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Pfälzer Bote für Stadt und Land (26) — 1891

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Nr. 161 - Nr. 170 (19. Juli - 30. Juli)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44149#0649

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en dem
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ſter
am










— — vierteljährlich
* — Boßauffhlag. Beftellungen
, den Boftanfialten ı. bei der Gxpedition Zwirngerfiraße 7



1 | %. Werantiworklidher Mebaktear:
— 04 Ddutrus Yeder in veidelberg.
\ — —

Beſtellungen
©1 DE „Pfalzer Boten“ für die Monate

Lauſt u. September werden jegt ſchon bei ſämmt-
'Ben Poſtanſtalten, bei unſeren Trägerinnen, ſowie in
uſerer Expedition veidelberg, Zwingerſtraße?
megengenommen.

Verlag des „Pfälzer Bote.“

li Jiſiiulliun Kapolcon’8 I. über Müdchen-

Erziehung-
2 Man wird ſich auf den erſten Blick wundern, daß
Ber Mann, der wohl als tüchtiger Feldherr und gro-
* Staatämann allgemein anerfannt ift, ' {ich auch
ar„bag Gebiet der Mädchen-Erziehung kümmierte u.
M richtige und praktijche Orundfäge aufftellte.
unibeäi%apokon I. war ein Genie und ein Genie iſt
ell.

—⏑— hatte im Schloſſe zu Ecouen eine Er-
5 UNgSanftalt fuͤr die Töchter der Offiziere der
o errichtet. Ueber die Einrichtung dieſer
ett er die Art, wie dort die Mädchen erzogen
n follten, ſpricht er ſich in einem Brief vom

“l 1807 folgendermaßen aus.
en ſoll man die Mädchen, die in der Er-
4 zu Ecouen ausgebildet werden, unter-
jpAM? Man fort mit der Retigion in
ierg‘r ganzen Strenge beginnen Geſtatten
@inm diejer Beziehung keine Nenderung noch
i ſch ränkung. Die Religion iſt von höchſter
6* in einer öffentlichen Erziehungsanſtalt *
ie



8

5*
2


er . GSie ift, was 'man auch ſagen mag, di
C a“ne Sarantie für die Mütter, wie für die
. Erziehen Sie uns Gläubige, nicht

e
kbmsgßenbe VBernünftlerinnen. *
xaui beim weiblichen Geſchlechte einerſeits die Ge-
find en und die Willensentſchlüſſe ſehr veränderlich
* derſeits aber die Frauen in der Geſellſchaft
fie Ehe wichtige Aufgabe zu oſen haben, zu welcher
i Üne beharkliche Opferwilligkeit und eine, ge-
4 Art von aufopfernder Liehe bedürfen, ſo iſt zur
' Olng der Mädchen die Religion unentbehrlich.
f„nbergälebung bezweckt nicht, angenehme und reizende,

ngendhafte Mädchen zu erziehen; dieſe
— 2 — —






für Stadt



KnzeigerBlatt Mr He Amtsbezizie Seidbelberg,
Sabenburg, Weinheim, Schwesingen, ! PHMppsburcg,
Wiesloch, Bruchfal, Bretten, Nedargemünd, Mosbad, .
Eherbach Buchen, Wallduru T.-Bifhofah.Werthein 2







“ Seidelberg, 2U. Zuli 1091.

ſollten nicht fuchen, durch geiſtreiche und erheiternde
Unterhaltung zu gefallen, ſondern ſich durch Sittlichkeit
und Gediegenheit des Charakters zu empfehlen. Im
Allgemeinen muß man ſie während der drei Viertel
des Jahres mit weiblichen Handarheiten beſchäftigen;
ſie müſſen Strümpfe ſtricken, Hemden machen, Sti-
ckereien, kurz jede Art von weiblichen Handarbeiten
anzufertigen verſtehen.

Ob die Möglichkeit vorliegt, ihnen etwas aus der
Arzneikunde beizuhringen, wenigſtens von demjenigen
Theile derſelben, der in das Amt einer Krankenpfleg-
erin gehört, konnte ich nicht beurtheilen. Gut wäre
es, wenn ſie mit Allem vertraut waͤren, was zur
Speiſekammer gehört. Ich möchte, daß ein junges
Mädchen, welches Ecouen verlaͤßt, um ſich an die
Spitze einer Haushaltung zu ſtellen, ihre eigenen
Kleider zu machen und die Kleider ihres Maͤnnes
auszubeſſern verſtände, daß ſie das Zeug ihrer Kinder
herzuſtellen wüßte, daß ſie ihrer kleinen Familie aller-
hand Annehmlichkeiten machen, und für Mann und
Kinder, wenn ſie krank werden, ſorgen könnte, kurz
daß ihr in dieſer Beziehung frühzeitig das eingeprägt
würde, was die Krankenpflegerinnen als Berufoͤpflicht
erlernen.

