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«Wen kann. Diese Vorschrift besagt: „Es ist verboten,
Kleider weder für Frauen noch für Männer zu machen mit
Aermeln weiter als eine halbe Elle im weitesten Theil. Fer-
ner wird verordnet, daß alle Kleidungsstücke, deren Aermel
dieses Maß überschreiten, sofort geändert werden sollen bei
Strafe usw." — Auch schon im Mittelalter sind bekanntlich
ähnliche Verbote gegen solche Modeauswüchse gerichtet worden.
— Ein köstliches Mißverständnis ist, der Kobl.
Volksztg. zufolge, dieser Tage im telephonischen Verkehr in
Koblenz vorgekommen. Ein Metzgermeister, der auch dieser
nützlichen Einrichtung sich erfreut erwartete einen Ochsen, den
er gekauft hatte. Als derselbe über die festgesetzte Zeit aus-
blieb, begibt sich unser Meister an's Telephon und läßt sich
mit dem Schlachthaus verbinden. Der Beamte auf dem
Amt verbindet ihn mit der Adresse, die er v rstanden hatte.
Das Gespräch beginnt: Hier'X. D.: Es dä Ochs do? —
Antwort (etwas barsch): Wir haben hier keine Ochsen. —
A. D.: Met wem sein ich den verbonne? — Antwort: Mit
dem Rathhaus. — X. D.: A su, do sein allerdings- kai
Ochse. — Der Beamte hatte Rathhaus statt Schlachthaus
verstanden.
— Für fleißige Kinder in den Schulen Mexico's
ist es eine besondere Vergünstigung, daß sie während des
Unterrick ts im Schulzimmer eine Cigarre rauchen dürfen.
Da kommt es denn auch Wohl dann und wann vor, daß der
Lehrer der ganzen Klasse seine Zufriedenheit ausdrücken will
und sämmtlichen Zöglingen das Rauchen gestattet. Der
Lehrer behält natürlich als echter Mexicaner während der
ganzen Unterrichtsstunde eine große Cigarre im Munde; vor
ihm steht auf dem Katheder ein Krug Pulque (Agavenwein),
dessen alltäglich erneueter Inhalt von den Eltern der Schüler
bestritten wnd. Auch in den mexicanischen Gerichtssälen
wird fast stets geraucht, und nicht selten kommt es vor, daß
ein schwerer Verbrecher auf der Anklagebank sitzt und, mit
echt spanischer Grandezza seine Cigarre rauchend, dem Ge-
aichtshof, der sich natürlich auch in Tabakswolken hüllt, seine
Aussagen macht und das Urtheil entgegennimmt.
— Von einem der helleren Sterne im Bilde der
Kassiopeja, der mit dem zweiten Buchstaben des griechischen
Alphabets, mit Beto, bezeichnet wird, hat Herr Kostinsly
auf der Sternwarte zu Pulkowa neuerdings die Entfernung
bestimmt. Er fand, baß von diesem Sterne aus der Durch-
messer unserer Erdbahn, der doch die ganz respektable
Größe von 298 Millionen Kilometer hat, unter einem
Winkel von dem dritten Toeil einer Bogensekunde erscheint.
Der Stern ist also 1,340,000 Mal so weit von uns ent-
fernt wie die Sonne, oder rund 200 Billionen Kilometer,
eine Zahl, die sich als eine 2 mit 14 Nullen darstellt. Das
Acht, das in einer Sekunde einen Weg von 300,000 Kilo-
metern zurücklegt, braucht 21 Jahre, um von diesem Stern
zu uns zu gelangen. Ter Lichtstrahl, der in diesem Augen-
blick von dort aus gesandt wird, kommt erst im Jahre 1916 zur
Erde, u.wenn derStern heute erlöschen würde, uns würde er noch
21 Jahre leuchten, denn erst nach dieser Z? t würde sein letzter
Lichtstrahl uns erreichen. Und doch ist er noch einer der
nächsten F xsterne. Wir kennen bis heute nur ein Viertel-
Hundert dieser Himmelskörper, die uns näher stehen, von
denen einer sogar nur um 4 Lichtjahre von uns absteht,
d. h. das Licht gebracht „nur" 4 Jahre um von ihm zu uns
zu gelangen. Es ist dies der hellste Stern im Bilde der
Centauren, der sich in unseren Breiten nie über den Hort-
zont erhebt.

