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Pfälzer Bote für Stadt und Land (68) — 1933 (Juli bis September)

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Nr. 148-173 (1. - 31. Juli)
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k*kälLer Rote

HHU^oek, 12. luli 1933

68. lalirA. / ^r. 157

HeidelberserVolksbiatt

T a -esze i 1 ung für oas katdol ische Volk

Bezugspreis: Durch Botenzustellung und Post monatlich 2.00 bei der Geschäfts- MM Schriftleitung und Geschäftsstelle: Heidelberg, Bergheimer Straße 59/61, Fernspr.
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Beilagen: Sonntag -er Sorte / Keimatwarte / Wissenschaft und Kunst I Soziale Zeitsragen / Lesestunde / Die Schotte / Aus der Wett der Frau

über die begonnene Arbeitsschlacht. Er skizzierte
anfangs kurz die einzelnen Abschnitte des Gesetzes
zur Verminderung der Arbeitslosigkeit und ging

auch die Grundlage für die Beile-
gung der Kirch enkonflikte vor allem
in Preußen geschaffen. Bereits am Mittwoch-
morgen beginnen im Reichsministerium des

allein durchzuführen.
Ich bitte daher in eine beschleunigte Prü-
fung darüber einzutreten, wie die zur Zeit
noch bestehenden Kommissariate usw. auf
schnellstem Wege abgebaut oder, soweit un-
entbehrlich in den ordentlichen Staatsapparat
eingeordnet werden können, da jede Art von
Nebenregierung mit der Autorität
des Staates unvereinbar ist.
Spätestens bis zum 1. Oktober bitte ich mir
mitzuteilen, auf welchen Gebieten ausnahms-
weise die Beibehaltung von Kommissaren im
Staatsinteresse erforderlich erscheint.

Berlin, 11. Juli. Der Neichsminister des
Innern, Dr. Frick, hat an sämtliche Reichs-
statthalter und sämtliche Landesregierungen
— für Preußen an den Ministerpräsidenten
und an den Minister des Innern folgendes
Rundschreiben gerichtet:
In seinen letzten Ansprachen an die S.A.-
Führer und an die Reichsstatthalter hat der
Herr Reichskanzler eindeutig festge-
stellt, daß die deutsche Revolution
abgeschlossen ist.
Soweit neben der Nationalsozialistischen
Deutschen Arbeiterpartei noch politische Par-
teien bestanden, haben sie sich selbst aufgelöst.
Ihre Wiederkehr oder Neubildung ist für alle
Zeiten ausgeschlossen.
Die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiter-
Partei ist damit der alleinige Träger
des Staates geworden. Alle Macht dieses
Staates liegt in den Händen der von dem
Herrn Reichskanzler allein geführten Reichs-
regierung, in der alle entscheidenden Aemter
mit zuverlässigen Nationalsozialisten besetzt
sind.
Damit ist die siegreiche deutsche Revolution
in das Stadium der Evolution, das heißt nor-
maler gesetzmäßiger Aufbauarbeit, getreten.
Wichtigste Aufgabe der Neichsregierung ist es
nunmehr, die in ihr vereinigte totale Macht
geistig und wirtschaftlich zu untermauern.
Diese Aufgabe wird sofort auf das schwerste
gefährdet, wenn weiterhin von einer Fort-
setzung der Revolution oder von einer zwei-
ten Revolution geredet wird.
Wer jetzt noch so redet, mutz sich darüber
klar sein, datz er sich damit gegen den
Führer selbst auflehnt und dement-
sprechend behandelt wird.
Solche Aeußerungen stellen eine glatte
Sabotage der nationalen Revo-
lution dar und sind insbesondere geeignet,
die deutsche Wirtschaft, die dank der von der
Neichsregierung zur Lösung des Arbeitslosen-
problems getroffenen Maßnahmen im erfreu-
lichen Wiederaufbau begriffen ist, neuen Be-
unruhigungen auszusetzen und damit das
deutsche Volk in seiner Gesamtheit zu schä-
digen.
Das der Neichsregierung als Trägerin der
nationalen Revolution in steigendem Maße
entgegengebrachte Vertrauen, das gerade in
derBelebung der Wirtschaft und in dem
starken Abstnken der Arbeitslosenziffern seinen
sichtbaren Ausdruck findet, darf unter keinen
Umständen enttäuscht werden.
Jeder Versuch einer Sabotage der
deutschen Revolution, wie er na-
mentlich in unbefugten Angriffen in die
Wirtschaft und in Mißachtung von Anord-
nungen der Träger der Staatsöutorität zu er-
blicken ist, muß daher auf Grund der Verord-
nung zum Schutze von Volk und Staat vom
28. Februar 1933 mit den schärfsten Maßnah-
men (mindestens Schutzhaft) gegen wen im-
mer, geahndet werden.
Soweit Eingriffe nötig und berechtigt
sind, dürfen sie von nun an nur von den Trä-
gern der Staatsautorität und auf deren aus-
drückliche Anordnung und unter ihrer allei-
nigen Verantwortung erfolgen.
Aufgabe der Herren Reichsstatthalter und
der Landesregierungen, insbesondere der zu-
ständigen Minister des Innern, ist es, wie der
Herr Reichskanzler am 6. Juli ds. Js. aus-
drücklich betontest, mit allen Mitteln zu ver-
hindern, daß "irgendwelche Organisationen
oder Parteistellen sich künftig noch Regie-
rungsbefugnisse anmaßen.
Andernfalls besteht die Gefahr, daß die
Gegner des Nationalsozialismus, insbe-
sondere Kommunisten und Marxisten, ver-
suchen werden, sich in die NSVO. oder die
Deutsche Arbeitsfront oder sonstige Organi-
sationen einzuschleichen, um unter ihrem
Schutze die deutsche Wirtschaft fortgesetzt zu
beunruhigen und der Regierung der natio- _ . , „ , ,_, „
nalen Revolution Schwierigkeiten zu bereiten, der Marxismus seiner organisatorischen