Was die Koſt betrifft, ſo kann dieſelbe nicht ein-
fach genug ſein: Suppe, Mehlſpeiſe, ein kleines Bei-
gericht; mehr iſt durchaus nicht nöthig.

Ihre Wohnzimmer müſſen durch die Arbeit ihrer
eigenen Hände ansgeſtattet ſein; ihre Hemden, Strümpfe,
Kleider, Kopfputz müſſen ſie ſelber anfertigen. Ailes
das iſt nach meiner Meinung von größter Wichtig-
keit. Ich will aus dieſen Maͤdchen nützliche Fraucn
machen, und ich bin dann auch ſicher, daß ich ange-
nehme Frauen aus ihnen mache. Nicht dadurch ſuche
ich aus ihnen Frauen zu machen, daß ich ſie zu
Stutzerinnen ausbiide. Wenn man ſelbſt ſeine Klei-
der macht, weiß man ſich auch zu kleiden, und jeden-
falls auch ſo, wie e& ſich ziemt.“ —

So Napoleon I. Wenn dieſe Grundſätze allent-
halben Eingang fänden und bei der Ausbildung junger
Mädchen, vornehmlich von dem bürgerlichen Stande,
gebührend berückſichtigt würden, ſo würde ein großes
Stück Elend und Armuth aus der Welt verſchwinden.



Dies gielt insbeſondere für unſere modernen höheren
Töchterſchulen.

Deutſches Reich.
+> Berlin, 19. Juli. Einer Depeſche aus Bro-
nde zufolge fuhr die Hacht Hohenzollern mit Sr.
Majeſtät dem Kaifer an Bord durch die Scheeren






&,/ Berlag ı. Expedition von Gebr. Hhuber 96 * AL
mxixn"öeibd%n;z äwiug‘etftmfie 6. dilii
über Aleſund, ohne Trondhjem zu berühren, nach
Torgen, wo die Ankunft geſtern Abend um halb 10
Uhr erfolgte. Der Kaiſer erſtieg die Iuſel Torge-
halten und beſuchte den in halber Höhe derſelben lie-
genden natürlichen Tunnel; dann ſetzte der Monarch
die Reiſe nach Bodde fort. — Der Reichsanz. meldet:
Um den Klagen über vexſpäteten und vorzeitigen
Schluß der Univerfitatsvorleſungen abzu-
helfen, ordnete der preußiſche Kultusminiſter an, daß
die Vorleſungen in jedem Semeſter innerhalb der
letzten ſieben Tage zu ſchließen ſind. Dieſe Beſtim-




in Kraft. — Von der „Nordd. Allg. Ztg.“ wird die
Meldung, nach welcher die Regierung aͤbermals die
Frage einer vorläufigen Ermäßigung der Korn-
zölle erwogen habe, für durchaͤus unzutreffend er-
klärt. — Eine KelInerinnen: Verjammlung
verlief wieder unter ungeheuerm Lärm. Vor dem
Lokal war der Lärm der Ausgeſchloſſenen noch groͤ—
In einer an-
dern ſozialiſtiſchen Verſammlung vertheidigte Bebel
den neuen Programm⸗Entwurf und ſprach ſich für
Abſchaffung des Cultus-⸗Budgets aus . Feder, welcher
das Bedürfniß habe, einen Geiſtlichen in Anſpruͤch
zu nehmen, möge ihn bezahlen, wie man Schufter 11.
Schneider bezahle. — Ueber das Rauberunwefen in
Maſſais langten neue ausführliche Mittheilungen
aus Oſtafrika an. Die Karawane des Miffionars
Helth verlor von 31 Leuten 19. Der Verluſt der
Maſſais bei dem Zuſammenſtoß wird auf 80 bis 100
geſchätzt, deren Mehrzahl von den Kugeln eines Deut-
ſchen Namens Häberlein niedergeſtreckt wurden —
Der Kaiſer hat bei Annahme der Schützenkönigswürde
eines pommerſchen Ortes Namens Zanow die ſchon
einmal abgegebene Erklarung wiederholeu laſſen, daß
zur Ueberuahme von Schützenwürden, Protektoraten
u. ſ. m. ſeitens des Kx onprinzen die kaiferliche
Genehmigung bis auf Weiteres nicht ertheilt wird.

