unglückten. Als es auch mit dieser Herrlichkeit zu Ende
ging, da schrieb er an seinen Barer: „Ich habe soeben
erfahren, daß ein nichtswürdiger Schurke, Namens Barker,
Dich durch die erdichtete Nachricht von meinem Tods behufs
meines Begräbnisses um 156 Dollars beschwindelt hat.
Auch von mir borgte er 85 Dollars und ist dann durchge-
gangen. Dieses und andere mißliche Umstände würden es
mir sehr erwünscht sein lassen und mich zu größtem Danke
verpflichten, wenn Du mir 200 Dollars vergönnen wolltest,
damit- ich mich wieder in das elterliche Haus zurückbegeben
kann. Grüße mir Alle." Darauf erhielt der Flüchtling
von seinem Vater nachstehende Antwort: „Mein theurer
Sohn, ich habe Dich einmal begraben und damit ist es
genug. Ich habe nicht Lust, mit einem Tobten Zu unter-
handeln. Dein Vater im Fleische."
— Der Vogel welcher am längsten fliege» kann,
ist nach den Beobachtungen des ausgezeichneten französischen
Ornithologen I. Lancaster, der Fregattenvogel, welcher 7
Tage nach einander Tag und Nacht fliegen können soll,
ohne auszuruhen. Nachdem Lancaster dies beobachtet, stellte
er ferner fest, daß selbst nach so starker Anstrengung kein
außerordentliches Ruhebedürfniß bei dem Vogel eintritt,
wahrscheinlich schlafe er sogar im Fliegen und bewege die
Schwingen mechanisch und ohne Bewußtsein weiter. In
Wirklichkeit seien die Flügelbeweguugen dieses geborenen
Königs der Lüfte immer nur sehr leichte, selbst wenn er
mit einer Geschwindigkeit von 160 Kilometer in der Stunde
dahineile. Die Weite der Flügelspannung schwankt zwischen
3,5 und 5 Meter. Der Albatroß, welchen Herr Lancaster
ebenfalls aufmerksam beobachtet hat, der „König des offenen
Meeres", wie er ihn nennt, ist noch größer als der Fregat-
tenvogel, denn seine Flügelspannung erreicht fast fünf
Meter, aber er vermag nicht mit gleicher Ausdauer zu
fliegen. Wenn er lange den Fahrzeugen auf dem offenen
Meere gefolgt ist, so sieht er sich genöthigt, einige Zeit
auszuruhen, wenn es nicht anders geht und kein Felsen im
Meere sichtbar ist, auf dem Schiffe selbst, nnd dieses Ruhe-
bedürfniß tritt bei ihm schon nach vier bis fünf Tagen ein,
während Fregattenvögel sieben Tage ununterbrochen flogen.
Auch anders Reisende berichten, Fregattenvögel 100
geographische Meilen vom Festlande entfernt getroffen zu
haben.
— Eine nette Behandlung ist neulich dem König von
Dänemark zu Theil geworden, als er zum Besuch auf Schloß
Charlottenlund, dem Wohnsitz des Kronprinzenpaares, war.
Der Kronprinz war mit seinen Kindern zum Besuch des
Circus in Kopenhagen gewesen und kehrte gegen 11 Uhr
Abends nach Charlottenlund zurück, wo um diese späte
Stunde das Souper eingenommen werden sollte. Die
Haushälterin und eine Kammerjungfer hatten den Cirkus
ebenfalls besucht und nahmen ihren Weg von der Eisen-
bahnstation direkt durch den Wald, um rechtzeitig im Schlosse
anzukommen. In der Nähe der zum Park führende Pforte
bemerkten die beiden plötzlich zwei Herren, in angelegent-
licher Unterhaltung den gleichen Weg nehmend. Aengstlich
wie sie waren, versuchten die beiden Frauen vor den ver-
dächtigen Männern die Pforte zu erreichen, trafen aber
erst an derselben mit ihnen zusammen. Der ältere Herr
fragte die späten Wauderinuen, ob sie ins Schloß gehörten,
worauf die Haushälterin schnippisch antwortete. „Jawohl!