KumsrWfches.
— (Auch ein Grund.) Fräul. A-: „Sie haben also Jbr
Verlöbmß mit Herrn Dick ausgegeben?"-Kraul. B.: „Ja

sprechen Sie nicht darüber; aber er wurde so schrecklich stark.
Wenn Herr Dick wieder magerer wird, dann verlobe ich mich
wahrscheinlich mit ihm "
— (Verschn appt.) Madame: „Mit Wem sprachen Sie
denn eigentlich da eben ?" — Dienstmädchen: „D—d—as war doch
mein ältester Bruder." — Madame: „So, wie heißt er denn?"
Dienstmädchen: „Jobann Schmid." - Madame: „Na, Sie heißen
aber doch gar nickt Sckmid." — Dienstmädchen: „Ja, er ist doch
verheiratet, Madam/!"
— Keine Kunst. Kunstfreund: „Können Sie, wie Ru-
bens, mit einem Pinselstrich ein lachendes Kind, in ein weinendes
verwandeln?" — Maler: „Ja, wenn ich z. B. meinem kleinen
Töchterchen mit dem nassen Pinsel üb-r den Mund saüre."
—' (E i n H e re i n g e s alle ne r.) A.: „Habe ich die Ehre
den Dichter Herrn Schwärmer zu sprechen?" — Dichter: „Was
ficht zu Diensten ?" —A.: „Sie haben vor einigen Jahren in
einer hiesigen Zeitung die Annehmlichkeiten der Ehe so verlockend
geschildert, nickt wahr?" — D'ckler: „Allerdings —nun? — A :
„Nun, ich bin darauf hereingefalltn, jetzt helfen Sie mir auch aus
der Patsche!"
— (Aus der Schule.) Lchier: „Wie hieß also der ger-
manische Kriegsgott?" — Schüler: „Donner!" — Lebrer: „Rich-
tig. Und wie hieß sein Weib?" — Schüler: „Doria!"
(Unterschriften.) Der Bauer Süssen kommt vor Ge-
richt, um in einer Grundbuchangelegenheil seinen Namen zu
setzen: der Rickter fragt ihn etwas höhnisch: „Können Sie denn
auch schreiben?" — Steffen deutet aus die Unterschrift des Rich-
ters auf der Vorladung und meint: „Wenn's nicht schöner zu
sein braucht, als das da — kann ich's schon."
— (Feine Unterscheidung.) Haupimann (zum Unter-
offizier): „Der Mnjähiige Meyer het fick durch den Feldwebel bei.
mir beschwert, daß Sie !ihn Schweinhrnd geschimpft haben." —
Unteroffizier: „Herr Hauptmann werden entschuldigen, ick habe
ihn nicht Schwcinhurd geschimpft, sondern ihn nur so an-
geredet, weil er die K; cpfe nicht geputzt hatte " — Haupt-
mann : „Ab, das ändert freilich die Sacke!"

— (Tiefsinnig.) „Bata, wozu hat der Postillon a Trom-
peten?" — „Damit er halt 'mal blasen kann." — „Warum blast
er denn?" — „Was red'st dchcr. Dlast Du nit auch, wenn
Du a Trompeten hast?"

— (Boshaft.) Fürst (zu seinem Besuche, dem Prinzen
eines Großstaates): „Nun, wie gefällt Dir mein Fürstenthum„
lieber Vetter ?" — Prinz: „Brillant! — Besonders dieU mg e b-

Autidrohne« Lied.*)

Im Sacksenwalde fitz' ich hier
Bei einem Faß voll Reben,
Bin fiuster'n Muth's und lasse mir
Papier und Tinte geben.

