Lew!'
TamStag, »en 8. Juli ISSt
Ärrs Msr Wett
Zur Frage der Sntertunnelu ng Berlins
Baurat Remy vor der Presse.
Berlin, 8. Juli. Das außerordentliche Jn-
ter-esse, das der von der Reichsbahn beschlossene
Bau emes Verbindungstunnels vom A n -
Halter zum Stettiner Bahnhof in
der Öffentlichkeit gefunden hat, hatte die
Reichsbahndirektion Berlin veranlaßt, die
Presse zu einer Besprechung einzuladen. Ban-
rat Remy, der mit einem großen Mitar-
beiterstab die Einzelheiten des Baues dieser
unterirdischen Nord-Süd-Bahn ausgearbeitet
hat, machte dabei folgende Ausführungen:
Die Verbindungsbahn soll so verlaufen, daß
den Fernreisenden, die auf dem Anhalter
Bahnhof und dem Potsdamer Bahnhof an-
kommen, Gelegenheit geboten wird, auf schnell-
stem Wege nach den Fernbahnhösen, der Stadt-
bahn, dem Lehrter Bahnhof und dem Stet-
tiner Bahnhoif zu kommen. Ferner soll bannt
eine mittelbare Verbindung der westlichen und
östlichen Vororte über den Umsteigebahnhof
Friedrichstraße mit dem Anhalter Bahnhof
und dem Stettiner Bahnhof erreicht und
schließlich soll eine unmittelbare Verbindung
der südlichen und nördlichen Vororte und deren
Verbindung wieder mit der Innenstadt ge-
schaffen werden.
Außerdem ist die Möglichkeit vorgesehen,
Ringzüge in -die Verbindungsbahn einzu-
führen. Die Linie wird vom Anhalter über
den Potsdamer Bahnhof Unter den Linden
zum Bahnhof Friedrichstraße und von dort
zum Stettiner Bahnhof geführt.
Die Tunnelstrecke wird vom Anhalter bis
zum Stettiner Bahnhof etwa 5,5 Kilometer
betragen. Die einzelnen Zwischenbahnhöfe sol-
len durchschnittlich 729 Meter von einander
entfernt liegen. Der Tunnel wird zweigleisig
und in 1^ facher Tieflage angelegt werden, um
einen Zwischen-stock für eine Querverbindung
zu den Gleisen zu ermöglichen. Die selbsttätige
Signaleinrichtung wird eine Zugfolge von 40
Zügen in der Stunde in jeder Richtung gestat-
ten. Die ganze Bahnanlage wird durch zwei
neue Unterwerke in der Nähe des Potsdamer
Platzes und des Stettiner Bahnhofes gespeist.
Diese Unterwerke werden unterirdisch angelegt
und ferngesteuert werden.
Die Gesamtkosten des Baues sind uns
140 Millionen RM. veranschlagt worden. Die
Bauzeit soll vier Jahre betragen. Durch den
Bau wird für 20 000 Menschen auf die Dauer
von mehr als vier Jahren Arbeitsmöglichkeit
vorhanden sein.
Irr Zvd in den Bergen
Ludwigshafener Ehepaar tödlich abgestürzt
Tegernsee, 8. Juli. Zwei Väckergehilfen,
sie einen Ausflug auf den Rehberg unter-
nahmen, fanden 50 Meter unter dem Gipfel
zwei Tote, auf. Die männliche Leiche lag un-
gefähr 120 Meter von der weiblichen Leiche
entfernt. Bei den Toten handelt es sich um das
Ehepaar Oberpostinspektor Ludolf Wolf
aus Ludwigshafen.
Die beiden Ehegatten weilten in Rottach
zur Kur. Sie sind infolge eines Fehl-
tritts abgestürzt. Beide haben Knochen-
brüche, innere Verletzungen sowie Eenickbrüche
erlitten.
Zwei Tote.
Innsbruck, 8. Juli. Der 20jährige Han-
delsakademiker Franz Eud von hier, der
von einem Ausflug auf die Nock-Spitze nicht
zurückgekehrt war, ist am Nordabhang des
Berges tot aufgefunden worden. Der junge
Mann war beim Vlumenpflllcken über eine 25
Meter hohe Felswand gestürzt.
Der 31jährige Betriebsleiter der Wiener
Gaswerke, Alfred Vogl, hatte am Montag
den Bettelwurf bei Hall bestiegen, Dabei
hatte er ein Schneebrett losgetreten und war
mit diesem bis etwa 400 Meter unterhalb
des Gipfels tödlich abgestürzt.
Die Leichen der beiden Verunglückten konn-
ten bereits geborgen werden.
Lawine tötet vierköpfige Familie
Gosau (Steiermark), 8. Juli. Dr. Behuslav
Feierabend aus Graz wurde am Don-
nerstag mit seiner Frau und seinen zwei Kin-
dern am Linzerweg im Dachsteingechiet durch
eine LlMine getötet.
Eine Bergungsexpedition bringt die Leichen
hierher nach Eosau.
hervorgezogen. Der Tot» trat wenig« Augen-
blicke später ein.
— In einem Wassersaß ertrunken. In der
Kleingartensiedlung „Erdbaublock" in Frank,
furt a. M. fiel ein Kind in ein Faß, das
Wasser zum Gießen enthielt. Als die Groß-
mutter -das unglückliche Kind sand, war es
schon ganz blau und leblos. Wiederbelebungs-
versuche hatten keinen Erfolg.
— Der Fuldaer Bischof wiederhergestellt.