Im besonderen Auftrag' des Herrn Reichs- stischer Leitung stehende Staatsapparat in der
kanzlers ersuche ich die Herren Reichsstatt- Lage ist, die in Frage kommenden Aufgaben
Halter und die Landesregierungen,
die Autorität des Staates auf allen Ge-
bieten und unter allen Umständen sicher-
zustellen
und jedem Versuch, diese Autorität zu erschüt-
tern oder nur anzuzweifeln, woher er auch
kommen mag, rücksichtslos und unter Einsatz
aller staatlichen Machtmittel entgegenzutreten.
Ich bitte ferner dafür zu sorgen, daß aus
diesen Gründen künftig auch von der bisher
geübten Einsetzung von Kommissaren
und Beauftragten Abstand genommen wird,
da der unter ausschließlicher nationalsoziali-

mehr Wert auf die Qualität als auf die
Quantität zu legen. Nicht jeder, der ein
NSVO-Abzeichen ansteckt, ist damit ein treuer
Hitlersoldat. Und zu glauben, daß der Mar-
xismus nach dem Ende der SPD. und KPD.
nun auch wc anschaulich restlos ausgerottet
wäre, das mag man anderen, nur nicht uns
alten Nationalsozialisten zumuten. Bereit-
schaft und Wachsamkeit ist höchstes Gebot für
alle, die der deutschen Zukunft dienen. Die
großen Probleme der Zeit, dieA nkurbe - wutiuivn Prre,rern
lung der Wirtschaft, die Beseitigung jede politische Tätigkeit untersagt und sie
der Arbeitslosigkeit, die in so hoffnungsvollen ' ' ...
Ansätzen stehen, können bis zum letzten Rest
nur gemeistert werden, durch eine national-
sozialistische Führung, die ein ganzes Volk
hinter sich weiß.