Aber was geht Sie das an? Kümmern Sie sich gefälligst
um sich selbst und lassen Sie uns ungeschoren!" Ein homeri-
sches Gelächter war die Antwort der beiden Männer; die
brave Kastellanin erschrak dermaßen, daß sie ihren Schirm
fallen ließ und, ohne ihn aufzunehmen Reißaus nahm!
Vergeblich rief der jüngere Herr den Flüchtigen nach, ob
sie nicht den Schirm wenigstens mitnehmen wollten. Keine
Antwort. Ohne sich umzuschauen, eilten sie durch den
Park, hinter ihnen her kamen, anscheinend in bester Laune,
die beiden Männer. Auf dem Schloßhose angelangt, riefen
die Fliehenden der Schildwachs zu: „Passen Sie auf, wir
werden von zwei Strolchen verfolgt!" Aber die Schild-
wache stand plötzlich stramm und — prässmirte vor den
Strolchen, die ihren Weg schnurstracks ms Schloß und in
den Speisesaal nahmen, wo die krouprinzliche Familie beim
Souper saß. Die vermeintlichen „Strolche" waren der
König und Prinz Waldemar, die den schönen Abend zu
einem Spaziergangs nach Charlottenburg benutzt hatten, um
dort mitzutheilen, daß die Königin, welche ihren Besuch für
den folgenden Tag angemsldet, bereits eine Stunde früher
als verabredet eintreffen werde. Der König erzählte den
ganzen Vorgang in vergnügtester Stimmung und ließ den
mitgebrachten Schirm als Zeugniß für die Nichtigkeit des
Erzählten zurück.
— Zum Conferviren von Lebensmittel», na-
mentlich Eiern empfiehlt A. Utescher in Tangermünde, die-
selben zuerst in eine Lösung von Eisenvitriol, sodann in
Kalkmilch zu legen. Dadurch werden die Poren der Eier
verstopft Und vor dem Eindringeu von Luft und Organis-
men geschützt. Die Methode soll sich auch für andere Ge-
genstände, z. B. Würste, in Blase oder Pergamentpapier
eingebrachte Butter rc., empfehlen, auch können die Nahr-
ungsmittel noch in eine Mischung der beiden Stoffe einge-
legt werden, um eine längere Conservirung zu erzielen.
KUMsriMsches.
(Bo sh eit.) Frau Ai: So was von Köchin habe ich noch
nie gehabt. Innerhalb acht Tagen hat sie mir zwei Paar feine
Kaffeetassen zerschlagen. Nun stelle ich zwei Paar gewöhnliche
Taffen in den Küchenschrank — —" Frau B.: „Und die hat sie
auch zerbrochen?" — Frau A.: „Nein, denken Sie diese Bosheit,
die ließ sie ganz!"
(Die Ursache.) „Wie viel Todte?" fragte ein Arzt
während erner Epidemie den Krankenwärter im Hospital. „Neun
Stück," ist die Antwort. „Neun? Ich habe doch für zehn Me-
dicin gegeben?" „Ja, Einer hat sie nicht einnehmen wollen."
(Naturwissenschaftliches.) Lehrer: „Peter, sag'mir
welches ist das besondere Merkmal des Hundes, das ihn von
anderen Thieren unterscheidet?" — „Die Steuermarke!"
(C und Zeh.) Lehrer (zum Schüler, welcher an der
Wandtafel das große Alphabet zu schreiben beginnt): „So, mein
Sohn, Deine A und B sind gut, jetzt zeige auch einmal, wie
Deine großen C ausschauen!" Schüler: „Ach, Herr Lehrer, ich
schäme mich — meine Strümpfe sind zerrissen."
(Schwäbischer Trinkspruch.) (Historisch.) „Meine
Herre! Wenn ich das sage wollt', was ich an diesem saumäßig
feschtliche Tag alles sage könnt', so wüscht' ich wahrlich gar nöt,
was ich all' sage sollt'! Na, ich sag gar Nix! Aber, was ich
sage wollt': Das muß ich sage: es hat auch gar Nix ze sage, daß
mer nöt weiß, was mer sage soll. Denn das muß mer sage,
dieses Fescht, meine Herre, fchpricht für sich selber!"