Der Bischof von Fulda, der, wie gemeldet
wird, auf einer Firmungsreise erkrankt war
und sich in Marburg einer Operation hatte
unterziehen müssen, ist soweit hergestellt, daß
er nach Fulda zurückkehren konnte.
— Kind in der Jauchegrube umgekommen.
Das 21s jährige Töchterchen eines Landwirtes
in Gierhofen (Westerwald) machte sich an
der Jauchegrube eines Nachbarhauses zu schaf-
fen. Das Kind bekam dabei das Uebergewicht
und stürzte in die Grube. Es konnte nur als
Leiche geborgen werden.
— Berufung eines deutschen Forstmannes
nach China. Die chinesische Zentralregierung
in Peking hat den aus Rott am Inn stammen-
den Forstrat Dr. Fenzel mit der überaus
weittragenden Aufgabe der Aufforstung vor-
mals bewaldeter Gebiete in China beauftragt.
Dr. Fendel, der sich in den Jahren 1927/30
während seiner Tätigkeit als Dozent an der
Forstakademie in Kanton einen bedeutenden
Nalen gemacht hat, befindet sich -bereits zur
Vorbereitung seiner Arbeit im Stromgebiet
des Hoangho.
— Vom Prager Jesukind. Die Küche
„Maria vom Siege" zu Prag, in der sich oas
weltberühmte Gnadenbild des „Prager Jesu-
leins" befindet, bedarf dringend einer Restau-
rierung. Der Prager Erzbischof Dr. Kaspar
hatte -bereits kurz nach seiner Ernennung in
einem eigenen Hirtenbrief darauf hin-bewi'es-en,
daß die Verehrung dieses Gnadenbildes in
Prag selbst wieder mehr gepflegt werden follw,
nachdem sie auf der ganzen Erde so verbrenet
ist. Infolge dieser Anregung wird jetzt die
Prager Katholische Aktion alles daransehen,
um der Gnadeniirche wieder ein würdiges
Gewand -geben zu können.
— In den Bergen Siebenbürgens von Bären
überfallen. Der Einbruch von Kälte und
Schlechtwetter in Rumänien hat zu Schnee-
fällen in -den siebenbürgischen Bergen geführt.
In -der Nähe von Kronstadt würden Aus
flügler vom Schneetreiben überrascht. Als sie
in einer Schutzhütte Zuflucht suchen wollten,
wurden sie von zwe: Bären, die gleichfalls in
die Hütte geflüchtet waren, überfallen. Zwei
Frauen stürzten bei der Flucht in ein.m
Abgrund und konnten erst am nächsten Mor-
gen schwer verletzt -geborgen werden.
— Kraftverkehrstafeln als Halsschmuck. D«r
englische Automobilklub von Ostafrika hat
während der letzten Jahre im gesamten Gebiet
Ostafrikas 22 000 bemalte Wegweiser, War-
nungstafeln usw. für den Kraftverkehr an-
bringen lassen. Die Farben hielten jedoch den
tropischen Witterungseinflüssen nicht stand und
so ersetzte man sie dur Metallbuchstaben und
Zeichen. Soweit war alles in bester Ordnung.
Man hatte aber nicht mit den Eingeborenen
gerechnet. Diese betrachteten nämlich die Buch-
staben als ein hochwillkommenes Geschenk der
Vorsehung, um sich damit zu schmücken. Man
kann jetzt in den Dörfern Neger sehen, die mit
Stolz ein halbes Dutzend Metallbuchstaben an,
einer Halskette tragen.
— Alttestamentarische Fresken am Euphrat.
Bei der Fortführung der Ausgrabungen über'
der antiken Stadt Dura-Europas am
Euphrat ist eine -große Synagoge miQ
Wandmalereien freigelegt worden. Das Bau-
werk -ist in den Jahren 244-45 n. Ehr. errichtet -
und gegen 256 von den Persern zerstört wor-!
den, doch hatte man die Fresken vorher durch
Mauern aus Ton und ungebrannten Back-
steinen -geschützt, so daß sie unversehrt auf-
gefunden werden konnten. Sie bedecken in dem-
großen B-etfaal eine Gesamtfläche von 100,
Quadratmeter und stellen Szenen aus dem
Alten Testament dar.
— Beweise grauenvollen Elends. Nach einer
von der Stadt -Schanghai veröffentlichten
Statistik wurden im vergangenen Jahre etwa
1 0 0 0 0 Leichen auf unbebauten Grund-
stücken, in den Kanalif-ationsanllagsn nfw. auf-
gefunden. Es handelt sich z-um Test um ver-
hungerte Einwohner, meist aber um Kinder-
weiblichen Geschlechts, die von mittellosen El-
tern ausgesetzt worden -warm. Ein Zeichen -für,
die ungeheure Verelendung der -Bevölkerung.
— Deutsch als Fremdsprache in Japan. Es
dürfte wenig bekannt fein, daß in Japan
Deutsch als erste Fremdsprache gelehrt wird.
An 125 Hochschulen, höheren Lehranstalten
und Fachschulen wird deutscher Unterricht er-"
teilt. An vielen anderen Schulen ist Deutsch
-als Wahlfach eing-eführt worden.
— Photozellen im Druckereibetrieb. Bereits
heute wird die Photozelle, insbesondere in Ame-
rika, für etwa 15 verschiedene Zwecke m Druk-
kereien und Papi-erfabrik-sn verwendet. Solche
Anwendungs-gMete sind z. B.: Automatisches
Setzen von Manuskripten auf der -Setzmaschine,
Herstellung von druck-fähigen Klischees, selbst-
tätiges Stillse-tz-en von Maschinen, »vsnn d-i«
Papierbah-n reißt, Zählen von Papierbo-g-e-n usw.,
Farbwertbestimmu-ng von Druckfarben -und Pa-
pieren, Messen des Glanzes des Papiers und
als Sicherh-eitsvorrichtung an Pressen sowie
Pap-ierschne idemas ch-in-en.
