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Pfälzer Bote für Stadt und Land (28) — 1893

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https://doi.org/10.11588/diglit.44152#0907

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| — — il Ausnahme ber Eonn⸗ unb Beiertage
Samftags mit UmterhaltungsBeilage, Preis vierteljährlic
8 1,20 obne Kröägerluhn Befiekungen







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* dei den Mokanfalten ı, da der Grpedition Zwingerfiräße 7

)( | Verantwortlicher Redakteur:
4 2 Zalins Secker in Heidelbers.
— * —













* Gine Statiitit det Selbitmorde in der
YUrmee

Öringt eine dem,Vorwärts“ zufolge demnächſt im
£rlag der Münchener Poſt, des Srgans des Herrn
%. Bollmar, erſcheinende Broſchüre mit dem Titel:


Teriencolonien. “
bdom November 1882 bis Oktober 1892.
gaben ſich in der preußiſchen, ſaͤchſiſchen u. württem-
Dergtichen Arımee (Bayern ausgeſchisſfen) nicht meniger
Als 2353 Soldaten freiwillig den Tod. Das ſind
im Durchſchnitt 235 Selbſtmorde per Jahr. Charak-
teriftijch iſt das Sieigen und Fallen der Selbfimord-
älle der einzelnen Monate. Die niedrigfte Zahl
Wweilt der October auf: 142. In dieſem Monat
f“}b bereits die ausgedieuten Soldaten verahſchiedet,
pährend die Rekruten noch nicht eingezogen ſind. Es
Ndet dann eine raſche Steigerung bis zum Januar
Mmit zweihunderteinundzwanzig Fällen ſtatt. In diejem
Monat fchließt das Einzeleteteleren, das Ouäleudſte
d Anſtrengendſte für den noch ungelenken Rekruten.
In Februar beginnt das Cowmpagnie-Cyxercieren, die
Qual des Einzeidrills iſt vorüber, die Selbſtmorde
dermindern fich, um aber ſchon wiedex mit dem näch-
ſten Mouat unaufhaltjam zu ſteigen bis zum Iuni :
247 Selbftmorde. Ju dieſem Monat iſt Schluß des
gtaillonsexercierens das Aergſte iſt überſtanden,
allerdings auch mit Erreichung der hoͤchſten An-


Es beginnen nun der Eruteurlaub und der Kajernen-
dienſt und damit ein Sinken der Selbſt mardfälle bis
zum Ottober. Dieſe Zahlen, meint der „VBormwärts”,
ſprechen ſtatk für die Abhängigkeit der Seloßmorde
in der Armee von der ſteigenden und nachlaſſenden


In
Dieſe unheimliche Statiſtik iſt gewiß geeignet, die
Beachtung, wie der zuſtändigen militärijhen Be-
Hörden, jo auch all' Derer zu erregen, welche der
MAnficht ſiud, daß es nicht ein unabwendbares Anhängſel
des Militardienftes und der Kaſerne ſein dürfe, daß
Jahr für Jahr viele Hunderte von Soldaten, dem
moraliſchen Ruin verfalen oder in der Verzweiflung
über die ihnen widerfahrende Lehandlung Hand an
ſich ſelöſt legen. Jeder, der e& mit dem Voſte und
insbejondere mit deſſen unter den Waffen ſtehenden
Söhnen gut meint, möge, ſoviel er kann, dazu mit-




wirken, daß das traurige Capitel, ſewohl der
Soͤldalenmißhandl ungen wie der Soldaten: Selbſt-
moͤrde, immer weniger von ſich reden macht. Ins-
befondere die Voltoͤvertretung darf nicht aufhören,


einzuwirken.

* SZreimanrerilches aus IJung-Italien.

