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Pfälzer Bote für Stadt und Land (29) — 1894

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Nr. 221 - Nr. 230 (29. September - 10. Oktober)
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8

— mit Ausnahme: der Sonn ı. Feiertage



Breis vierteljährlih DW, 1.20 ohne Trägerlohn 1u. Bolt-
aufſchlag Bellelungen bei den Boftanfktalten 1. bei der

(Sypedition Zwingeriiraße 7
_ NRedakteur ;






Anzeige-Blatt für die Amt3bezirle Heidelb
Eberhach : Sinsheim, Cppingen, Weinheint, Schwe
gen, Wiesloch, Bruchjal, Bretten, Vosbach! Buc
Zauberbiidhofsheim, Walldürn 2.. -
















1



Druck Muker, Geidelb., Zw





Iof. Cremerius, Haupiiir. 121‚ Heidelberg
* 7 * *

8* 7 3 .


S za —



Krieg mit Madagaskar?
Der Krieg der Franzojen gegen die Inſel Mada-
_ ga8car ſcheint wirklich der einzige Ausweg zu fein,
wenn Fraͤnkreich die Inſel nicht fahren laſſen mill.
Immerhin iſt dadurch auch dieſe „Frage“ in den
Vordergrund des öffentlichen Iutereffes gerückt wor-
den und wir geben unſexn Lefern zum richtigen Ver-
— ftändniß der Sachlage eine ausfiheliche Darlegung
der einſchlägigen Verhältniſſe. Nicht die eigentlichen
Bewohner der Inſel, ſondern die Engländer werden
den Franzoſen das meifte Kopfzerbrechen machen, denn
die Engländer ſtehen in dem Rufe, ein ſcharfes Auge
für die Plätze zu haben, die man als Stützpunkte
jür militäriſche Operationen zur See benutzen fann.








Bei dieſer Gewohnheit iſt der Verdacht nicht unde-
_ gründet, ſie möchten auch das, was ſie noch nicht

verzeichnen und jede Gelegenheit dazu benutzen, um





wärtig gegen Frankreich aufgelehnt. Die Infel zu
— nehmen, haben ſich nun aber die Franzoſen in den
Kopf geſetzt; freilich wollen die Madagaſſen nichts
von einer „Cultur“ wiſſen, und die Engländer meinen,
das Franzöſiſche nehne ſich in dem Munde der Hopas
weit weniger gut aus als 3. B. das Englijhe. Um
den Inſelbewohnern aber die gegentheilige Anficht bei-
zubringen, iſt Herr Myre de Vilers von Paris mit
einem Auftrage nach der Inſel geſendet worden; von
bloßen Worten aber verſpricht man ſich nicht viel, ı.
ſo ift man gleichzeitig beſtrebt, den Reden des frau-
zöſiſchen Abheſandten die nöthige Schärfe und die
berzeugende Wucht in Geſtält von Kanonen, Pan-
zern und Truppen, nachfolgen zu laſſen Dieſe, meint
man, würden ſchon bald den Inſulanern die nöthige
„Cultur“ beibringen. Aber die Englaͤnder, ſo ſagt
man und entrüſtet ſich darüber weidlich, wollen die
Gelegenheit benützen. die Hovas mit engliſchen SGe-
biſſen verſehen und in den Kriegswirren ſich ein feſtes
Piätzchen für ſich ſelbſt ausſuchen. Man iſt in Frank-
reich ſehr ungehalten über die Abreiſe mehrerer eng:
Liſcher Offiziere und Ingenieure nach Madagaskar u.
behauptet, England hätte ſeit einem Jahre 100,000

£Lajos, das Vindelkind.
Erzählung von A Marby.
26. Kapitel.

Am nächſtfolgenden Vormittage ;
Langeneck wieder im Dornburger Schloße Doch Ddiesmal
galt jein Beſuch nicht dem Bruder, ſondern ſeiner Braut.
— Sl8 er Hörte, ſie jei in den Vart gegangen, . ſuchle cr fie
— dort auf ihrem ihm Dbekannten Lieblingsplägdhen unter
_ einem weilſchaitenden Nargbaume auf; er lVeß ſich an
— Sylvia3 Seite nieder, und ihre Hand, naddem er Ddie«
— Jelbe Müchtig - an Teine Lippen geführt, fefthaltend,
fate er herzlich: „Endlihh mird mir wieder Ddie Zreude
— eine8 unverkümmerten ßet{qmmeniemß. zu Theil! Die