Niesrr MNrr» Munden
Moskau, 7. Juli. Ein russischer Funkspruch
aus Nowosibirsk teilt mit, daß ein russischer
Dampfer, der den Fluß Aue zirka in Ost-
sibirien befährt, auf ein Flugzeug
unbekannter Nationalität gestoßen sei, das
von dem Kapitän des Schisses später als die
Maschine des verschollenen amerikanischen
Weltfliegers Mattern habe festgestellt
werden können. Nähere Einzelheiten wur-
den nicht mitgeteilt.
Auf Veranlassung der sowjetrufsischen Re-
gierung sind sofort zwei russische Flieger ge-
startet, um festzustellen, ob es sich tatstichUck,
um Mattern handelt. Hier in Moskau ist
man zunächst noch skeptisch, weil der Fluh An-
degirka nicht auf dem Wege liegt, den Mattern
auf seinem Fluge nach der Vehringsee ein-
schlagen wollte.
Mattern vollkommen Mmd
Moskau, 7. Juli. Der amerikanische Flie-
ger Mattern befindet sich vollkommen
gesund in Anadirchutka in Sibirien.
Seit Matterns Abflug von Chararowsk
nach Alaska am 12. Juni hatte man nichts
mehr von ihm gehört.
ErnMles BergwerMngM m
ReM-Mausen
Zwei Bergleute ums Leben gekommen.
Recklinghausen, 7. Juli. Am heutigen Frei-
tag, dem Tage der Beisetzung der zwölf Todes-
opfer des Explofionsunglücks auf der Zeche
„General Blumenthal", wurden im unter-
irdischen Betrieb der hiesigen Zeche „König
Ludwig" zwei Bergleute durch das infolge Ge-
birgsdruckes hereinbrechende Hangende ver-
schüttet. Während der eine, der 48 Jahre alte
August Kaiser, auf -der Stelle tot war, er-
lag der zweite, der 28jährige Stanislaus
Ke dz ix, feinen schweren Verletzungen kurz
nach der Einlieferung ins Krankenhaus.
Beide Bergleute waren verheiratet und hin-
terlassen außer den Frauen fünf Kinder bezw.
ein Kind. Die bergpolizeiliche Untersuchung ist
alsbald eing-eleitet worden.
Mlm zwei Todesurteile
Berlin, 8. Juli. Das -Schwurgericht beim
Landgericht U verturteilte gestern den 30 Jahre
alten Kaufmann Friedrich Mann und den
29jährigen Kellner Alfred Schulz wegen
gemeinschaftlichen Mordes in Tateinheit mit
gemeinschaftlichem schwerem Raub mit Todes-
erfolg zum Tode und zu lebenslänglichem Ehr-
verlust.
Die Angeklagten überfielen am 22. Oktober
1932 die 75jähri-ge Frau Kö nicke in ihrer
Wohnung, fesselten sie und knebelten sie. Sie
raubten -dann 300 Mark und ließen die alte
Frau hilflos liegen, so daß sie erstickte. In
seiner Begründung führte der Vorsitzende aus,
das Gericht sei zu der Ueberzeugung gekom-
men, daß die Angeklagten vorha-tten, einen
Mord zu begehen, denn die Knebelung sei so
erfolgt, daß der Tod eintreten mußte.
Bier Kinder ertrunken
Zwei beim Baden . .
Mindelheim (Rb. Schwaben), 7. Juli. Ge-
stern nachmittag badeten in der Wertach bei
Türkheim drei noch schulpflichtige Mädchen,
die des Schwimmens unkundig waren. Plötz-
lich gerieten sie an eine tiefe Stelle.
Während ein Mädchen durch den Papier-
fabrikarbeiter Sches -gerettet werden konnte,
wurden die beiden Schwestern, Dora Zech, acht
Jahre alt, und Therese Zech, 12 Jahre alt,
vom Waste abgetrieben und fanden den Tod
in den Fluten.
. . . und zwei bei einem Bootsunglück.
Warnemünde, 8. Juli. Gestern nachmittag
ereignete sich hier auf -dem Breitling ein Segel-
bootunglück, bei dem zwei Kinder ertranken.
Der' sofort an die Unfallstelle beorderte
Taucher konnte die Leichen bergen.
Der Tod wird gefilmt
Paris, 8. Juli. Ein Opfer des Films ist
der 29jährige italienische Flieger Bistardo
geworden, -der gestern nachmittag mit dem
Flugzeug seines Freundes in der Nähe von
Versailles Kunstflüge ausführ-te, die gefilmt
wurden. Sei es nun, daß der Flieger bei der
Ausführung eines Loopings für einen Augen-
blick die Geistesgegenwart verlor, sei es, daß
das Flugzeug -den Luftdruck nicht mehr auS-
hielt, Tatsache ist jedenfalls, daß sich -der Ap-
parat nicht mehr aufrichtete und abstürzte, im-
mer unter den Augen des Filmoperateurs und
bei laufender Kamera.