(L eiser Wink.) Gast (zum Wirth): „Sie, Herr Wirth,
wie viel Faß Bier verzapfen Sie täglich?" Wirth: „Höchstens
sechs Faß!" Gast: „Wenn Sie nur wollten, könnten Sie noch
mehr verzapfen!" Wirth: „Wie so?" Gast: „Sie dürfen die
Gläser nur ein wenig voller schenken!"
(Schlagfertig.) Ein Betrunkener Zerschlug in einem
Bierlocal die Uhr an der Wand, weil sie seiner Ansicht nach zu
früh schlug. Der Wirth stellte ihn deßhalb zur Rede und fragte
ihn, wie er sich unterstehen könne, die Uhr zu zerschlagen, worauf
er die allerdings nicht unrichtige Antwort erhielt: „Bitte, mein
Herr, die Uhr hat anjefangen, sie hat ja zuerst geschlagen."
Verantwort!. Redakteur: Joseph Cremerius in Heidelberg.
Druck von Geb r. H über in Heidelberg.
WtthaÜWsdkll W „Wm Men".
Heidelberg, Sonntag, 26. Angust
Nr 34.
1894.
Gesund au Leib und Seele sein,
Das ist der Quell des Lebens;
Es strömet Lust durch Mark und Bein,
Die Lust des tapfer» Strebens;
Was man mit frischem Herzensblut
Und keckem Wohlbehagen thut,
Das thut man nicht vergebens.
Joh. Heinr. Voß.
85,000 Dollars.
Bon Henri Tessier-
Thomas W. F. Smithson, zufolge seiner Geburt Bür-
ger der Vereinigten Staaten von Nordamerika, war Geschäfts-
führer einer der größten Maschienenfabriken in New Jork.
Als Knabe war er in der bescheidenen Stellung eines
Hilfsarbeiters in die Fabrik von Anderson Brothers eingetreten
und war allmählich zu dem ehrenvollen, mit einem bedeutenden
Jahresgehalte verbundenen Posten eines Geschäftsführers
aufgestiegen; nicht ganz 24 Jahre alt, war er thatsächlich
die Seele der ungeheuren Unternehmung. Seine Fähigkeiten
im Maschinenfache und seine über jeden Zweifel erhabene
Ehrenhaftigkeit hatten ihm das vollste Vertrauen der Firma
Gebrüder Anderson eingetragen, und in der That wurde
nichts in dem riesenhaften Etablissement unternommen, ohne
daß vorher der in den kühnen Geschäften der Firma ausge-
wachsene Smithson zu Rathe gezogen wäre.
Eines Samstag Morgens, nachdem Smithson die ganze
Nacht hindurch an der Vilanzirung seiner Bücher gearbeitet
hatte, trat er mit einem Rechnungsauszüge in der Hand
vor seinen Chef, der nach einem Blick in die Rechnung
sein Checkbuch zur Hand nahm und eine Anweisung von
85,000 Dollars auf die Bank von Kentucky ausschrieb, es
war gerade soviel, als der Wochenlohn der Bedienstetendes
Hauses betrug. Herr Anderson beauftragte nun Smithson,
den Betrag mit Rücksicht auf dessen Höhe persönlich einkas-
siren zu wollen. Smithson schob den Check in eine große
Ledermappe,nahm diese unter seinen Arm, stülpte seinen Hut auf
den Kops, und sprang schnell in einen Omnibus. Nachdem
er die Anweisung mit einer Art Feierlichkeit einkassirt hatte,
wollte er in dem Omnibus schnell zurückfahren. Die Bank-
noten bildeten ein sehr umfangreiches Packet und verliehen
der Mappe eine, beneidenswerthe Beleibtheit. Die Hände
auf die werthvolle, auf seinen Knieen ruhende Ledertasche
gestützt, gab sich Smithson jenem träumerischen Sinnen hin,
in welches wohl alle Leute verfallen, dre eine Nacht hin-
durch nicht ins Bett gekommen sind und des Mvrgens in
einem Wagen fahren. Smithson schloß die Augen, öffnete
sie bei einem Stoß des Omnibus, schloß sie wieder und
wiederholte dieses, bis er, von der einschläfernden Hitze und
der Müdigkeit überwältigt, allen Ernstes ein sch lief. Die
Ausdünstungen verschiedenartiger Packete, welche die den
Wagen vollkommen ausfüllenden Reisegenossen Smithson'S
in des Händen trugen, erhöhten Smithson'S Müdigkeit und
gestalteten seinen Schlummer zu einem tiefen Schlaf, unmittel-
bar an der Seite einer Herrn, der emsig in einer großen,
das halbe Coupee ausfüllenden Zeitung las.