* der argen Bernadhlä hgu_ncg‚ meine arme SKleine,
— Ü nun- hoͤffenilich vorüber; ich moͤchte wohl wiffen,
Sylvia, ob Du meine Gegenwart zuweilen erfehnt haſt?⸗
Ich wußte ja,“ erwiderte ſie auzweichend mit ge-
fenfter. Stirn, „wie unentbehrlich Du bei — Du zu Haufe
warft.“ Er blickte forſchend in das blafje Gefichtchen, dem
ein-mübder Zug um den keinen Mund einen [remden Aus-
— Ddruck gab. Eine ſchmerzlich bittere Empfindung wallte in
— {Om auf, doch ſich beherridhend, verſchte er in theils be
_ jorgt, theils jherzhaft Kingendem Tone: Faſt Ideint es
_ mir, als ob Du einer kaum minder aufmerfjamen Pflege
bedürftig wärelt, als Ludwig! Was fehlt Dir, Sylvia?
“ “anr an, ich frage Dich als Arzt, und wenn Du mir

vauen wolltejt, dürfte e& am Ende meiner Heiltunit ge-
.Agen, auf Deine blei en_%angn die alten frijhen Rojen
. 4‚%r%iäguaäxßew.—“ Die gütigen Worte lockten Thräxen in
. vias Auaen; . ; 10r
* ſenkte ſich tiefer, und ihre Kalten SFinger, die ſie ihrem
Verlobten vergeblih zu entziehen verfuchte, zitterten heftig,
3 er mit eindringlidem Ernit von Heuem anhub:






































78)

2
2

* — —— i auf etwaz befinnend
angeneck hHielt, wie Plößlih ſi ; i innenD,
* Augenblick inne und führ dann fort: Dabei fällt

















Snidergewehre den Hovas verkauft. Bei dieftt Sach!
lage wird die franzöfifhe Regierung aufgefordert,
Herrn Vilers Redeerfolge nicht erſt abzuwarten, ſon-


ſetzen zu laſſen, um beim wirklichen Ausbruch der


gefaͤhrlichſten Gegner der frauzöſiſchen Schutzherrſchaft
werden die engliſchen wie überhaupt die proteſtanti-


ſtantismus iſt auf der Zaſel gar nicht vertreten. Nach
einer Aufſtellung des „Matin“ verfügen die prote-
ſtautiſchen Miſſionen über ein Jahresbudget von
900,000 Franken. ] ;
Seit Jahren, d. h. ſeit der am 5 Aug. 1890
erfolgten Anerkennung des am 17. Dezember 1885
Rauavalo Manjaka 11l. und
Frankceich abgeſchloſſenen Schutzvertrags, welcher
Fkraureich die Vertretung Madagaͤskars in allen aus-
wärtigen Beziehungen zugeſtanden hat, iſt die engliſche
Regierung bemüht geweſen, dem franzöſiſchen General-
reſidenten die Löſung ſeiner ohnehin recht ſchwierigen
Aufgabe nicht noch zu erſchweren. So oft die briti-

Vertreters Frankreichs in Tananarivo geſchehen. Dieſe
cotrecte Haltung der leitenden engliſchen Kreiſe ıft
denn auch von der offiziöſen franzöſiſchen Preſſe
mehrfach ausdrücklich anerkannt und der Gedanke, daß
ein kriegeriſches Vorgehen gegen die den Vertrag von
1885 mißachtenden Hovas (Einwohner der Inſeh in
London auf Widerſpruch ſtoßen könnte, als außerhalb
aller Berechnung liegend, auf das beſtimmteſte zurück-
gewieſen worden. — ©

Die angeblichen „engliſchen Machinationen und Iu-


Miſſionen und den engliſchen Geſchäftsleuten, die in
Madagas car feſten Fuß gefaßt und dann den ſpäter
gelommenen franzbſiſchen Concurrenten auf religiöſem
und auf dem Haudels-⸗Gebiet das Terrain mit Erfolg
ſtreitig gemacht haben. Den engliſchen Miſſionaren
iſt es gelungen, nicht nur die königliche Familie, ſon-
dern in ihrer Mehrheit auch die Augehörigen des auf
etwa 800,000 Köpfe geſchätzten herrſchenden Hovas.
Stammes dem Chriſteuthum zu gewinnen. Da

eine kleine Zahl Convertiten um ſich geſammelt haben,
und nicht allein das Kreuz, ſondern daneben auch
noch eine dem Eingeborenen wenig beliebte fremde
Fahne aufpflanzten/ ſo waren die madagaſſiſche Königin