Zuerst glaubte der Filmoperateur an ein be-
sonders waghalsiges Bravourstück -des Fliegers,
bis schließlich der Apparat auf den Boden aus-
schlag. Der Flieger wurde unter den Trüm-
mern der Maschine mit einem Schädel-bruch
und zahlreichen schweren inneren Verletzungen
Monatlich 1W0 Vermißte in Deutschland
12000 Benschen werden gesucht!
Wie die Polizei die Vermißten lucht
2m Jahre 1931 wurden mehr als 4090 Men-
schen aller Altersstufen in Berlin als verschol-
len gemeldet. In einem Interview gab der
verdienstvolle Leiter der Berliner Vermißten-
zentrale, Kriminalkommissar Bender, einem
Journalisten einen Einblick in die schwierige
Arbeit der Polizei, den Verbleib der Vermiß-
ten aufzuklären.
Ein Meusch wird ermißt. Man sucht in der
Nachbarschaft, im Geschäft; man -fragt bei Ver-
wandten und Bekannten. Die Polizei forscht.
Freunde und Berufskollegen werden verhört,
Krankenhäuser und Asyle nach dem Vermißten
abgesucht. Der Polizeifunk spielt. Alle deut-
schen Polizeistellen, Grenzbahnhöfe und Häsen
nehmen das Signalement auf, geben es weiter
an die kleinsten Polizeireviere; im Kriminal-
Polizeiblatt, das bis in die entferntesten Win-
kel dringt, wird der Verschollene -beschrieben.
Unter falschem Namen.
Aber war er wirklich so gekleidet? Und hat
der Vermißte vielleicht den Namen gewechselt,
wie man in ein neues Kleid schlüpft? Bor
sieben Jahren verschwand aus einer mittel-
deutschen Stadt ein Mädchen, die Tochter eines
kleinen Beamten. Nach sieben Jahren ermit-
telte man sie in Berlin, wo sie sich unter
falschem Namen aufhielt.
Durchschnittlich verschwinden in Deutschland
monatlich tausend Menschen, Kinder, Jugend-
liche, Erwachsene. Das sind tausend Schicksale
voll Not und Verzweiflung, Angst und -Sorge,
Hilflosigkeit und Verbrechen.
Die Arbeit der Polizei.
Die Mehrzahl der Vermißten findet glück-
licherweise rasch nach Hause zurück. Man kann
damit rechnen, daß von tausend Vermißten
achthundert schon innerhalb von 14 Tagen aus-
gefunden werden; hundert entdeckt man erst
nach Wochen und Monaten, achtzig nach Jah-
ren und Jahrzehnten. Zwanzig 'müssen aber
endgültig ihrem Schicksal überlassen bleiben,
weis bei ihnen auch der letzte Rest der Hoff-
nung ans eine Wiederkunft verschwunden ist.
In der Vermißtenzentrale des Berliner Po-
lizeipräsidiums laufen ununterbrochen An-
zeigen aus -dem ganzen Reich ein.
Aus allen Erdteilen kommen De-
peschen.
Die Polizei forscht -nach den angeblich Ver-
mißten, sobald sie den begründeten Verdacht
hat, daß sie das Opfer eines Verbrechens
oders eines Unfalls -geworden sind. Bei
Kindern und Jugendlichen besteht zudem in
der Regel die Besorgnis, -daß sie hilflos sino.
Warum verschwindet der Mensch?
Zu Beweggründen, die es immer gegeben
hat, haben sich neue -gesellt, die aus den W'.rren
und der Not -der letzten Jahre zu erklären sind.
Da ist die Politik, -welche -die Familie zer-
stört und Vater und Sohn entzweit. Eines
Tages verschwindet der Sohn; nüchtern weitz-
d-er Polizeibericht zu melden: Selbstmord.
Solche Fälle sind an der Tagesordnung. Wäh-
rend die französische Fremdenlegion vor
dem Kriege auf die Arbeit ihrer Werber an-
gewiesen war, strömen ihr heute -die Menschen
freiwillig zu.
Vor dem Kriege war das Verschwinden
Jugendlicher eine Seltenheit, heute ist
es häufig. Zehnjährige und Zwölfjährige trei-
ben sich wochenlang auf -dem Lande umher,
nähren sich von Kohlrüben, schlafen im Heu
und kein Gendarm kommt ihnen auf die Spur.
Dann gibt es Schicksale, die schlechthin unver-
ständlich sind. Da ist ein hübsches junges Mäd-
chen, dem das Leben alles gibt, was man von
ihm verlangen kann: Glück im Beruf und in
der Liebe. Sie reist in die Schweiz, wird ver-
mißt und schließlich als Leiche aus dem Genfer
See geholt. Ein anderes Mädchen sucht frei-
willig den Tod, weil es seiner Putzsucht nicht
mehr genügen kann. -Sexuelle Beweggründe
spielen in der Praxis der Vermißtenzentra-e
eine große Rolle. Täglich werden bei Razzien
der Polizei in den Kaschemmen Jugendliche
au-fgegriffen, die sich aus Furcht vor der
Schule verborgen halten.
Es gibt tausend Motive für das Verschwin-
den. 30 bis 40 unbekannte Tote -werden jeden
Monat in Deutschland gefunden, meist Selbst-
mörder. Es sind Vermißte, die der Polizei die
-größten Rätsel ausgeben! Da war ein -guterhal-
tenes Skelett, -das an „besonderen Kennzeichen"
lediglich eine Plombe im guterha-ltenen Gebiß
aufwies. Nach dreivierteljähriger Arbeit Hal
ein Berliner Beamter das Meisterstück fertig
gebracht und an Hand der Plombe die Per-
sonalien fest-gestellt.