Das Fast ist's, was mich so verdrießt:
Ich denk' des Boett'chers eben,
Und frage Jeden, der dies liest:
Wie kann der Mensch so kleben?
Mich quält ein Dämon, Haß genannt,
S.it ich's, o Schmach, erlebte,
Daß man mich von dem Stuhl verbannt,
An dem so sest ich klebte-
Die ganze Welt erscheint mir nun
So schwarz, wie nie im Leben,
Ich könnte allen Böses thun,
Dee kleben, kleben, kleben.
Wohl haben mich in Moll und Dur
Die „Drohnen" jüngst besungen;
Allein mein Haß vermehrt sich nur
Bei ihren Huldigungen.
Marsch all', die Ihr uns heut' regiert.
Fort, Boett'cher, mit dem Fasse!
Ich bin noch immer indigmrt
Un d h ässe , hasse, hasse!
*) Anspielung auf Bismarck, welcher mehrere preußische Mi-
nister mit „Drohnen" und „Klebern" verglich. Gemeint ist u. a.
auch der Minister Bötticher.

Berantwort!. Redakteur: Joseph Cremerius in Heidelberg.
Druck vsn G eb r. Hub er in Heidelberg.

MkchllWMkl M ,Mj?r Men".
. 29 Heidelberg, Sonntag, 21. Juli 1893-

Nr

Sehr wohl aus dieser Erde fährt,
Wem Gott ein frommes Weib beschert,
Sanft bringt er all sein Leben zu
In gutem Frieden, Lust und Ruh.
Wer sich mit Gott und Ehre dann
Auch Nahrung, wie er wünscht, gewann
So daß er immer süßen Wein
Genießen kann, muß fröhlich sein.
Wer endlich fromm, so lang er lebt,
Nach Recht und Weisheit edel strebt,
Und sein Gewissen rein erhält,
Dem ist sehr wohl in dieser Welt.
O wunderselig ist der Mann,
Der alle drei sich eignen kann,
„ Ein frommes Weib und süßen Wein
Und ein Gewissen süß und rein.
Joachim Belitz (1599).
Wunderbare Wirkungen u. Folgen des Tabaks.
Aus dem Nachlasse von Johannes von Dewall.
Der Tabak ist ein ganz besonderes Kraut, das den mei-
sten Männern zu einem wirklichen Bedürfniß geworden ist,
so daß viele unter ihnen lieber die Nahrung entbehren und
selbst das Getränk, als die Pfeife oder die Cigarre. Niemand
weiß es besser als wir alten Soldaten, und nirgends wird
dis Tabaksfrage einfacher gelöst als im Felde.
Hunger erträgt der Soldat. Durst und Kälte, wenn
er nur Etwas zu rauchen hat; so lange das Pfeifchen glimmt,
so lange vernimmt man auch noch ein Lied und einen Scherz
und sieht zufriedene Gesichter. Die scheinbar endlosen Ko-
lonnen entlang zieht sich der süßliche, belebende Duft, vom
Wind getragen mit dem Staube zugleich, der durch die
nägelbeschlagenen Sohlen fast zum Ersticken aufgewirbelt
wird, von der Landstraße seitwärts über Felder und Raine.
Aus dem grauhellen Nebel heraus hört man von kräftigen
Lungen trotz der Hitze von 26 Grad Reaumur, und obgleich
man heute wieder seit Tagesgrauen auf den Beinen ist, bald
„O Straßburg, o Straßburg", bald „An der Weichsel fern
im Osten", oder „Denke Dir, mein Liebchen" usw. lustig
ergingen, und es wird „feste" draus los marschirt.
Aber wie lassen die Tapferen die Ohren hängen, sobald
ihnen die Pfeife ausgeht, der Tabak ein Ende nimmt; wie
bieten sie ihr letztes Stück Geld für ein Packet des kostbaren
Krautes, wie rauchen sie „kalt" mit ingrimmigen Mienen!
Aller Sang verstummt, statt des Scherzes hört man Flüche
und Sch ltworte, und Abends am Wachtfeuer sieht man nur
finstere Gesichter. Wenn das nun so acht bis vierzehn Tage
angedauert hat, dann geht es an die Lösung der „brennen-
den Frage."
Es war nach der Schlacht bei Gitschin; trotz eines an-
haltenden Trabes von 2 Meilen auf der Straße von So-
botka nach dem Gefechtsfelde, bergauf und bergan, erreichten
wir (die 7. Division Fransecky) dasselbe erst beim Dunkel-
werden, nachdem die Pommern Wohawetz erstürmt hatten u.