und ihre Miniſter doppelt geneigt, ſtatt der Fraͤnzo
die Engländer als anſcheinend unparteiſche Berather aı
in politiſchen Angelegenheiten zu befragen. Zn
ſelben Maße, wie der Einfluß der engliſchen Miſſton
überwiegt auf Madagaskar auch der Einfluß
engliſchen Geſchäftsleute, der Rheder, der Handeltt
benden und Pflanzer. Daß die Vertreter des
Haͤndels ſich kein Gewiſſen daraus machen, der Ho
Regierung Waffen und Munition zu liefern, obw
ſie nicht im Zweifel daräber ſein können, daß diefelb
frühes oder ſpäter im Kampfe gegen franz. Trupp
zur Berwendung gelangen werden liegt auf der Hı
es iſt das für ſie ein Geſchäft wie ein anderes
zwar obenein ein ſehr gewinnbringendes. Durch
begreiflich iſt es andrerſejts aber auch, daß dief
Preſſe die Regierung Frankreichs dringend maht
mit dem militäriſchen Vorgehen gegen Madagaslı
wenn es doch einmal als unvermeidlich ſich er
nach Möglichkeit ſich zu beeilen und durch die Ver!
hängung einer wirkfamen Blokade dem engl. Waffeu-
handel unverzüglich ein Ziel zu ſetzen. *
Natürlich wird nach den Gepfloͤgenheiten der fra
zöſiſchen Zeitungen, die Unterſtützung, welche d
madagaſſiſchen Machthaber von engliſcher, nicht amt-
licher Seite erhalten, außerordentlich übertrieben, wie
man ſchon aus der Nachricht von den hunderttauſend
Snidergewehren und gewaltigen Munitionsmaſſen
kennen kann. Die radicalen und radieal ſozialiſtifck




























tiſchen
Blätter, die unzufrieden damit ſind, daß die —
erſt zum 23. d. M. wieder einberufen wurden, ſuchen
die Gelegenheit übrigens zu benutzen, um zwei Fi

gen mit einem Schlaͤge zu treffen Sie erklären der
Regierung, daß ſie angeſichts der Verwicklungen mit
Madagastar die Tagung der Kammern ſofort bẽginn
laſſen müſſe. Sollte ſie die für eine überſeeiſche €
pedition erforderlichen Gelder ohne zuvorige Beft
gung der Landesvertretung auswerfen und auf
Einholung einer nachträͤglichen Genehmigung ſich
ſchränken. ſo würde ſie verfaſſungsividtig hande
denn nichts hindert ſie, den Wiederzuſammentritt d

Kammer zu beſchleunigen. Wolle ſie dagegen wie
die regierungsfeindlichen franzoͤſiſchen Blätter au
führen, mit dem Beginn der Küſtungen für das Unt
nehmen gegen Madagaskar bis nach dem 23. Oktol
warten, ſo laufe ſie Gefahr, wichtige Staatsintereſſ
zu gefaͤhrden und den Truppen die Aufgabe, welche
ſie zu löſen haben würden, erheblich zu erſchweren
Es gebe nur ein Mittel, um aus dieſer Sackgaſſe





herauszukommen: die ſofortige Einberufung der
Volksvertreter. 8 —
















auf eine Srage, wichtig genug, ſie nochmals zu wieder-
holen: Haͤſt Du mir nichts verheimlicht, als Du meine
Braut wurdeſt? Gab e3 nichts in Deinem VBorleben, von


erbebte; jhon wollte ſie, im Bewußtjein ihrer Schuld/ vor


glaubte ſie des Vaters fchmerzlihH vyrwurfsyollen Vlick zu
fühlen: * durſte ihr Gelübde nicht brechen „Nein !“
flüjterte ſie kaum verftändlihH. Der Freiherr, dem SyWwiaz
Kampf zwiſchen ihrer Wahrheitsliebe und Kindespflicht
nicht entging, hatte keine andere Autwort erwartet „Sylvia




Sie zuckte zujammen und hob die weit geöffneten Augen
mit dem Auzdruck ſtarren Entjeken3 zu iYym empor. Wer
— wer hat Dir verrathen? ſtammelte fie mühſam.