Der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit
Goebbels über die nächsten Aufgaben
Berlin, 11. Juli. In einem Aufsatz im Möglichkeiten beraubt, hier nicht ein neues
„Angriff", in dem er von dem vollen Siege ideologisches Tummelfeld findet. Auch da ist
des Nationalsozialismus ausgeht, umreißt ' ' ... - . - . ..
Reichsminister Dr. Goebbels die Auf-
gaben, die als die nächsten geleistet werden
müssen und schreibt:.
Die Partei ist im Begriff, eine innere
Umformung zu vollziehen. Von den
vielen Hunderttausend, die seit der Macht-
übernahme zu uns kamen, wird der brauch-
bare Teil nach und nach in den Parteikörper
eingeschmolzen, der andere Teil, soweit er un-
brauchbar ist, aus ihm wieder ausgeschieden.
Auch das dauert seine Zeit. Aber in wenigen
Monaten schon wird die ganze Organisation
wieder von derselben wuchtigen Schlagkraft
und vorwärtsstürmenden Aktivität erfüllt
sein, wie in den Zeiten unserer Opposition.
Unsere nationalsozialistische Vetriebszellen-
Organisation hat eine große historische Auf-
gabe übernommen. Ihr liegt es ob, das deut-
sche Arbeitertum in den Organismus des
Staates einzufügen und zwar so fest, daß es
nie mehr daraus herausgebrochen werden
kann. Man wird darauf zu achten haben, daß

Dir ArbeitsWaKt hat begonnen
Staatssekretär Reinhardt über die Arbeits-
beschaffung.
Berlin, 11. Juli. Staatssekretär Reinhardt
sprach heute abend über alle deutschen Sender

Die Revolution ist abgeschlossen
Neichsminister Dr. Frick an die Michsstattbalter / Die eroberte Macht mutz geistig und wirtschaftlich untermauert
Verden / Die Autorität des totalen Staates erträgt keinerlei Art von Nebenregierung

Die evangelische Reichskirche
Das Verfasslmgölverk vollendet
. Berlin» 11. Juli. Amtlich wird mitgeteilt:
Die Vertreter der im Deutschen Evangeli-
schen Kirchenbund vereinigten Landeskirchen
sind am Dienstagabend im Reichsministerium
oes Innern zusammengetreten, um durch den Innern die entscheidenden Verhandlungen
Mund des Landesbischofs I). Marahrens " ""
die Vollendung des kirchlichen Verfassungs-
werkes zu verkünden. Die Abstimmung über
den in den vorbeeitenden Beratungen fertig-
gestellten Entwurf hatte die einmütige
Annahme der neuen Verfassung ergeben.
Die Deutsche Evangelische Kirche hat damit
Gestalt gewonnen.
Der Reichsminister des Innern gab seiner
besonderen Freude darüber Ausdruck, daß er
als Erster Gelegenheit habe, der einigen
Kirche des evangelischen Deutschland die Glück-
wünsche der Reichsregierung in dem denk-
würdigen Augenblick zu übermitteln, in dem
diese Kirche ihren Eintritt in die Geschichte
des deutschen Volkes vollziehe. Er stellte
gleichzeitig in Aussicht, daß die rechtliche
Anerkennung der neuen kirchlichen Ver-
fassung durch Reichsgesetz noch in
dieser Woche erfolgen werde.
Mit der Vollendung des Verfassungswerkes
für die Deutsche Evangelische Kirche wurde

hierüber und werden noch im Laufe dieser
Woche zu einem befriedigenden Abschluß ge-
bracht werden.
K. Berlin, 12. Juli. Ueber die Einzel-
heiten der neuen Kirchenverfassnng ist zur
Stunde noch nichts Näheres zu sagen.
Nach dem „Angriff" vom 11. Juli steht so
viel fest, daß die neue Kirchenverfassung sich auf
ein Führer Prinzip aufbauen und die Auto-
rität der Kirchenführung betonen wird. Anderer-
seits soll dem selbständigen religiösen Leben der
Gemeinden Rechnung getragen werden. Man
will jede schematische Gleichmacherei auch bei der
Neugestaltung der Kirche vermeiden. Nach an-
deren Mitteilungen stellt der Entwurf dieser Ver-
fassung eine Rahmenverfassung dar,, die
den Ausbau der Kirche und wahrscheinlich auch
schon die regionale Neugliederung der Landes-
kirchen ermöglicht. Man spricht von der Ein-
setzung von Ausschüssen für die weitere Durch-
arbeitung, wenn die Zustimmung der Kirchen-
regierung vorliegt. Darnach wird auch der Staat
die Kommissare zurückziehen, um die endgültige
Lösung wieder der Kirche selbst zu überlassen.