Ein heftiger Stoß, den der an einen Eckstein angefah-
rene Wagen erlitt, scheuchte Smithssn aus seinen Träumen
auf. Ein Schrei des Entsetzens und ein Fluch zugleich
entfuhr in der nächsten Sekunde seinen Lippen. Todten-
bleich erhob er seine Arme — die Ledermappe, welche er
auf seinen Knieen gehalten hatte, war verschwunden! Man
hatte Thomas W. F. Smithson in der frechsten Weise be-
stohlen. Alles Poltern, alles Wüthen war vergeblich....
Die Passagiere hatten schon längst den Wagen verlassen,
und der Condukteur, welcher entsetzt die Wuthausbrüche des
Bestohlenen über sich ergehen ließ, konnte selbstverständlich
auch nicht die kleinste Andeutung darüber geben, wechs
ruchlose Hand den Diebstahl ausgeführt hatte. Wie ein
Besessener, mit rollenden Augen und wutschäumendem
Munde, stürmte Smithson bald danach in das Kabinet
seines Chefs und theilte ihm mit heiserer, aller menschlichen
Merkmale entkleideter Stimme mit, was ihm wider-
fahren war.
Anderson blickte seinen Geschäftsführer durchdringend an
und runzelte die Stirn. Das waren die einzigen Zeichen
der innern Bewegung, in welche ihn die Eröffnung Smith-
sons versetzt hatte. „Ah!" sagte er endlich nach einer
längeren Pause in phlegmatischem Tone. „Geschickter Dieb..
Sache der Polizei melden. Mittlerweile zweite Anweisung!"
Und ohne eine Miene zu verziehen, griff Anderson nach
seinem Checkbuch, bedeckte ein Blatt mit seinen Schriftzügen,
während er seinem angstvoll harrenden Geschäftsführer
langsam die Worte sagte: „Falls sich Geld nicht findet,
Ihr Conto mit dem Betrage belasten!" Der unglückliche
Smithson zuckte zusammen, als er vernahm, auf welche
Weise die Sache in Ordnung gebracht werden sollte. Ohne
ein Wort zu erwidern, wankte er ans dem Bureau seines
Chefs.
Fünftmdachtzigtausend Dollars!! Das Vermögen^
welches er möglicherweise während seiner ganzen Laufbahn
erwehren konnte, war also im Voraus mit Beschlag belegt!..
Seine Verzweiflung erreichte aber ihren Höhepunkt, als er
bedachte, welch seltsam forschenden Blick ihm sein Chef zuge-
worfen hatte. Ihm, der Sie Ehrlichkeit in Person war!!
Daß Smithson nicht verrückt wurde oder nicht wenigstens
in eine Gehirnentzündung verfiel, hatte er nur einer Be-
günstigung des Himmels zu danken. Vergeblich durchforschte
die Polizei ganz New-Dark. Vergeblich hatte der Bestohlene,
der den Preis von 2000 Dollars auf die Verhaftung des
Diebes ausgesetzt hatte, dem Verbrecher persönlich nachge-
spürt. So vergingen zwei bange Tage- Während dieser
Zeit litt Smithson schreckliche Qualen, magerte sichtlich ab
und erblickte im Wachen und Träumen die weitgeöffneten
Augen seines Chefs vor sich. Am Abend des zweiten
Tages gab der Unglückliche alle Hoffnung auf, mit den ge-
wöhnlichen Mitteln der Sache näher zu kommen und faßte
einen unwiderruflichen Entschluß.