G. Basinger in der „Frks. Zig."
TamStag, »en 8. Juli ISSt
Ärrs Msr Wett
Zur Frage der Sntertunnelu ng Berlins
Baurat Remy vor der Presse.
Berlin, 8. Juli. Das außerordentliche Jn-
ter-esse, das der von der Reichsbahn beschlossene
Bau emes Verbindungstunnels vom A n -
Halter zum Stettiner Bahnhof in
der Öffentlichkeit gefunden hat, hatte die
Reichsbahndirektion Berlin veranlaßt, die
Presse zu einer Besprechung einzuladen. Ban-
rat Remy, der mit einem großen Mitar-
beiterstab die Einzelheiten des Baues dieser
unterirdischen Nord-Süd-Bahn ausgearbeitet
hat, machte dabei folgende Ausführungen:
Die Verbindungsbahn soll so verlaufen, daß
den Fernreisenden, die auf dem Anhalter
Bahnhof und dem Potsdamer Bahnhof an-
kommen, Gelegenheit geboten wird, auf schnell-
stem Wege nach den Fernbahnhösen, der Stadt-
bahn, dem Lehrter Bahnhof und dem Stet-
tiner Bahnhoif zu kommen. Ferner soll bannt
eine mittelbare Verbindung der westlichen und
östlichen Vororte über den Umsteigebahnhof
Friedrichstraße mit dem Anhalter Bahnhof
und dem Stettiner Bahnhof erreicht und
schließlich soll eine unmittelbare Verbindung
der südlichen und nördlichen Vororte und deren
Verbindung wieder mit der Innenstadt ge-
schaffen werden.
Außerdem ist die Möglichkeit vorgesehen,
Ringzüge in -die Verbindungsbahn einzu-
führen. Die Linie wird vom Anhalter über
den Potsdamer Bahnhof Unter den Linden
zum Bahnhof Friedrichstraße und von dort
zum Stettiner Bahnhof geführt.
Die Tunnelstrecke wird vom Anhalter bis
zum Stettiner Bahnhof etwa 5,5 Kilometer
betragen. Die einzelnen Zwischenbahnhöfe sol-
len durchschnittlich 729 Meter von einander
entfernt liegen. Der Tunnel wird zweigleisig
und in 1^ facher Tieflage angelegt werden, um
einen Zwischen-stock für eine Querverbindung
zu den Gleisen zu ermöglichen. Die selbsttätige
Signaleinrichtung wird eine Zugfolge von 40
Zügen in der Stunde in jeder Richtung gestat-
ten. Die ganze Bahnanlage wird durch zwei
neue Unterwerke in der Nähe des Potsdamer
Platzes und des Stettiner Bahnhofes gespeist.
Diese Unterwerke werden unterirdisch angelegt
und ferngesteuert werden.
Die Gesamtkosten des Baues sind uns
140 Millionen RM. veranschlagt worden. Die
Bauzeit soll vier Jahre betragen. Durch den
Bau wird für 20 000 Menschen auf die Dauer
von mehr als vier Jahren Arbeitsmöglichkeit
vorhanden sein.
Irr Zvd in den Bergen
Ludwigshafener Ehepaar tödlich abgestürzt
Tegernsee, 8. Juli. Zwei Väckergehilfen,
sie einen Ausflug auf den Rehberg unter-
nahmen, fanden 50 Meter unter dem Gipfel
zwei Tote, auf. Die männliche Leiche lag un-
gefähr 120 Meter von der weiblichen Leiche
entfernt. Bei den Toten handelt es sich um das
Ehepaar Oberpostinspektor Ludolf Wolf
aus Ludwigshafen.
Die beiden Ehegatten weilten in Rottach
zur Kur. Sie sind infolge eines Fehl-
tritts abgestürzt. Beide haben Knochen-
brüche, innere Verletzungen sowie Eenickbrüche
erlitten.
Zwei Tote.
Innsbruck, 8. Juli. Der 20jährige Han-
delsakademiker Franz Eud von hier, der
von einem Ausflug auf die Nock-Spitze nicht
zurückgekehrt war, ist am Nordabhang des
Berges tot aufgefunden worden. Der junge
Mann war beim Vlumenpflllcken über eine 25
Meter hohe Felswand gestürzt.
Der 31jährige Betriebsleiter der Wiener
Gaswerke, Alfred Vogl, hatte am Montag
den Bettelwurf bei Hall bestiegen, Dabei
hatte er ein Schneebrett losgetreten und war
mit diesem bis etwa 400 Meter unterhalb
des Gipfels tödlich abgestürzt.
Die Leichen der beiden Verunglückten konn-
ten bereits geborgen werden.
Lawine tötet vierköpfige Familie
Gosau (Steiermark), 8. Juli. Dr. Behuslav
Feierabend aus Graz wurde am Don-
nerstag mit seiner Frau und seinen zwei Kin-
dern am Linzerweg im Dachsteingechiet durch
eine LlMine getötet.
Eine Bergungsexpedition bringt die Leichen
hierher nach Eosau.
hervorgezogen. Der Tot» trat wenig« Augen-
blicke später ein.
— In einem Wassersaß ertrunken. In der
Kleingartensiedlung „Erdbaublock" in Frank,
furt a. M. fiel ein Kind in ein Faß, das
Wasser zum Gießen enthielt. Als die Groß-
mutter -das unglückliche Kind sand, war es
schon ganz blau und leblos. Wiederbelebungs-
versuche hatten keinen Erfolg.
— Der Fuldaer Bischof wiederhergestellt.