Wer? Abex Kind —“, unterbrad) er fih mit der
ganzen ihm zu Gebote ſtehenden Milde in Blid und Ton,
„Du zitterit ja, als ob meine Nähe Dir Furcht einjage, und
ich wünſchẽ doch vor Allen, Du erblictelt in mir Deinen
beſten Freund, von dem Du wüßtelt, daß Dein Gluck ihm
höher itehe, als ſein eigenes. Sei überzenat liebe Sylvia,
Hätte ich im entfernteſten geahnt, was ich erſt geſtern von
Deinem Bater Hörte, nie wäre e& mir in den Sinn ge-
fommmen, die Hand begehrend nach Dir auszufjtreden.“
Ein leiſer Auffhrei war Sylvias Lippen entflohen. „Mein
Vater?! Er — geſtand Dir — ; }

„Alles, Sylvia — Alles !” — „Und Du wendelt Dich
nicht zornig von mir ab?” Sie machte eine Bewegung,
als wollte ne ihn zu Iüßen ſinken Der Freiherr umfaßte
die zitternde Gejtalt, und als das Mädchen, in leifes
Weinen ausbrehend, iüren Kopf wie Schuß judjend an
ſeine Bruft Jhmieate,. rich er fanft Uber ihr blondes
Haar und fagte bewegt:; „Mein armer Liebling, wie konnte
i Dih über. Deinen Ohfermuth Dder. meine
Bewunderung verdient, zuruen? Der einzige Tadelnzwerihe
i{t dein VBater.“ — „VBergib ihm! Er fehlte aus Liebe zu
Dir — vergib !” flehte Sylvia in ergreifendem Tone.
„Wenn Papa Dir alles geftanden hHat, dann weißt Du



macdhen — }



„ „SONn verleitete, eine neue, biel ſchwerere Schuld auf
ſich zu laden, die um ein Haar das Gluck zweier Mens
ſchen vernichtet hätte !“ fiel der Freiherr duͤſter ein. „Was
haͤtte entſtehen koͤnnen, wenn ich durch einen Zufall zu {püt.
erfuhr, durch welchen graujamen Zwang Du — ja, Kind,
e8 gibt Dafür fein milderes Wort — Du meine Frau ge-
worden wärelt !” *— „O, glaube mir doch,“ ſchluchztẽ das ge-
quälte Mädchen,„daß es mir heiliger Ernit war, Dich
alücklich zu madhen !® —— 8 8
„Daran zweifle ich nicht! verfeßte der 244 mit
gewaltſam beherrſchter weicher Stimme „Aber, meine
Pflicht iſt rtauh, mit mehr

gute Sylbia, der Weg der f
Du 3zu ahnen vermagit. D warſt












Dornen befäet, als Du 31
freilich darauf muthig weiter gewandelt, mit einem Lächetn
auf den Lippen, aber heimlich hätteſt Du Dich verblutet,
denn je * die menſchliche MNatur, deſo ſchverer ver-
glühen einit genährte hHeiße Herzenswüniche. Mein armes,
fheueres Kind! Wie ſchrecklich magit Du Teit jener furdht-
baren Nacht, die von Dir das jhwerfte Kindesgyfer foͤr⸗
dexte, gelitten Haben! Gar mancher ſeit unſerer Berlobung
mich fremd anmulhende Zug in Deinem Weſen it mir
jetzt erklärt. Vielleicht, fügte er hinzu, „Jhenkit Du mir
nun volles Vertrauen wenn ich Dich bitte, einen noch dunk-
len Puntt, über welchen Du Näheres wijjen dürfteft, aufs
zuflären.“ — „Alles, was Du verlangit, Onkel Ludwig !“ —
Nun. denn, liebes Kind, haft D eine Ahnung, wie e&
fam, daß da3 verhängniBvolle, taujendmal gejegnete Me-
daillon, vielmehr. die Medailonhälite . mit meinem
Zugendhilde/ genau an derſelben Stelle, wo Du ohnmäch-
tig zu Boden gefunken warſt, gefunden wurde? Am beften
dürfte dies allerdings Ludwig erklaͤren fonnen, aber der it
noch zu ſchwach um ohne Gefahr fr ſich die mich hoch

intereſſirende Frage zu beantworten.

Ein Dheftiger Schauer durchzuckte die zarte Nadchen-
geftalt. Selünden vergingen - in athembeklemmendem.
Schweigen. Endlich hob Sylvia die thraͤnenſchwercn
Augen zögernd zu Onkel Ludwig empor; was e in





/ feinem gütigen, bewegten Antlitz leſen mochte, gab ibr



 
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