Am dritten Tage erschien in sämmtlichen Journalen
von New-'Jork folgende Annonce: „Ein unbekannter Thäter
hat hier SamStag-Vormittag in einem Omnibus eine Leder-
tasche mit 85,000 Dollars gestohlen, welche der Maschinen-
ging, da schrieb er an seinen Barer: „Ich habe soeben
erfahren, daß ein nichtswürdiger Schurke, Namens Barker,
Dich durch die erdichtete Nachricht von meinem Tods behufs
meines Begräbnisses um 156 Dollars beschwindelt hat.
Auch von mir borgte er 85 Dollars und ist dann durchge-
gangen. Dieses und andere mißliche Umstände würden es
mir sehr erwünscht sein lassen und mich zu größtem Danke
verpflichten, wenn Du mir 200 Dollars vergönnen wolltest,
damit- ich mich wieder in das elterliche Haus zurückbegeben
kann. Grüße mir Alle." Darauf erhielt der Flüchtling
von seinem Vater nachstehende Antwort: „Mein theurer
Sohn, ich habe Dich einmal begraben und damit ist es
genug. Ich habe nicht Lust, mit einem Tobten Zu unter-
handeln. Dein Vater im Fleische."
— Der Vogel welcher am längsten fliege» kann,
ist nach den Beobachtungen des ausgezeichneten französischen
Ornithologen I. Lancaster, der Fregattenvogel, welcher 7
Tage nach einander Tag und Nacht fliegen können soll,
ohne auszuruhen. Nachdem Lancaster dies beobachtet, stellte
er ferner fest, daß selbst nach so starker Anstrengung kein
außerordentliches Ruhebedürfniß bei dem Vogel eintritt,
wahrscheinlich schlafe er sogar im Fliegen und bewege die
Schwingen mechanisch und ohne Bewußtsein weiter. In
Wirklichkeit seien die Flügelbeweguugen dieses geborenen
Königs der Lüfte immer nur sehr leichte, selbst wenn er
mit einer Geschwindigkeit von 160 Kilometer in der Stunde
dahineile. Die Weite der Flügelspannung schwankt zwischen
3,5 und 5 Meter. Der Albatroß, welchen Herr Lancaster
ebenfalls aufmerksam beobachtet hat, der „König des offenen
Meeres", wie er ihn nennt, ist noch größer als der Fregat-
tenvogel, denn seine Flügelspannung erreicht fast fünf
Meter, aber er vermag nicht mit gleicher Ausdauer zu
fliegen. Wenn er lange den Fahrzeugen auf dem offenen
Meere gefolgt ist, so sieht er sich genöthigt, einige Zeit
auszuruhen, wenn es nicht anders geht und kein Felsen im
Meere sichtbar ist, auf dem Schiffe selbst, nnd dieses Ruhe-
bedürfniß tritt bei ihm schon nach vier bis fünf Tagen ein,
während Fregattenvögel sieben Tage ununterbrochen flogen.
Auch anders Reisende berichten, Fregattenvögel 100
geographische Meilen vom Festlande entfernt getroffen zu
haben.
— Eine nette Behandlung ist neulich dem König von
Dänemark zu Theil geworden, als er zum Besuch auf Schloß
Charlottenlund, dem Wohnsitz des Kronprinzenpaares, war.
Der Kronprinz war mit seinen Kindern zum Besuch des
Circus in Kopenhagen gewesen und kehrte gegen 11 Uhr
Abends nach Charlottenlund zurück, wo um diese späte
Stunde das Souper eingenommen werden sollte. Die
Haushälterin und eine Kammerjungfer hatten den Cirkus
ebenfalls besucht und nahmen ihren Weg von der Eisen-
bahnstation direkt durch den Wald, um rechtzeitig im Schlosse
anzukommen. In der Nähe der zum Park führende Pforte
bemerkten die beiden plötzlich zwei Herren, in angelegent-
licher Unterhaltung den gleichen Weg nehmend. Aengstlich
wie sie waren, versuchten die beiden Frauen vor den ver-
dächtigen Männern die Pforte zu erreichen, trafen aber
erst an derselben mit ihnen zusammen. Der ältere Herr
fragte die späten Wauderinuen, ob sie ins Schloß gehörten,
worauf die Haushälterin schnippisch antwortete. „Jawohl!