Der Bischof von Fulda, der, wie gemeldet
wird, auf einer Firmungsreise erkrankt war
und sich in Marburg einer Operation hatte
unterziehen müssen, ist soweit hergestellt, daß
er nach Fulda zurückkehren konnte.
— Kind in der Jauchegrube umgekommen.
Das 21s jährige Töchterchen eines Landwirtes
in Gierhofen (Westerwald) machte sich an
der Jauchegrube eines Nachbarhauses zu schaf-
fen. Das Kind bekam dabei das Uebergewicht
und stürzte in die Grube. Es konnte nur als
Leiche geborgen werden.
— Berufung eines deutschen Forstmannes
nach China. Die chinesische Zentralregierung
in Peking hat den aus Rott am Inn stammen-
den Forstrat Dr. Fenzel mit der überaus
weittragenden Aufgabe der Aufforstung vor-
mals bewaldeter Gebiete in China beauftragt.
Dr. Fendel, der sich in den Jahren 1927/30
während seiner Tätigkeit als Dozent an der
Forstakademie in Kanton einen bedeutenden
Nalen gemacht hat, befindet sich -bereits zur
Vorbereitung seiner Arbeit im Stromgebiet
des Hoangho.
— Vom Prager Jesukind. Die Küche
„Maria vom Siege" zu Prag, in der sich oas
weltberühmte Gnadenbild des „Prager Jesu-
leins" befindet, bedarf dringend einer Restau-
rierung. Der Prager Erzbischof Dr. Kaspar
hatte -bereits kurz nach seiner Ernennung in
einem eigenen Hirtenbrief darauf hin-bewi'es-en,
daß die Verehrung dieses Gnadenbildes in
Prag selbst wieder mehr gepflegt werden follw,
nachdem sie auf der ganzen Erde so verbrenet
ist. Infolge dieser Anregung wird jetzt die
Prager Katholische Aktion alles daransehen,
um der Gnadeniirche wieder ein würdiges
Gewand -geben zu können.
— In den Bergen Siebenbürgens von Bären
überfallen. Der Einbruch von Kälte und
Schlechtwetter in Rumänien hat zu Schnee-
fällen in -den siebenbürgischen Bergen geführt.
In -der Nähe von Kronstadt würden Aus
flügler vom Schneetreiben überrascht. Als sie
in einer Schutzhütte Zuflucht suchen wollten,
wurden sie von zwe: Bären, die gleichfalls in
die Hütte geflüchtet waren, überfallen. Zwei
Frauen stürzten bei der Flucht in ein.m
Abgrund und konnten erst am nächsten Mor-
gen schwer verletzt -geborgen werden.
— Kraftverkehrstafeln als Halsschmuck. D«r
englische Automobilklub von Ostafrika hat
während der letzten Jahre im gesamten Gebiet
Ostafrikas 22 000 bemalte Wegweiser, War-
nungstafeln usw. für den Kraftverkehr an-
bringen lassen. Die Farben hielten jedoch den
tropischen Witterungseinflüssen nicht stand und
so ersetzte man sie dur Metallbuchstaben und
Zeichen. Soweit war alles in bester Ordnung.
Man hatte aber nicht mit den Eingeborenen
gerechnet. Diese betrachteten nämlich die Buch-
staben als ein hochwillkommenes Geschenk der
Vorsehung, um sich damit zu schmücken. Man
kann jetzt in den Dörfern Neger sehen, die mit
Stolz ein halbes Dutzend Metallbuchstaben an,
einer Halskette tragen.
— Alttestamentarische Fresken am Euphrat.
Bei der Fortführung der Ausgrabungen über'
der antiken Stadt Dura-Europas am
Euphrat ist eine -große Synagoge miQ
Wandmalereien freigelegt worden. Das Bau-
werk -ist in den Jahren 244-45 n. Ehr. errichtet -
und gegen 256 von den Persern zerstört wor-!
den, doch hatte man die Fresken vorher durch
Mauern aus Ton und ungebrannten Back-
steinen -geschützt, so daß sie unversehrt auf-
gefunden werden konnten. Sie bedecken in dem-
großen B-etfaal eine Gesamtfläche von 100,
Quadratmeter und stellen Szenen aus dem
Alten Testament dar.
— Beweise grauenvollen Elends. Nach einer
von der Stadt -Schanghai veröffentlichten
Statistik wurden im vergangenen Jahre etwa
1 0 0 0 0 Leichen auf unbebauten Grund-
stücken, in den Kanalif-ationsanllagsn nfw. auf-
gefunden. Es handelt sich z-um Test um ver-
hungerte Einwohner, meist aber um Kinder-
weiblichen Geschlechts, die von mittellosen El-
tern ausgesetzt worden -warm. Ein Zeichen -für,
die ungeheure Verelendung der -Bevölkerung.
— Deutsch als Fremdsprache in Japan. Es
dürfte wenig bekannt fein, daß in Japan
Deutsch als erste Fremdsprache gelehrt wird.
An 125 Hochschulen, höheren Lehranstalten
und Fachschulen wird deutscher Unterricht er-"
teilt. An vielen anderen Schulen ist Deutsch
-als Wahlfach eing-eführt worden.
— Photozellen im Druckereibetrieb. Bereits
heute wird die Photozelle, insbesondere in Ame-
rika, für etwa 15 verschiedene Zwecke m Druk-
kereien und Papi-erfabrik-sn verwendet. Solche
Anwendungs-gMete sind z. B.: Automatisches
Setzen von Manuskripten auf der -Setzmaschine,
Herstellung von druck-fähigen Klischees, selbst-
tätiges Stillse-tz-en von Maschinen, »vsnn d-i«
Papierbah-n reißt, Zählen von Papierbo-g-e-n usw.,
Farbwertbestimmu-ng von Druckfarben -und Pa-
pieren, Messen des Glanzes des Papiers und
als Sicherh-eitsvorrichtung an Pressen sowie
Pap-ierschne idemas ch-in-en.