Aus Kom, den 20. Septemher wird gejchrieben :
Von den Balkonen des Palaſtes Borgheſe herab wehen
die grünen Banner der Fteimaurerei zun Zeichen
daß dort Heute die feierliche Inſtallicung der Sroß-
loge Italiens ſtattfindet Der Lag iſt gut gewählt;
denn das Eteiguiß, welches heute vor Dreiundzwanzlg
Jaͤhren ſtaltgefunden, war der größte Sieg. welchen
die Brüder von der Kelle je davongetragen haben.
Um ihr Ziel, die Zer ſtörung der weltlichen
Macht des Papftthums, zu erreichen. ſchoben ſie
Raͤnller vor, die zwar nicht zu ihrem dunkeln Bunde
gehörten, aber ſich zur Durchführung ihrer Pläne
hergaben. König Viktor Emmanuel, welcher ſeine




ſaudte, und der General Cardoxna, welcher an der

Spibe eines Heeres von vierzigtguſend Mann den

und durch die von ſeinen Kanonen geſchoſſene Breſche
in die ewige Stadt einzog, ebenſe wie der General
Qamarmora, welcher nach der Vergewaltigung als
töniglicher Statthalter die neue Regierung. einſetzte,
bethenerten mit Worten ihre Anhäuͤglichkeit an Die
Kirche, während ſie in der That die Werkzeuge ihrer
Todfeindin/ der Loge, waren. Deßhalb haben die
Freimaurer volllominen Recht, wenn ſie den heutigen
Gedenktag feſtlich begehen, in der Erwartung, daß in
nicht gar ferner Zufunfjt c& ihnen auch gelingen
werde, das für fie jebt nutzloſe und ihren Weiteren
RPlänen im Wege ſtehende Königthum der Savoyer

gehorchend, feiert auch das liberale Itatien heute das


rechts, weiche die im Sald der Loge
tungsſchreiber und Volksredner einen ruhmreichen
Sieg nennen. Auf welcher Seite aber iſt der Ruhm
in einem Kampf doͤn vürzigtauſend vorzüglich be-
waffneten und mit zahlreichem Geſchütz ausgerüſteten
Soldeten gegen eine unbefeſtigte und uur von CINET
fleinen Befahuͤng vertheidigten Stadt? Für die Ver-
theidiger galt es bloß, die wilitaͤriſche Cyre zu retten
und Ddie Anwendung der Gewalt von Seiten des

fiehenden Zei-














übermächtigen Gegners zu konſtatiren. Leute, welche

die wahre Ehre beſitzen, nennen den Augriff eines
ſtarken Mannes gegen einen Greis, ein Weib oder
ein Kind eine Feigheit. Dieſelbe Bezeichnung ver-
dient der Gewaltſtreich des revolutionären Italiens
gegen Rom Uebrigens hatte dabei das zahlreiche
italienijche Heer nur 32 Todte, worunter 3 Offtziere,
und 153 Verwundete, worunter 10 Offiziere, — der
* Beweis, daß der Sieg wenig Mühe gekoftet
atte.

Zur Feier des heutigen Feſtes hat der Staats-
auwaͤlt hier zwei katholiſche Zeitungen beſchlagnahmt,
welche die Dinge bei ihrem rechten Namen genannt
hatten. Der „Moniteur de Rome“brachte vorgeſtern
Abend einen Artikel, überſchrieben: „Der Jahrestag
eines Unglücks“, worin die Uſurpation Roms „ein
Verbrechen“, „die Verletzung der heiligſten Kechte“,
„der aͤrgſte je vom offiziellen Italien begangene
Fehler genannt wurde. Noch an demſelben Abend
erfolgte die Beſchlagnahme; in dem Befehl des
Staatsanwalts iſt geſagt, jener Artikel enthalte
„Ausdrücke, welche vicht nur das Nationalgefühl
ſondern auch die Achtung verletze gegen da? Geſetz
wodurch Rom nebſt Provinz zum integrirenden Theil
Die „Boce

de VBerita“ veranftaltet, andern Morgen-

wie die


Geſtern Abend hatte dieſe einen Leitartikel mit der
Staats-
Um halb 12
mit zwei
Agenten in der Druckerei und beſchlagnahmte die
einzigen noch vorhandenen Exemplare, 8 an der Zahl.
Der Satz des Artikels wurde zerſtört, und ſo enthielt
die Morhenausgabe an ſeiner Stelle den Bericht über
die Beſchlagnahme.