auf Gitschin vorgedrungen waren. Es war ein schwüler
Gewitterabmd, die bluthrothe Gluth von vier brennenden
Dörfern erleuchtete das schwarze Gewölk. Die Horner der
Jäger bliesen zum Sammeln, überall rief man Aersten und
Wasser. Rechts und links engten steile Höhen das Thal ein,
dessen Abhang der Wald zur Hälfte bedeckte; schaurig klan-
gen die Echos aus demselben zurück in unser Bivouak. Le-
bensmittel fehlten ganz, es gab auch Nichts zu trinken, vor
Allem fehlte der Tabak. Unter österreichischen und preußi-
schen Todten und Verwundeten, auf eine Hand voll Garben
gebettet, verbrachten wir die Nacht.
Als der erste Schimmer des neuen Tages heraufdäm-
merte, weckte mich mein Capitaind'armes. — „Nun, was
bringen Sie?" — fragte ich, mich ermunternd. „Wenig
genug, Herr Hauptmann; Brod gab es gar keins und auch
kein Fleisch, nur Hafer."
„Das ist schlimm."
„Und der Hafer, — da muß ein Versehen passirt sein
in Soboka," — hier verzog der Capitänd'armes sein Gesicht
zu einem scheinheiligverlegenen Lächeln und stockte plötzlich.
„Ein Versehen?" fragte ich.^ „Zu befehlen, denn als ich
nachsah, war in den meisten Säcken Tabak —"
„Ach! — Sapp-rmenl!"
„Ich glaube, Herr Hauptmann —"
„Still, kein Wo:t!" rief ich mit Hast und rieb mir die
Hände. An Hafer war kein Mangel, aber Tabak fehlte schon
seit einigen Tagen gänzlich, darum hingen die Kerle so die
Köpfe. Dies war somit eine kostbare Entdeckung — Tabak!
— Allerdings — „Hm!" stieß ich mit Würde heraus, indem
ich meine strengste Dienstmiene aufsetzte-„das ist selt-
sam, Capitänd'armes, höchst merkwürdig, doch lassen Sie
sehen."
Jener faßte alsbald in die Rocktasche und brachte eine
gelbe Papierdüte mit Tabak zum Vorschein. Ich nahm, sah
und roch. Richtig, es war Dreikönigstabak, jener vortreff-
liche, gelbe ungarische Tabak, von dem wir einmal u. dann
nicht wieder eine kleine Probe in Praschttrtz hinter Reichen-
berg empfangen hatten.
„Nun, Capitänd'armes", fuhr ich fort— „ich hoffe doch,
daß Alles natürlich zugegangen ist. Im Uebrigen — es
hätte uns Schlimmeres passiren können als diese Verwechs-
lung. Stellen Sie einen Posten an den Wagen."
„Zu befehlen, Herr Hauptmann." Beim Antreten bekam
alsdann ein jeder Kanonier so viel von den gelb-n Düten,
als er an seinem Leibe unterbringen konnte; mit dickgeschwol-
lenen Taschen und Brodbeuteln marschierten wir darauf über
das verstaubte Schlachtfeld und rauchten wie die Essen. Es
war die erste größere Wahlstatt, die wir passirten und ver-
staubte Leichen sehen nicht gerade angenehm aus, aber trotz-
dem rauchten die Leute mit Herzenslust, mit Hochgenuß, mit
strahlenden Gesichtern. Sie begannen später sogar zu singen.
Ueberall, wohin der süße Duft drang, stockten die An-
deren, Reiter und Fußgänger, Offiziere und Gemeine sogen
den Wind ein und riefen: „Zum Teufel ! — die erste (schwere
aucht ja!"
r Das war ein Ereigniß! Die zweite Frage war denn
natürlich jedesmal die: „Wo haben denn die den Tabak
 
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