— Eigenthümliche Zuſtände zeitigt die Reli-
gionslo ſfigkeit des preuß. Staates: Wer noch
daran zweifeln wollte, daß der Staat religionslos
ſei, dex leſe Folgendes: „Entgegen dem Entſcheid
eines Provinzialſchulcollegiums hat der Staatsminifter
xerfügt, daß Kinder, deren Eltern in der geſetzlichen
Foxm aus ihren Religionsgemeinſchaften ausgeſchieden
find, ohne einem andern Bekenntniſfe beizutretẽn, deren
Eltern alſo confeſſionslos geworden ſind, nicht ange-
halten werden köunen, einem Religionsunterricht an
den öffentlichen Schulen beizuwohnen, auch wenu die
Eltern erklären, daß die Kinder zu Hauſe keinerlet





Sr Kampf unt's Dafein.
2 Böhlung na Hesba Streiton don H. v. Memagen.
Nachdrnck verboten)
XXII.
$ _%Mcb’ß Gefängniß zum Grabe.

8— lehrte alſo wieder in das Gefängniß zurück, jetzt
Batten en Herzens und des Lebenz mübde. Die Umitände
Macht ihn auf.eine Bahn getrieben, für welche er nicht ge-

So war er von der Natur geartet, daß eS
Jal ib‘e“bm“tb ertragen hätte, al3 die Fluth des Schick-
* Taßte und ihn hinabſchwemmte unter die niedrig-
Deit mın Eindrüce jeiner Kind-
in Übrer hingebenden Sohnes- und Bruderliebe hielten
gmufie guber_brüäbare Kluft offen, zwiſchen ihm und der
der Ger. „Jungen Londoner Diebe, welche im Auzwurfe
ün zu elichaft zur Welt Fommen und von Kindesbeinen
vulbren ſpäteren Spitzbubengewerbe förmlich abgerichtet
cher * Unter der Hülle künſtlicher Sorgloſigkeit, in wel-
Öladett 72 Berbrecher-Cumpanen fih wohl zu fühlen,
gelehrt hHatte, ſchtummerte in David das Be-

der Entwürdi d des Verluſtes all #
a Entwirdigung und des Verluſtes aller wahr
* Men{QOlichen Lebensgüter. Er trank. mit den Trin-
Ichaft glelte mit den Spielern, ſtabl heute in dex Gemein-
über bu?? Diejem, morgen in der von SZenem; im Herzen
frarteiter er Abichen vdor Allem. Iebt hatte ihn fein ver-
Of)nftg'% Spießgeielle verleitet, zu freveln, [ogar wider die

mig fe, welche feiner Schweiter Obdach gewährt Hatte,
den afte En Treundlichen Bejchüber der verlafjenen Waife,

ten E
In uflid, der Faum noch mit dem Leben aus diejem
— — Er meinte, nicht mehr tiefer ſinken zu

— 8 der Schande und Bosheit, als er

Wwar bä‘„ä‚"b Wurde ſich ſelbſt zur gaſt. Ein Dieh! das
zu Derabjheuen und zu fürchten er
Muß ' * Kindheit an gelehrt worden war Der Menich
Drinat rIICb jein und fNeißig und Alles, was das Leben
die * S ®ottes Willen geduldig hinnehmen: — das war

ache Glaubens- und Sittenlehre jeiner Mutter ge-


— — :n O





er ſelbſt ein ſolches Weſen geworden,
weldhe3 fie verabjdheute und zu verabichenen ihn alzeit ge-
mahnt hatte! Die zwei Jahre werden bald vorüber fein
— aber was dann ? Ein Dieb war er auch dann noch,
wenn er auch die Gefänanißthür hinter ſich hatte, und als
einem ſolchen blieben ihm die Leute jetzt noch mehr unzu-
gänglich, als früher Wenn er zu wählen gehat Hätte, fo
würde er am liebſten das Gefängniß gar nicht mehr ver-
laffen haben. Hier war er unter Dieben, und draußen
ſtand ihm auch keine andere Gejellfchaft offen al Diebe ;
aber hier war er wenigſtens hinſichtfich ſeiues Unterhaltes
nicht auf, deren Freundſchaft angewiefen. Zu was Alem
hatte er ſich nicht verſtehen müffen nur um ſich an Bladett
einen Rückhalt zu fihern! War unter ſolchen Umftänden
das Gefängniß nicht heſſer als die Freiheit, und der Tod
nicht beſſer als das Gefängniß.

