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Pfälzer Bote für Stadt und Land (26) — 1891

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Nr. 201 - Nr. 210 (5. Septmber - 17. September)
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Eacu taglim mit Aırknahıne der Gonne und Feiertage.
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_ S# ben Poßanftakten 1, bei der ingerfiraße 7








— Ledalteur:

2

® Beidelberg 9. Sept.
Am heutigen Tage begeht unſer allverehrter Lan-
Bfürft Großherzoug Friedrich fein 65, Ge-
g.‘“tßfeft. Im ganzen Lande, in allen Kreifen wird
* Tag in feſtlicher Weiſe begangen, ſchlagen doch
l Gerzen aller Uiuerthanen ohne Unierſchied der
Onfelfion und — rechnen wir das ſozialdemokratiſche
Ment ab — auch ohne Unterſchied der Partei dem
Sandesheren in gleicher Liebe und gleicher
Teue entgegen.
ir vom Tentrum ſind nicht gewohnt, mit
Ünferer Treue zu Fürft und Vaterland zu prahlen,
ir yerabfchenen e3, den Mantel des Batriotismus
Unzuhängen, um parteipolitijhe Zwecke zu erreichen,
Oder ihn zu benützen, um den Mangel an Prinzipien,
xer die Erzielung materieller Vortheile zu verdecken.
I halten die Treue zum angeſtammten Herrſcherhauſe
die Liebe zum Heimathlande für etwas ſo jelbjtver-


Ugenden zu begehen vermeinen, wenn wir ſie zur
Politijhen Heuchelci herabwürdigen.
„ Wir ſtehen treu zu Kaifer und Reich, treu zu
Firſt und Vaterland, treu aber auch zu unſerer
utter Kirche und ſhrem ſichtbaren Oberhaͤupte, dem
- Vater in Rom.

‚.. Wir wiffen, daß unſer Landesfürſt ſolche Prin-

%‘mntreue zu ſchaͤtzen weiß, wir wiſſen, daß die ka-
Aiſchen Unterthanen jeinem landesbaterlichen Herzen

5 ſo nabe ſtehen, wie diejenigen ſeines eigenen
enbensdelenlilliffes, wir wiſſen, daß er mit der

Oleichen Sehnfucht einen ehrlichen Frieden zwijchen

btaat und Kirche herbeiwünſcht wie wir, wir wiffen,

B er der Unduldjamkeit und Tyrannei der in der

Koͤrperſchaft herrſchenden Partei abhold

on HD Daß er den Sturz jener Partei mit uus als

Glück für das Land anſehen würde. Das Alles
ſſen wir und deshalb iſt es nicht allein unſere

1Ot als gute Katholiken, ſondern auch als gute

roͤten mitzukämpfen in dem bevorſtehenden Wahl-

* gegen diejenige Richtung im Lande, die ſich
® nationalliberale neuͤnt.

% Faben wir dieſen Lampf gut gekämpft, liegt der
ütionaNliberalkismus gejchlagen am Boden, Ddann
W in dieſem Sieg auch unſer Landesfürſt den
‚en des Volkes erkennen und als conſtilutioneller

den bisher durch eine intolerante Lammermehr-

4 erfüllt gebliebenen Wünſchen und Forderungen

ihm treu ergebenen katholiſchen Bevoͤlkerung ge»

*ÖL z werden wiſſen.

ögen denn heute die Glocken in feierlichem Ge-





Sebhbeimmiß der Creoſin.
{ Von Bernhard Derosne. Nachdruck verb.)
Autoriſirte freie Ueberſetzung von Philipp Zreidank.)

m Sie klopfte zuerſt an der Thüre ihres Großvaters an,
im Üm gute Nacht zu jagen. Er war, wie ſie bemertte,
„rä\“ter Noch am Schreiben; er ließ fie faum eintreten, um-
€ Tie, führte fie hinau3 und jebte feine Arbeit fort.

