm nahe stehenden Soldaten an einen Baum. Unbewaffnet und
allein, wie er dasteht, verschränkt er die Arme und blickt die erschrockenen Sol-
daten scharf an. Sie sinken aufs Knie und rufen : „Wir sind Deine Sklaven,
befiel über uns!"

sVon dem verstorbenen König Ludwig I. von Bayerns
wird eine noch wenig bekannte Anekdote mckgetheilt. Einige Tage, nachdem
König Max ij. 1853 den Maximilian-Orden für Kunst und Wissenschaft ge-
stiftet, begegnete der alte Herr einem Mmisterialrath Daxenberger, der unter
dem Namen Carl Fernau einige Poesieen veröffentlicht hatte und Privat-
Secretär des Königs gewesen war. „Ah, gratulire", redet er ihn an, „gratu-
lire! Mein Sohn hat Ihnen den neuen Orden verliehen. Aber ich habe ihn
nicht bekommen, und doch sind Ihre Gedichte um kein Haar besser, als die
meinigen — lauter Bavel!" Sprach's und ließ den verdutzten Kunstordens-
ritter erbarmungslos stehen.
 
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