Deutſches Reich.

Berlin, 25. Sept. Die officibſe „Nordd.
Allg Ztg.“ hatte ſich dieſer Tage mit unſerer
Preßgeſetzgebung beſchäftigt und auf Grund
der Autorität eines Univerſitätsprofeſſors die Verſuche
einzelner Gerichte, für Preßerzeugniſſe auch das Hülfs-
perſonal, Korrektor, Maſchinenmeiſter, Setzer und
Setzerlehcling zur Verantwortung zu ziehen, als durch-
aus korrekt befunden. Dieſe Anſicht wird aber ſelbſt
von anderen Officiöſen zurückgewieſen; ſo thut die
amtliche „Leipziger Zeitung“ die ganz beſonders geiſt-











Treuer Siebe Kohn.
Roman von U. Roſen. \
Gaͤchdruck verb.)

Entſchloſſen, das Mädchen zu ſeiner Gattin zu machen
da Beatrice ihm für immer verloren war, folte Giralda
die Stüße jeines untergehenden Glückes werden Der
gefängnikartige Aufenthalt an einem entlegenen Ort mußte
das Madchen, wie er berechnete, beugen und dazu bewegen,
ihm die Hand zu reichen

Jon Berkins begleitet, hatte er die Feljenhütte aufge-
ſucht Frau Bitt einen Cheil fjeiner Pläne enthüllt und fidh
ihre Mitwirkung durch das Verſprechen einer glänzenden
Belohnung gefichert. _ ; }

SGiraldas Verzweiflung begann ſich zu einem Gefühl
rettungslofer Verlörenheit zu vertiefen.

„Sit das Zimmer der jungen Dame in Bereitjchaft,
Frau Bitt ?“ fragte Perkins, den ihm angebotenen Sitz
zurückweiſend —

— „D voliommen. Wenn Sie die junge Dame hinauf-
bringen, gehen wir.“ ; . ;

Siralda erhob ſich, Nerkins erfaßte ihren AUrm _ mit
feltem Griff und Hetterte der voranleuchtenden FJijherSfrau
auf einer engen Wendeltreppe nach Frau Bitt Hifnete
eine Thür und führte Giralsa und den Kammerdiener in
das Zimmer. ; }

Bier iit es ficher“, lachte fie. „Ich möchte den Mann
fennen, der hier an ein Entrinnen daͤchte und nun erft
eine zarte junge Dame! Mein Alter und ich haben alles
auf das Beſte hHergerichtet.“ . ;

_ Das Bimmer glihH in der That einem itarfen Ge-
fängniß. Von den beiden FJenftern, die mit mächtigen
Holzitäben vergittert waren, ging eines nach dem Garten,
das andere nach dem Meere. Der Zußboden war fri{ch
gejcheuert und mit Sand befireut. Ein Tijch, zwei Stühle
ein Bett und ein Wajchtijh Hatten an den Wänden ihHren
Plag gefunden. *

_ SBerfin8 leate Giralda Shwal und Reifetajche auf den
Tiſch und jchaute mit einem Blick der Befriedigung in dem
unheimlichen Raum umher.





„Sa, hier kann ſie nicht heraus“, meinte er. „Nur
ein Wea ilt ihr offen —” _

„Sa, der Weg zur Kirdhe, um Menlords Gattin zu
werden“, erflärte die Frau „Sie haben ſich nun überzeugt
.go%rr Merking, daß ich die Anweiſung Mylords pünktlich

ejorgte.“

„Behandeln Sie die Gefangene wie eine Dame, aber
bewachen Sie diejelbe aufmerkjam und ſeien Sie itreng
gegen jie, aber in dem Augenhlich in welchem das Fräu-


einige Zeilen nach London.“

Ich werde die Befehle des gnädigen Herrn treulich
ausführen. Die junge Dame wird von mir als Gefangene
be?gnb‘elt werden, bis ſie einwilligt, Mylord zu hei-
rathen.“

Mit dieſen Worten ſetzte Frau Bitt ihren Leuchter
nieder und entfernte ſich jammt dem Kammerdiener aus
dem Zimmer.