Zitter -& War ein ſebr langex Brief, den der alte Marn mit
das er Hand chrieb, und viele Thränen träufelten auf
Mit herab. Als es zwei Uhr ſchlug, hörte er
hrden Soreiben auf, faltete den Brief zujammen, ſteckte
uerim inen Umſchlag, welcher an die Adreſſe ſeiner Enkelin
denjelben in feinem Lulte. Herr
reg“““ verbrachte eine verhängnißvolle Nacht; die Auf-
Quäng War zu groß für ihn gewejen. Während er ſich der
m vollen Arbeit unterzogen hatte, ſeiner Enkelin das auf
il D iOr Caftende Gebheimnik wahrheitsgetren zu, ent-
erelern‚ durchlebte ex felbit noch einmal die Schredfen der
me[mltflenf)eit; der dabei empfundene Schmerz glich dem,
— as Biederaufreißen einer kaum vernarhlen Wunde
erfien Leuchten des jungen Tage eilte
Quie 4S 1’3 Zreie, damit die Fühle Morgenluft ihn er-
Derrenn 415 die Frühftücsalocke läutete, Kehrte er in das
Wie e"hquß zurück. Sein Ausſehen war etwas erregter
Han 3hnlich. Sr gab Sveline, welche ihım entgegen ge-
gämgeln war, Dden gewöhnlidhen Morgenkuß mit einent
Willor DOMn Zärtlihteit und Ergebung in den göttlichen
Üherfar uDit weldem Buge reijen Sie?“ frug Frau Sıt-
„Mit v O8 man fih zum SFrühftüc niedergejeßt hatte.
hab ‚dem Nachmittagszuge“, erwiederte Herr Rogan „IO
bm%“ Meines Sejchäft in Bofton abzuwicdeln und werde

en Abend zubringen.“

tqfig'b.e“ Kogan verweilte den größten Theil des Vormit-
an 1: Salon, mährend feine Enkelin ihn durch den Vor-
—4 jeiner Sieblingslieder und feiner Lieblingsmufit zu
en QyAcl verjuchte, Frau Sutherland und Eveline follten
:toüc‘tten DHerrn zum Bahnhof begleiten; ſie machten ſpäter
jeinee Furz vor der Abfahrt dahin bat Herr Rogan
nkelin,/ ihm auf ſein Bimmer zu folgen und jdhloß,






















geſang in den Gotteshäuſern hinaufdringen zum
Throne des Allerhöchſten, möge das Gebet felbſt des


unſeren Großherzog und das ganze grofherzog-
liche Haus — droben im Himmel mit Wohl-
gefallen aufgenommen werden!

die Hoggenthenerung.

Kein mit den Verhäͤlniſſen Vertrauter, ſo ſchreibt
die „Köln. Ztg.“, kann ernſthaft bezweifeln, daß die
Auftreibung des Roggenpreiſes auf die jetzige Hoͤhe in
den Verhäliniſſen nicht begründet iſt, ſich vielmehr als
ein Kampf zweier Borſengruppen darſtellt,
deſſen Entſcheidung von der größern oder geringern
finanziellen Leiſtungsfähigkeit der einen oder andern
Gruppe abhaͤngen wird. Wie zu früheren Zeiten die
Stärke der Baiſſepartei an den Börſen die Getreide-
xreiſe auf eine in den Verhältniſſen nicht gerechtfertigte
Tiefe hinabdrückte, ſo hat jetzt die einſtweilen ſiegrelch
gebliebene Hauſſepartei den Preis übermaͤßig in die
Höhe geſchraubt. Auf wie lange, ſteht dahin. Die
Landwirthſchaft, die von der Börſentreiberei ſo oft
geſchädigt worden iſt, wird diesmal den Vortheil von
den Sünden ihrer gewohnheitsmäßigen Feinde haben.
Auf wie lange, ſteht dahin. Es iſt heute, wo die
Erntearbeiten zur Neige gehen und das erſte heimiſche
Korn bereits zu Markte kommt, geboten, ſich über Be-
darf und Vorrath der Wirklichkeil — im Gegenſatz zu
den Hoffnungen und Beſtrebungen der Börſenparteien
Rechenſchaft zu geben. Deuiſchland verbraucht nach
Abrechnung des Staatgutes jährlich 5,500,000 Tonnen.
Wenn die im „Reichsanzeiger“ unlängſt veröffentlichte
Ernteſtatiſtik auch nur annaͤhernd richtig iſt und wenn
das übrige Deutſchland keine ſchlechtere Ernte macht
als Preußen, ſo kann mit aller Beſtimmtheit geſagt
werden, daß heute weit mehr Roggen lagert, als in
einem Jahre aufgezehrt werden kann. Der „Reichs-
anzeiger“ berechnet für Wintterrogen 82 pEt. einer
Mittelernte, die zu 1313 Kilogranim für den Hectar
angenommen wird. Die Anbauflaͤche für Roggen be-
trägt in Deutſchland annähernd 6 Millionen Hectar.
Darnach wären in Deutſchland weit über 6 Millionen
Tonnen Roggen gewachſen. Da der Verbrauch ſchwer-
lich 5'/2 Millionen gusmacht, verbliebe eine halbe
Million Tonnen als Saatgut, was mehr als reichlich
genügen würde, und es haͤtte zur Volksernährung gar
keiner Einfuhr fremden Roggens bedurft. Der Durchſchnitt
der Roggeneinfuhr iſt 660,000 Tonnen. Im Jahre