Er war nicht mehr länger den jugendlichen, ſondern den
Lwachſenen Verbrechern zůgetheilt worden. Seine Beſchaͤf⸗
tigung wax wieder die frühere: das Schuhmacherhandwerk.
Cr vermied aber jeden Verkehr mit den ihm hierin zuge-
ſellten Mitſträflingen. Wie wenig bedacht er übrigenz auf
jeine Arbeit war, das bekundeten die vielen Strafen/ die
er fich: deswegen zuz0g. Weder ermüthigendes „Zureden
noh Zücdhtigungen vermochten hierin etwas zu. ändern. Er
Hatte an Allem das jelbftthHätige Interefje {o {ehr verloren,
daß das Lob ihn lo gleihgültig ließ, wie der Tadel — er
ichwieg mißamtend zu Beidem. Wie beim hellen Tage
träumend ſaß er oft da, die offenen Augen ſtart auf den
Boden gerichtet. Er wer theilnahm3lo3 gegen ANes, mürri{ch
gegen „seden. Als wäre er blind und. taub, f0. apathijch
verhielt er fih gegen die Vorgänge um ihn her, und e8
war nicht‘zu verwundern, wenn mandhe von jeinen Schick
ſalsgenoſſen ihn geradezu für ſtill und verrückt hiciten
Dann und wann aber lagerte eine noch düſterere Wolte
über feinem Antlig. Das war in den Momenten, _ wo.e3
ihm in dem Sinn fam, wie leicht ſich feinem ganzen Slend
ein Ende madhen laffe, wenn er mur noch einmal am Ufer
oder auf. einer der Hyuͤcken der Themje fiehen Könne: Daͤnn



wurde e ihm, als fähe er das Wafier eilig unter fich weg-
rauſchen in die nahe See. , Wie kam eS, daß er niht an



— — —⏑« — — — — — —
dieſe möaliche Ausflucht aus dem ihn einſchließenden Elend
dachte, ſo lange es noͤch Zeit war? Hier im Gefängnifje
ließ fih nicht leicht [o etwas in’s Werk jeßen. Er hätte
wohl ein. Mittel gewußt, aber vor diejem fHrecte er zu>
xick Der einzige Gedanke hielt ihn im Bann: fich in den
falten reißenden Strom zu ſtürzen und darin zu verfinken.
„ Die Hauskapelle ſtand ihm offen er hatle feine täg-
Licdhen Gebete; auch befuchte ihn zeitweilig der Anitalts-
Geiſtliche. Alles das aber konnte jeine verzweifelte Stim-
mung nicht heben.

Unter quälenden Gedanken, die jeden Tag wiederkehr-
ten, Nacht3 den Schlummer von feinen Lager verfheuchten,
Wochen, Monate hHindurch, {janken Dayid’3 Lebensträfte
merflich. Schon verfagten ihm die gewohnten Griffe, jeine
Augen wurden dunkel. Ganz verbiffen in fein ESiend,
Hagte er über NichtS und verlangte eine VBergünftigung in
keiner Weiſe Wo er vorfchriftsmäßig jein mußte, da war
er auch; auf ſeiner Arbeitsbank, in der Kayelle, im Hof-
raum, überall aber nur dem Korber nach; mechanifch ſchlich
er hin und her durch die Corridore, gleih einem Yutomaten
hautirte er in feiner Zelle; wo er ſich befaud was er that,
fam nicht einmal zur Befinnung. Er war nur mehr der
Schatten eınes Menihen; das felbjtbewußte Leben im
Denken und Füblen war voljtändig aus ihın gewichen,

Nur Eiwas gab’S, wodurch die verlöfhenden Fünkhen
noch ven Beit zu Zeit in etwaz hHellere Gluth verfeßt wur-
ben. DaS mwaren die Briefe, weldhe El8beth ihm alle
Bierteljahre fchrieb. Die freundlihen Worte der guten
Schwefter waren eririſchendes Labjal für fein erjivebendes
Herz· Sie ſchrieb ihm, es werde gewiß noch WNeS gut
werden; wenn ernur erſt frei fet, werde ſie ihr Möglichites
thun, um ihn noch einmal alucklich zu madhen. Sie werde
mit ihm in ein {remdes Land ziehen und dort, wo NMie-
mand von jeiner Vergangenheit wiffe, ein neueS Leben mit
ihm beginnen. /

‚. David fhüttelte traurig den Kopf, wenn er lolche Ver-
hHeißungen Ia$; denn er glaubte nicht an die Möglichteit

der Erfüllung.
Fortſetzung folgt.)


 
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