Aber was geht Sie das an? Kümmern Sie sich gefälligst
um sich selbst und lassen Sie uns ungeschoren!" Ein homeri-
sches Gelächter war die Antwort der beiden Männer; die
brave Kastellanin erschrak dermaßen, daß sie ihren Schirm
fallen ließ und, ohne ihn aufzunehmen Reißaus nahm!
Vergeblich rief der jüngere Herr den Flüchtigen nach, ob
sie nicht den Schirm wenigstens mitnehmen wollten. Keine
Antwort. Ohne sich umzuschauen, eilten sie durch den
Park, hinter ihnen her kamen, anscheinend in bester Laune,
die beiden Männer. Auf dem Schloßhose angelangt, riefen
die Fliehenden der Schildwachs zu: „Passen Sie auf, wir
werden von zwei Strolchen verfolgt!" Aber die Schild-
wache stand plötzlich stramm und — prässmirte vor den
Strolchen, die ihren Weg schnurstracks ms Schloß und in
den Speisesaal nahmen, wo die krouprinzliche Familie beim
Souper saß. Die vermeintlichen „Strolche" waren der
König und Prinz Waldemar, die den schönen Abend zu
einem Spaziergangs nach Charlottenburg benutzt hatten, um
dort mitzutheilen, daß die Königin, welche ihren Besuch für
den folgenden Tag angemsldet, bereits eine Stunde früher
als verabredet eintreffen werde. Der König erzählte den
ganzen Vorgang in vergnügtester Stimmung und ließ den
mitgebrachten Schirm als Zeugniß für die Nichtigkeit des
Erzählten zurück.
— Zum Conferviren von Lebensmittel», na-
mentlich Eiern empfiehlt A. Utescher in Tangermünde, die-
selben zuerst in eine Lösung von Eisenvitriol, sodann in
Kalkmilch zu legen. Dadurch werden die Poren der Eier
verstopft Und vor dem Eindringeu von Luft und Organis-
men geschützt. Die Methode soll sich auch für andere Ge-
genstände, z. B. Würste, in Blase oder Pergamentpapier
eingebrachte Butter rc., empfehlen, auch können die Nahr-
ungsmittel noch in eine Mischung der beiden Stoffe einge-
legt werden, um eine längere Conservirung zu erzielen.
KUMsriMsches.
(Bo sh eit.) Frau Ai: So was von Köchin habe ich noch
nie gehabt. Innerhalb acht Tagen hat sie mir zwei Paar feine
Kaffeetassen zerschlagen. Nun stelle ich zwei Paar gewöhnliche
Taffen in den Küchenschrank — —" Frau B.: „Und die hat sie
auch zerbrochen?" — Frau A.: „Nein, denken Sie diese Bosheit,
die ließ sie ganz!"
(Die Ursache.) „Wie viel Todte?" fragte ein Arzt
während erner Epidemie den Krankenwärter im Hospital. „Neun
Stück," ist die Antwort. „Neun? Ich habe doch für zehn Me-
dicin gegeben?" „Ja, Einer hat sie nicht einnehmen wollen."
(Naturwissenschaftliches.) Lehrer: „Peter, sag'mir
welches ist das besondere Merkmal des Hundes, das ihn von
anderen Thieren unterscheidet?" — „Die Steuermarke!"
(C und Zeh.) Lehrer (zum Schüler, welcher an der
Wandtafel das große Alphabet zu schreiben beginnt): „So, mein
Sohn, Deine A und B sind gut, jetzt zeige auch einmal, wie
Deine großen C ausschauen!" Schüler: „Ach, Herr Lehrer, ich
schäme mich — meine Strümpfe sind zerrissen."
(Schwäbischer Trinkspruch.) (Historisch.) „Meine
Herre! Wenn ich das sage wollt', was ich an diesem saumäßig
feschtliche Tag alles sage könnt', so wüscht' ich wahrlich gar nöt,
was ich all' sage sollt'! Na, ich sag gar Nix! Aber, was ich
sage wollt': Das muß ich sage: es hat auch gar Nix ze sage, daß
mer nöt weiß, was mer sage soll. Denn das muß mer sage,
dieses Fescht, meine Herre, fchpricht für sich selber!"