Vatikan and Katholizismus
in IMWand
Ein Artikel der „Croix-
Paris, 10. Juli. Unter obiger Ueberschrift
bringt die führende katholische Tageszeitung
Frankreichs „La Croix" (Nr. 15 450) einen
beachtenswerten Leitartikel aus der Feder
ihres Chefredakteurs Merklen. Der Ar-
tikel ist unmittelbar vor der Auflösung der
Zentrumspartei geschrieben und wendet sich
gegen die „unwissende Selbstgefälligkeit", mit
der gewisse Publizisten glaubten, die gegen-
wärtige Haltung des Vatikans gegenüber Hit-
ler und den Repräsentanten des Zentrums
erklären zu können.
„Gewohnt, alles unter politischen Gesichts-
punkten des Tages zu betrachten", so schreibt
Merklen von diesen Publizisten, „vergessen
sie, daß die vatikanische „Politik" — wie im-
mer im übrigen auch manche ihrer Konsequen-
zen sein mögen — ausschließlich von religiösen
Zielsetzungen geleitet ist. So ist es auch leicht,
die Schlußfolgerungen in ihrer Gesamtheit
vorauszusehen, zu denen der Heilige Stuhl ge-
genwärtig gekommen ist. Zwei religiöse
Grundsätze, die oberflächliche Betrachter als
widerspruchsvoll ansehen, beherrschen das,
was man in einem besonderen Sinne des
Wortes als „Politik" des Vatikans ansehen
kann: die Kirche muß außerhalb und über
allen politischen Parteien stehen; sie muß das
öffentliche wie das private Leben der Men-
scheu durchdringen mit den Lehren und Wohl-
taten des Evangeliums.
Die Kirche muß außerhalb und über den
Parteien stehen: In Konsequenz dessen hat der
Heilige Stuhl wenig Sympathien für „katho-
lische" Parteien, selbst wenn er ihren Füh-
rern und Mitgliedern Vertrauen und Dank-
barkeit erweist. Manchmal sind diese Parteien
— die übrigens wie das Zentrum, nicht kon-
fessionelle Parteien sein wollen — das Er-
gebnis geschichtlicher Entwicklung. Sie stellen
politische Gruppierungen dar, die die Rechte
einer verfolgten Minderheit verteidigen. Un-
ter diesem Gesichtspunkt haben sie große Ver-
dienste um die katholische Sache gehabt oder
haben sie noch. In dem Augenblick, wo sie in
Opposition gegen die Regierung geraten, ris-
kieren sie aber, die Kirche zu kompromittieren
und politische, soziale und rein menschliche
Meinungen mit der Religion zu identifi-
zieren. Der Heilige Stuhl ermutigt in un-
seren Tagen — vor allem in den katholischen
Ländern, aber auch in den anderen — immer
weniger zur Gründung derartiger Parteien.
Er zieht es vor, die Katholiken unter politi-
schem Gesichtspunkt in den verschiedenen par-
lamentarischen Fraktionen verteilt zu sehen,
ausgenommen, wohlgemerkt, jene Parteien,
die gegen das allgemeine Wohl des Landes
arbeiten oder dem katholischen Glauben, dem
christlichen Leben, der überkommenen Autori-
tät feindlich sind.
Dis Kirche muß das öffentliche wie das pri-
vate Leben mit den Lehren und Wohltaten
des Evangeliums durchdringen: In Konse-
quenz dessen fordert der Heilige Stuhl überall
die Organisierung der Katholischen
Aktion und das Recht der Kirche, an der
physischen, intellektuellen, moralischen und be-
ruflichen Erziehung all ihrer Kinder zu ar-
beiten. Die Kirche — so wird in dem Artikel
weiter ausgeführt — betrachte die Ereignisse
des Tages stets unter dem Gesichtspunkt lan-
ger Zeiträume und bestehe auf der offiziellen
Anerkennung ihrer geistigen Betätigung auf
allen Gebieten, die ihr nach dem Willen
Christi zugewiesen sind."
„Wenn," so schließt der Artikel, „der Heilige
Stuhl den katholischen deutschen Priestern
ebenso wie die eifrigsten (les plus wilitsnts)
der Gläubigen hinlenkt zu einer katholischen
Aktion mit rein religiösen Zielen, so liegt in
diesem Entschluß keine irgendwelche „Absage"
(abclieation), sondern eine erneute Bekräf-
tigung der traditionellen „Politik" des Hei-
ligen Stuhles".
 
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