Im nächſten Augenblick klirrte der Schlüſſel im Schloß
mit einem Ruͤck wurde er herausgezogen und die beiden
Jerbuͤndeten polterten die Treppe hinunter, Mit erdrüden-
der Gewalt wurde Giralda das Entſetzlichſte ihrer Lage
flar. Sie war eingekerkert und hilflos während ſich über


und Schmach erhob.

Wenn ich ſie nur warnen fönnte”, ſtoͤhnte ſie Wenn
Mama nur müßte, daß man ihr auf Schritt und Tritt
Zaͤchfchleicht Wenn Bapa nur Zeit fände, zu entfliehen.
S mein Gott, was ſoll ich thun?“

Sie flog an das Fenſter und blickte durch die Ber-
gitterung Hinaus in die kiare Nacht Sie rütteſte an den
®Sitter{täben aber fie hätte eben]o aut verſuchen konnen, die
Felfeninauern zu erſchüttern, als dieſe Hölzbalken zum
Weichen zu bringen.

4 und zitternd fetzte die Gefangene ſich wieder
nieder.

O Bapa, o Mamna“, klagte ſie händeringend. „Wer
wird Euch reiten ?” * —

Bu aufgeregt um ſtill ſitzen zu können, ſtand ſie wiede



auf, um wie eine Leopardin im Käfig ruhelos auf und ab
zu wandern.

Ich hätte ſie zu retten vermocht”, ſeußzte ſie nach
einem furzen Schweigen, das nur von dem Geräufch der
brandenden Wogen unterhrochen wurde, „IH hätte Lord
Ormond Bedingungen ſtellen konnen. Wenn ich ihm ver-
Proͤchen Hätte, jein Weib zu werden, würde er die Ber-
folgung meiner Eltern aufgegeben, vielleicht fogar Bapa
mit dem Marauis ausgeföhnt hHaben. Armer Rupert!
armer Heiner Egon! O wenn ich nur eingewilligt hätte,
Mich für fie alle zu opfexn, müßte , mir ein Leichtes
werden“, murmelte ſie mit bitterem Gelbjtvormurf. „AlS
ich Lord Ormonds Werbung zurücmwies, ahnte ich nicht,
daß er zu Neberwachung meiner (Eltern einen Detektive in
%e'me_ Dienſte genommen hatte. © ich werde noch wahn-
innig! ;

Ihre Augen glühten fieberhaft und ihre Wangen waren
feichenblaß. Inmitten ihrer wilden Verzipeiflung hörte ſie
das Rafjeln des WagenS, mit dem Perkins zum Schloß
urücfuhr. Kaum war das Klirren auf dem _ hHolperigen
— verhallt, jo begann ſie mit einem der Seſſel gegen
die Thür zu poltern, um durch den Lärm Frau Bitt her-
beizurufen

Das Weib ließ nicht auf ſich warten. _

„Nun waͤs giebt e& denn, was wollen Sie? fragte
die Alte mürrijh. .„AUhH. und Sie baben auch die Feniter-
laden geöffnet? Dagegen hHabe ich zwar nichtS, aber dann
miüiffen Sie das Licht auslöfchen, ſonſt würde man von
jedem Boot aus die Gitter bemerken und das darf nicht
ſein.“

„So ſchlichen Sie die Laden wieder, das Licht behalte
ich, erklärte ſie kurz. * ;
* Fraͤl Bitt {chloß murrend und finſteren Blickes die
aden.

Sie keine Kinder Fran Bitt?” fragte Giralda
plötzlich.

„Nein und ich hin froh, datz ich von ſolchen Plage-
geiſtern befreit bin.“

(Sorifegung folgt.)


 
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