(L eiser Wink.) Gast (zum Wirth): „Sie, Herr Wirth,
wie viel Faß Bier verzapfen Sie täglich?" Wirth: „Höchstens
sechs Faß!" Gast: „Wenn Sie nur wollten, könnten Sie noch
mehr verzapfen!" Wirth: „Wie so?" Gast: „Sie dürfen die
Gläser nur ein wenig voller schenken!"
(Schlagfertig.) Ein Betrunkener Zerschlug in einem
Bierlocal die Uhr an der Wand, weil sie seiner Ansicht nach zu
früh schlug. Der Wirth stellte ihn deßhalb zur Rede und fragte
ihn, wie er sich unterstehen könne, die Uhr zu zerschlagen, worauf
er die allerdings nicht unrichtige Antwort erhielt: „Bitte, mein
Herr, die Uhr hat anjefangen, sie hat ja zuerst geschlagen."
Verantwort!. Redakteur: Joseph Cremerius in Heidelberg.
Druck von Geb r. H über in Heidelberg.
WtthaÜWsdkll W „Wm Men".
Heidelberg, Sonntag, 26. Angust
Nr 34.
1894.
Gesund au Leib und Seele sein,
Das ist der Quell des Lebens;
Es strömet Lust durch Mark und Bein,
Die Lust des tapfer» Strebens;
Was man mit frischem Herzensblut
Und keckem Wohlbehagen thut,
Das thut man nicht vergebens.
Joh. Heinr. Voß.
85,000 Dollars.
Bon Henri Tessier-
Thomas W. F. Smithson, zufolge seiner Geburt Bür-
ger der Vereinigten Staaten von Nordamerika, war Geschäfts-
führer einer der größten Maschienenfabriken in New Jork.
Als Knabe war er in der bescheidenen Stellung eines
Hilfsarbeiters in die Fabrik von Anderson Brothers eingetreten
und war allmählich zu dem ehrenvollen, mit einem bedeutenden
Jahresgehalte verbundenen Posten eines Geschäftsführers
aufgestiegen; nicht ganz 24 Jahre alt, war er thatsächlich
die Seele der ungeheuren Unternehmung. Seine Fähigkeiten
im Maschinenfache und seine über jeden Zweifel erhabene
Ehrenhaftigkeit hatten ihm das vollste Vertrauen der Firma
Gebrüder Anderson eingetragen, und in der That wurde
nichts in dem riesenhaften Etablissement unternommen, ohne
daß vorher der in den kühnen Geschäften der Firma ausge-
wachsene Smithson zu Rathe gezogen wäre.
Eines Samstag Morgens, nachdem Smithson die ganze
Nacht hindurch an der Vilanzirung seiner Bücher gearbeitet
hatte, trat er mit einem Rechnungsauszüge in der Hand
vor seinen Chef, der nach einem Blick in die Rechnung
sein Checkbuch zur Hand nahm und eine Anweisung von
85,000 Dollars auf die Bank von Kentucky ausschrieb, es
war gerade soviel, als der Wochenlohn der Bedienstetendes
Hauses betrug. Herr Anderson beauftragte nun Smithson,
den Betrag mit Rücksicht auf dessen Höhe persönlich einkas-
siren zu wollen. Smithson schob den Check in eine große
Ledermappe,nahm diese unter seinen Arm, stülpte seinen Hut auf
den Kops, und sprang schnell in einen Omnibus. Nachdem
er die Anweisung mit einer Art Feierlichkeit einkassirt hatte,
wollte er in dem Omnibus schnell zurückfahren. Die Bank-
noten bildeten ein sehr umfangreiches Packet und verliehen
der Mappe eine, beneidenswerthe Beleibtheit. Die Hände
auf die werthvolle, auf seinen Knieen ruhende Ledertasche
gestützt, gab sich Smithson jenem träumerischen Sinnen hin,
in welches wohl alle Leute verfallen, dre eine Nacht hin-
durch nicht ins Bett gekommen sind und des Mvrgens in
einem Wagen fahren. Smithson schloß die Augen, öffnete
sie bei einem Stoß des Omnibus, schloß sie wieder und
wiederholte dieses, bis er, von der einschläfernden Hitze und
der Müdigkeit überwältigt, allen Ernstes ein sch lief. Die
Ausdünstungen verschiedenartiger Packete, welche die den
Wagen vollkommen ausfüllenden Reisegenossen Smithson'S
in des Händen trugen, erhöhten Smithson'S Müdigkeit und
gestalteten seinen Schlummer zu einem tiefen Schlaf, unmittel-
bar an der Seite einer Herrn, der emsig in einer großen,
das halbe Coupee ausfüllenden Zeitung las.