al$ ſie eingetreten war, die Thür. Eveline trat ein, ver-
faͤhreriſcher wie jemals; ſie trug einen kleinen, faniſchen
Hut mit langer Feder geſchmückt und übex die Achfeln fiei
coqueft eine reiche Spitzenmantille. Das Lächelu auf ihren
Roſenliyven erlofh, als ſie in das ernfie Antfitz ihres
Sroßvaters blickte, und ihre Augen wanderten mit Leichtem
Schrecken von ſeinem Geſichte auf einen großen verfiegelten
DBrief, den derſelbe in der Hand hielt „Cveline“, fagte
Herr Rogan, und er gah ſeiner Stimme mit größter An-
Örengung einen ruhigen Ton; „i habe Dir verfprochen.
Du jolit die Geſchichte, welche das Geheimniß Deines
Seben3 hleiben muß, kennen lernen. Ich würde es nicht
über das Herz gebracht haben, Dir Aucs mündlich zu er-
zählen; Deßhalb habe ich geſtern alle Thatfachen, welche
Dein Geheimniß betreffen, ſchriftlich aufgezeichnet, und Du
kaynſt nun heute Abend oder morgen Kenntuiß davon
nehmen. Mein armer Siebling! Wie gern hätte ich DiH
mit dieſer Enthülung vexſchont — ſelbſt mit dem Preis
meine? Lebens Gott weiß es allein, mit welcher Freude,
ich dieſes für Dich hingegeben hätte Aber ich kann und
Darf eS nicht; Dr mußt wiſſen. was in dieſen Document
aufgezeichnet iſt Das Einzige, was ich thun kann iſt das,
den lieben Gott zu bitten, Dein Leben möge durch dieſe
Enthühlung nicht ſo vergiftet werden wie das meinige !“ —
„Sroßpapa, Großbaha, iſt es denn ſo Ichrecklich ?“ rief Eve-
line. „da, armes Kind, es iſt ſo. Ehe Du diejfen Brief
Öffnelt, wirt Du zu Hott flehen, er möge Dir Stärke und
Vuth verleihen, um die Lectüre dieſes Briefes ertragen zu
fönnen.” Sie nahm den Brief an fich, ohne ihn anzufehen.
Ihre unnatürlich offenen Augen waren auf ihren Groß-
vater gerichtet, ihre halb offenen Lippen ſchienen eine Hitte
ausfprechen zu wollen. Tiefbewegt nahm ſie ſeine beiden
Hände und preßte ſie an ihr Herz. „Frage mich nun nichts
mehr, mein Liebling. Alles Weitere enthält dieſer Brief.
In acht Tagen werde ich zurückkehren, und dann wirft Du
eytweder ganz hier bleiben oder mit mir nach unſerer
ichönen Heimath reifen — ganz wie Du es beftimmen wirft.
Woͤgen Dich alle guten Engel in ihren heiligen Schuß
nehmen, bis ich zurückkehre.“

Er umarmte Eveline innig und begleitete ſie auf ihre





AnzeigerBlatt für die Amtsbezirle Heidelberg,
abenbutg, Weinhein, ⏑

al, Bretten, — « — ich,

Eberbach / Buchen/ Walldůrn/ T.⸗Biſchofih. Wertheim et





1887, das annähernd die gleiche Ernte hatte wie 1891,
betrug ſie ſogar nicht ganz 350.000 Tonnen Nun
iſt den Ruſſen der Zweck ihres Ausfuhrverbots, ſo
xAlump und durchſichtig er auch war, wirklich gegluͤckt.
Das Ausland, inoͤbefondere Deutſchland, hat ſich {Orecken
laſſen und in Rußland unſinnige Meugen Roggen zu
Schwindelpreiſen gekauft, welche jetzt in Deulſchlaud
lagern und ihren drückenden Einfiuß auf den Preis
des heimiſchen Roggens ſehr hald fühlbar machen wer-
den Nimmt man auch an, daß die alten Vorraͤthe ſo gut wie
aufgebraucht ſind, ſo wird fich doch mit Sicherheit ſagen
laſſen, daß eine Einfuhr von 500, 000 Tounen den
wirklichen Bedarf Deutſchlands für's nächſte Jahr
mehr als gedeckt hätte. Allem Anſcheine nach et-
reichen aber die Käufe, welche Deutſchland ſeit vier
Vochen im Auslande gemacht hat, das mehrfache diefer
Summe. Daß bei der Preistreiberei der letzteu Zeit
der Zoll gar keine Rolle geſpielt hat, daß bei Auf-
hebung der Zölle der Preis höchſt wahrſcheinlich nicht
im Mindeſten ſich anders geſtellt hätte, läßt ſich zwar
mathematiſch nicht beweiſen, aber mit größter Gewiß-
heit annehmen. Es hat ſich noch bei aͤllen Zoͤller-
höhungen gezeigt, daß der Preis von ihnen nicht be-
einflußt wurde. Er iſt ſogar regelmäßig nach allen
Erhöhungen heruntergegangen Wenn nun, obgleich
Deutſchland über und uͤber mit Roggen verforgt ift,
die Preiſe gleichwohl auf ihrer Höhe bleiben, ſo möge
man nicht die Zölle, die daran unbetheiligt ſind, au-
flagen, ſondern den einzigen Schuldigen: die
Boͤrſenſpeculation, al8 die modernſte Era
Erſcheinung des Kornwuchers Es wäre ſehr
dankenswerth, wenn von amtlicher Stelle eine Stati-
ſtik über die Menge der Roggeueinfuhr nach Deutſch-
land in dem laufenden und nächſten Monat ver-
öffentlicht würde, und zwar zugleich mit dem bis
dahin ſicher zu ermittelnden Ernte-Ergebniß. Dann
würden die Klagen über den Mangel an Brodfrucht
bald verſtummen. Vielleicht würden auch die Preiss
treiber an ſden Börſen andern Sinnes werden.