Niesrr MNrr» Munden
Moskau, 7. Juli. Ein russischer Funkspruch
aus Nowosibirsk teilt mit, daß ein russischer
Dampfer, der den Fluß Aue zirka in Ost-
sibirien befährt, auf ein Flugzeug
unbekannter Nationalität gestoßen sei, das
von dem Kapitän des Schisses später als die
Maschine des verschollenen amerikanischen
Weltfliegers Mattern habe festgestellt
werden können. Nähere Einzelheiten wur-
den nicht mitgeteilt.
Auf Veranlassung der sowjetrufsischen Re-
gierung sind sofort zwei russische Flieger ge-
startet, um festzustellen, ob es sich tatstichUck,
um Mattern handelt. Hier in Moskau ist
man zunächst noch skeptisch, weil der Fluh An-
degirka nicht auf dem Wege liegt, den Mattern
auf seinem Fluge nach der Vehringsee ein-
schlagen wollte.
Mattern vollkommen Mmd
Moskau, 7. Juli. Der amerikanische Flie-
ger Mattern befindet sich vollkommen
gesund in Anadirchutka in Sibirien.
Seit Matterns Abflug von Chararowsk
nach Alaska am 12. Juni hatte man nichts
mehr von ihm gehört.
ErnMles BergwerMngM m
ReM-Mausen
Zwei Bergleute ums Leben gekommen.
Recklinghausen, 7. Juli. Am heutigen Frei-
tag, dem Tage der Beisetzung der zwölf Todes-
opfer des Explofionsunglücks auf der Zeche
„General Blumenthal", wurden im unter-
irdischen Betrieb der hiesigen Zeche „König
Ludwig" zwei Bergleute durch das infolge Ge-
birgsdruckes hereinbrechende Hangende ver-
schüttet. Während der eine, der 48 Jahre alte
August Kaiser, auf -der Stelle tot war, er-
lag der zweite, der 28jährige Stanislaus
Ke dz ix, feinen schweren Verletzungen kurz
nach der Einlieferung ins Krankenhaus.
Beide Bergleute waren verheiratet und hin-
terlassen außer den Frauen fünf Kinder bezw.
ein Kind. Die bergpolizeiliche Untersuchung ist
alsbald eing-eleitet worden.
Mlm zwei Todesurteile
Berlin, 8. Juli. Das -Schwurgericht beim
Landgericht U verturteilte gestern den 30 Jahre
alten Kaufmann Friedrich Mann und den
29jährigen Kellner Alfred Schulz wegen
gemeinschaftlichen Mordes in Tateinheit mit
gemeinschaftlichem schwerem Raub mit Todes-
erfolg zum Tode und zu lebenslänglichem Ehr-
verlust.
Die Angeklagten überfielen am 22. Oktober
1932 die 75jähri-ge Frau Kö nicke in ihrer
Wohnung, fesselten sie und knebelten sie. Sie
raubten -dann 300 Mark und ließen die alte
Frau hilflos liegen, so daß sie erstickte. In
seiner Begründung führte der Vorsitzende aus,
das Gericht sei zu der Ueberzeugung gekom-
men, daß die Angeklagten vorha-tten, einen
Mord zu begehen, denn die Knebelung sei so
erfolgt, daß der Tod eintreten mußte.
Bier Kinder ertrunken
Zwei beim Baden . .
Mindelheim (Rb. Schwaben), 7. Juli. Ge-
stern nachmittag badeten in der Wertach bei
Türkheim drei noch schulpflichtige Mädchen,
die des Schwimmens unkundig waren. Plötz-
lich gerieten sie an eine tiefe Stelle.
Während ein Mädchen durch den Papier-
fabrikarbeiter Sches -gerettet werden konnte,
wurden die beiden Schwestern, Dora Zech, acht
Jahre alt, und Therese Zech, 12 Jahre alt,
vom Waste abgetrieben und fanden den Tod
in den Fluten.
. . . und zwei bei einem Bootsunglück.
Warnemünde, 8. Juli. Gestern nachmittag
ereignete sich hier auf -dem Breitling ein Segel-
bootunglück, bei dem zwei Kinder ertranken.
Der' sofort an die Unfallstelle beorderte
Taucher konnte die Leichen bergen.
Der Tod wird gefilmt
Paris, 8. Juli. Ein Opfer des Films ist
der 29jährige italienische Flieger Bistardo
geworden, -der gestern nachmittag mit dem
Flugzeug seines Freundes in der Nähe von
Versailles Kunstflüge ausführ-te, die gefilmt
wurden. Sei es nun, daß der Flieger bei der
Ausführung eines Loopings für einen Augen-
blick die Geistesgegenwart verlor, sei es, daß
das Flugzeug -den Luftdruck nicht mehr auS-
hielt, Tatsache ist jedenfalls, daß sich -der Ap-
parat nicht mehr aufrichtete und abstürzte, im-
mer unter den Augen des Filmoperateurs und
bei laufender Kamera.