Ein heftiger Stoß, den der an einen Eckstein angefah-
rene Wagen erlitt, scheuchte Smithssn aus seinen Träumen
auf. Ein Schrei des Entsetzens und ein Fluch zugleich
entfuhr in der nächsten Sekunde seinen Lippen. Todten-
bleich erhob er seine Arme — die Ledermappe, welche er
auf seinen Knieen gehalten hatte, war verschwunden! Man
hatte Thomas W. F. Smithson in der frechsten Weise be-
stohlen. Alles Poltern, alles Wüthen war vergeblich....
Die Passagiere hatten schon längst den Wagen verlassen,
und der Condukteur, welcher entsetzt die Wuthausbrüche des
Bestohlenen über sich ergehen ließ, konnte selbstverständlich
auch nicht die kleinste Andeutung darüber geben, wechs
ruchlose Hand den Diebstahl ausgeführt hatte. Wie ein
Besessener, mit rollenden Augen und wutschäumendem
Munde, stürmte Smithson bald danach in das Kabinet
seines Chefs und theilte ihm mit heiserer, aller menschlichen
Merkmale entkleideter Stimme mit, was ihm wider-
fahren war.
Anderson blickte seinen Geschäftsführer durchdringend an
und runzelte die Stirn. Das waren die einzigen Zeichen
der innern Bewegung, in welche ihn die Eröffnung Smith-
sons versetzt hatte. „Ah!" sagte er endlich nach einer
längeren Pause in phlegmatischem Tone. „Geschickter Dieb..
Sache der Polizei melden. Mittlerweile zweite Anweisung!"
Und ohne eine Miene zu verziehen, griff Anderson nach
seinem Checkbuch, bedeckte ein Blatt mit seinen Schriftzügen,
während er seinem angstvoll harrenden Geschäftsführer
langsam die Worte sagte: „Falls sich Geld nicht findet,
Ihr Conto mit dem Betrage belasten!" Der unglückliche
Smithson zuckte zusammen, als er vernahm, auf welche
Weise die Sache in Ordnung gebracht werden sollte. Ohne
ein Wort zu erwidern, wankte er ans dem Bureau seines
Chefs.
Fünftmdachtzigtausend Dollars!! Das Vermögen^
welches er möglicherweise während seiner ganzen Laufbahn
erwehren konnte, war also im Voraus mit Beschlag belegt!..
Seine Verzweiflung erreichte aber ihren Höhepunkt, als er
bedachte, welch seltsam forschenden Blick ihm sein Chef zuge-
worfen hatte. Ihm, der Sie Ehrlichkeit in Person war!!
Daß Smithson nicht verrückt wurde oder nicht wenigstens
in eine Gehirnentzündung verfiel, hatte er nur einer Be-
günstigung des Himmels zu danken. Vergeblich durchforschte
die Polizei ganz New-Dark. Vergeblich hatte der Bestohlene,
der den Preis von 2000 Dollars auf die Verhaftung des
Diebes ausgesetzt hatte, dem Verbrecher persönlich nachge-
spürt. So vergingen zwei bange Tage- Während dieser
Zeit litt Smithson schreckliche Qualen, magerte sichtlich ab
und erblickte im Wachen und Träumen die weitgeöffneten
Augen seines Chefs vor sich. Am Abend des zweiten
Tages gab der Unglückliche alle Hoffnung auf, mit den ge-
wöhnlichen Mitteln der Sache näher zu kommen und faßte
einen unwiderruflichen Entschluß.
Am dritten Tage erschien in sämmtlichen Journalen
von New-'Jork folgende Annonce: „Ein unbekannter Thäter
hat hier SamStag-Vormittag in einem Omnibus eine Leder-
tasche mit 85,000 Dollars gestohlen, welche der Maschinen-