Deutſches Reich.

Berlin, 8. Sept.

— Eine aufregende Nachricht bringt die
Allgem Ztg. aus Straßburg. Dein Blatte wird ge-
ſchrieben; „Als der franzöſiſche Kriegsminiſter vor
etwa fünf bis ſechs Wochen Nauch und von da
aus den nordöſtlichen Grenzpunkt Frankreichs befuchte,
dehnte er ſeine Reiſe bis zu dem auf einer nicht ün-
bedeutenden Höhe befindlichen Ort Jean delin
eourt aus. Es wird jetzt in dieſer Gegend, 2



Himmer, ihr noch zuraunend: „Schließe den Brief gut ein
und verwahre den Schlüffel Jorgfältig ; denn Niemand darf
ihn leſen als Du.“ Er verließ ſie und {tieg herab in der
Salon. Der Wagen ſtand bereit Zrau Sutherland wartete
bereit$ auf Hexxn Rogan und Eveline, während ein Groom
ein.Keitpferd für Arthur Sutherland herbeiführte. „Ihre
Chrengarde ſcheint ſehr zahlreich zu werden“, jagte lächelnd
Frax Sutherland; „Arthur beftaud hartnädig darauf, un
an die Station zu begleiten. Wo ift Cveline ? Ah, da iſt
jie endlih, nun fommt, wir haben keine Zeit zu verlieren.“
Sie ſtegen in den Wagen und fuhren, von Arthur Suther-
land begleitet, ab. Auf dem Verron des Bahnhofes ver-
weilten Exeline und Frau Sutherland ſo Iange, bis der
Bug mit Herru Kogan abfuhr; dann kehrlen fie wieder zu
ihrem Wanen zurüg, wo Arthur ihrer mit Schmerzen
hHarrte. „Warum weinen Sie, liebes Kind?” frug Frau
Sutherland; „Sie wiſſen doch, deß die Abwefenheit Fhres
Erobdaters nicht lange dauern wird — Höchftens acht oder
zehn Tage nur. Ich erlaube Ihnen durchaus nicht, i
deBiwvegen einem fo großen Kummer hinzugeben. XcH muß
in dem Dorfe einige Sinfänufe und Befuche machen; Sie
müffen mich begleiten, Sie werden daduͤrch etwas munterer
werden.“ Eveline wäre am liebſten direlt na Maphwood
zurüdgefehrt. Sie war gefpannt darauf, den geheimniß-
vollen Brief 1dres Großyaters zu Lefen und das fAHrecliche
Seheimniß, velches auf ihrem Dajein laftete, zu vernehmen,
aber fie mußte ſich den Wünfjchen der FIran Sutherland
unterwerfen. Sie machte alſo die Einkäufe und alle Be-
juche mit, immer in Begleitung ihres treuen. Baladins
Arthur und die untergehende Sonmne jenkte bereit3 ihre
Burpurfktrahlen in den Ocean, al3 fie nach Maphiwood zu-
rückkehrten. }

‚. Der Himmel blidte roth und drohend; es hatte eine
niederdrüdende Schwüle waͤhrend der Tageszeit geherricht,
Kein einziger Haud bewegte die Lnft und grünliche Lichter
fpielten in der Atmosphaͤre, wie fie ſich immer bei einem

Gewitter zeigen.
Fortſetzung folgt)


 
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