Zuerst glaubte der Filmoperateur an ein be-
sonders waghalsiges Bravourstück -des Fliegers,
bis schließlich der Apparat auf den Boden aus-
schlag. Der Flieger wurde unter den Trüm-
mern der Maschine mit einem Schädel-bruch
und zahlreichen schweren inneren Verletzungen
Monatlich 1W0 Vermißte in Deutschland
12000 Benschen werden gesucht!
Wie die Polizei die Vermißten lucht
2m Jahre 1931 wurden mehr als 4090 Men-
schen aller Altersstufen in Berlin als verschol-
len gemeldet. In einem Interview gab der
verdienstvolle Leiter der Berliner Vermißten-
zentrale, Kriminalkommissar Bender, einem
Journalisten einen Einblick in die schwierige
Arbeit der Polizei, den Verbleib der Vermiß-
ten aufzuklären.
Ein Meusch wird ermißt. Man sucht in der
Nachbarschaft, im Geschäft; man -fragt bei Ver-
wandten und Bekannten. Die Polizei forscht.
Freunde und Berufskollegen werden verhört,
Krankenhäuser und Asyle nach dem Vermißten
abgesucht. Der Polizeifunk spielt. Alle deut-
schen Polizeistellen, Grenzbahnhöfe und Häsen
nehmen das Signalement auf, geben es weiter
an die kleinsten Polizeireviere; im Kriminal-
Polizeiblatt, das bis in die entferntesten Win-
kel dringt, wird der Verschollene -beschrieben.
Unter falschem Namen.
Aber war er wirklich so gekleidet? Und hat
der Vermißte vielleicht den Namen gewechselt,
wie man in ein neues Kleid schlüpft? Bor
sieben Jahren verschwand aus einer mittel-
deutschen Stadt ein Mädchen, die Tochter eines
kleinen Beamten. Nach sieben Jahren ermit-
telte man sie in Berlin, wo sie sich unter
falschem Namen aufhielt.
Durchschnittlich verschwinden in Deutschland
monatlich tausend Menschen, Kinder, Jugend-
liche, Erwachsene. Das sind tausend Schicksale
voll Not und Verzweiflung, Angst und -Sorge,
Hilflosigkeit und Verbrechen.
Die Arbeit der Polizei.
Die Mehrzahl der Vermißten findet glück-
licherweise rasch nach Hause zurück. Man kann
damit rechnen, daß von tausend Vermißten
achthundert schon innerhalb von 14 Tagen aus-
gefunden werden; hundert entdeckt man erst
nach Wochen und Monaten, achtzig nach Jah-
ren und Jahrzehnten. Zwanzig 'müssen aber
endgültig ihrem Schicksal überlassen bleiben,
weis bei ihnen auch der letzte Rest der Hoff-
nung ans eine Wiederkunft verschwunden ist.
In der Vermißtenzentrale des Berliner Po-
lizeipräsidiums laufen ununterbrochen An-
zeigen aus -dem ganzen Reich ein.
Aus allen Erdteilen kommen De-
peschen.
Die Polizei forscht -nach den angeblich Ver-
mißten, sobald sie den begründeten Verdacht
hat, daß sie das Opfer eines Verbrechens
oders eines Unfalls -geworden sind. Bei
Kindern und Jugendlichen besteht zudem in
der Regel die Besorgnis, -daß sie hilflos sino.
Warum verschwindet der Mensch?
Zu Beweggründen, die es immer gegeben
hat, haben sich neue -gesellt, die aus den W'.rren
und der Not -der letzten Jahre zu erklären sind.
Da ist die Politik, -welche -die Familie zer-
stört und Vater und Sohn entzweit. Eines
Tages verschwindet der Sohn; nüchtern weitz-
d-er Polizeibericht zu melden: Selbstmord.
Solche Fälle sind an der Tagesordnung. Wäh-
rend die französische Fremdenlegion vor
dem Kriege auf die Arbeit ihrer Werber an-
gewiesen war, strömen ihr heute -die Menschen
freiwillig zu.
Vor dem Kriege war das Verschwinden
Jugendlicher eine Seltenheit, heute ist
es häufig. Zehnjährige und Zwölfjährige trei-
ben sich wochenlang auf -dem Lande umher,
nähren sich von Kohlrüben, schlafen im Heu
und kein Gendarm kommt ihnen auf die Spur.
Dann gibt es Schicksale, die schlechthin unver-
ständlich sind. Da ist ein hübsches junges Mäd-
chen, dem das Leben alles gibt, was man von
ihm verlangen kann: Glück im Beruf und in
der Liebe. Sie reist in die Schweiz, wird ver-
mißt und schließlich als Leiche aus dem Genfer
See geholt. Ein anderes Mädchen sucht frei-
willig den Tod, weil es seiner Putzsucht nicht
mehr genügen kann. -Sexuelle Beweggründe
spielen in der Praxis der Vermißtenzentra-e
eine große Rolle. Täglich werden bei Razzien
der Polizei in den Kaschemmen Jugendliche
au-fgegriffen, die sich aus Furcht vor der
Schule verborgen halten.
Es gibt tausend Motive für das Verschwin-
den. 30 bis 40 unbekannte Tote -werden jeden
Monat in Deutschland gefunden, meist Selbst-
mörder. Es sind Vermißte, die der Polizei die
-größten Rätsel ausgeben! Da war ein -guterhal-
tenes Skelett, -das an „besonderen Kennzeichen"
lediglich eine Plombe im guterha-ltenen Gebiß
aufwies. Nach dreivierteljähriger Arbeit Hal
ein Berliner Beamter das Meisterstück fertig
gebracht und an Hand der Plombe die Per-
sonalien fest-gestellt.
G. Basinger in der „Frks. Zig."