gemachten Abgaben, rch aypMrte au ihr MteS Herz, daß
sie nm mir, dem Zähler, durch ihre Weigerung vermehrte
Last und neue Gänge verursache — und ich siegte. Die Liste
wurde ausgefüllt. Sie meinen, meine verehrten Leserinnen,
jetzt müßt' ich's ja und könnt's verrathen? Ich aber erkläre
Ihnen: die Dame war gut und schön und ich, ich bin ver-
pflichteten schweigen.
Allerlei.
ß?— Westfalens ältester Baumriese Der größte
und mächtigste Baum im Lande der „rothen Erde" ist die
„alte Eiche" beim Orte Niedereimer im Arnsberger Walde,
die wegen ihrer Sehenswürdigkeit alljährlich von vielen Frem-
den besucht wird. Die Eiche hat, in Manneshöhe über dem
Boden gemessen, einen umfang von 8,75 Meter ; die Gesell-
schaft muß schon eine ziemlich große sein, welche um den
ehrwürdigen Baumriesen herum einen Ringelreigen ausführen
will. Doch der Zahn der Zeit, der nichts verschont, hat
auch Westfalens Riesenbaum bereits angegriffen, denn die
Krone des Baumes, der zwei Meter starke Neste aussendet,
droht abzusterben. In nicht zu ferner Zeit wird nur noch
die Baum-Ruine von der ehemaligen Pracht dieses deutschen
Riesenbaumes zeugen.
— Siunsprüche für ein Schwurgericht. Aus
Meiningen berichtet man: Die Räumlichkeiten des hiesigen
Schwurgerichts sind mit Bibelsprüchen geschmückt worden.
Im Zuschauerraum des VerhandlUngssaales steht hoch oben:
„Die Liebe freuet sich nicht der Ungerechtigkeit, sie freuet sich
aber der Wahrheit"; über dem Sitz für die Richter mit er-
habenen Buchstaben: „Gerechtigkeit erhöhet ein Volk, aber
die Sünde ist der Leute Verderben" ; und über dem Zeuge-
stand: „Ein falscher Zeuge bleibt nicht ungestraft und wer
Lügen frech redet, wird nicht entrinnen." Im Berathungs-
Zimmer der Geschworenen steht: „Vertheidige die Wahrheit
bis in den Tod, so wird Gott für Dich streiten."
—> Nicht zu viel Strümpfe. Friedrich von Schlegel,
der berühmte deutsche Philosoph, hatte eine tüchtige Haus-
frau zur Gemahlin. Obschon sehr gebildet und litterarisch
tüchtig, lag sie doch immer ihrer Hausarbeit, namentlich dem
Stricken ob. Ihre Freunde fanden dies sonderbar und fragten
eines Tages, warum sie nicht auch Bücher verfasse wie ihr
Mann; sie besitze ja außerordentliche Befähigung dazu. Sie
lächelte, strickte ruhig weiter und sagte: „Habe noch nie
gelesen oder gehört, daß es zu viele Strümpfe giebt in der
Welt, aber über die große Anzahl von Büchern führte schon
Salomo Beschwerde.
— Das „große Siegel". Während Staatsoberhaupt
und Minister in England außer Landes gehen können, ist
dieses dem Lord-Oberkanzler nicht gestattet. Will er sich
von den Sorgen des Amtes erholen, so muß er in Groß-
britannien bleiben. Der Grund ist ein eigenthümlicher. Er
muß nämlich stets das „Große Siegel" bei sich tragen und
das kann man dem Auslande nicht anverirauen. Dieses
Großsiegel besteht aus zwei silbernen Platten. Soll das
Siegel benutzt werden, so werden die Platten geöffnet und
es wird Wachs dazwischen gethan, Ist das Wachs erkaltet,
so ist das Siegel fertig, um es einem Schriftstück anzusügen.
Das jetzige Großsiegeli ist seit dem Regierungsantritt der
Königin im Gebrauch. Bei ihrem Tode wird es zerschnitten
und wie die früheren Großsiegel im Tower hinterlegt werden.
— Theure Fenster. In dem neuen Kaiserschiffs
„Standard", das der frühere Zar in Kopenhagen bestellt
hatte und das vor einigen Monaten vom Stapel gelaufen,
wurden kürzlich 74 Fenster eingesetzt. Jedes Fenster kostet
1000 Kronen, sodaß man sich leicht denken kann, was so
ein Kaiserschiff kosten muß!
l — Bel der Ausgrabung erucs Hünengrabes del
Wollerup, Regierungsbezirk Schleswig, die in voriger Woche
stattfand, wurde ein wissenschaftlich interessanter Fund ge-
macht, nämlich ein Bronzewagen mit 4 Rädern, auf dem
neben einer Urne mit einem zerbrochenen Schwert Pfeile
und Speerspitzen lagen; außerdem fand man auch ein gut
erhaltenes Armband.
— Vom Scharfsinn eines schottischen Schäfer-
hundes erzählt der „Spektator" folgende Geschichte: Der
Hund pflegt seinem Herrn nicht nur die Morgenschuhe^
sondern auch die Schlüssel und Alles, was ihm der Herr z
befiehlt, herunterzubringen. Eines Tages erschien er, als
er hinaufgesandt wurde, nicht wieder. Sein Herr folgte
ihm und fand, daß die Thür des Schlafzimmers vom
Wind zugeweht war, sodaß der Hund nicht wieder hinaus
konnte. Nach einigen Tagen sagte ihm sein Herr wieder,
etwas herunterzuholen und folgte ihm nach einigen Mi-
nuten, um zu sehen, was das Thier jetzt thuu würde. Er
sah, wie der Hund die Thürmatte aufrollte, um sie gegen
die Thür zu stellen, damit dieselbe nicht wieder zuschnappe..
Nachdem ibm das auch geglückt war, ging er auf die
Suche nach den Morgenschuhen. Derselbe schottische Schäfer-
hund pflegt auch, wenn der Herr nach einem Spaziergange
seinem Hause nahe kommt, voranzulaufen und die Haus-
? glocks zu läuten.
KKNwrWsches.
— (Realistische Auslegung.) Lehrer: „Mr haben
eben gelesen: „Wenn Dick das eine Auge ärgert, so reiß es aus
und wirs es von Dir." Was ist hier wohl nut dem Auge ge-
meint, Fritz? — Fritz: „Ein Hühnerauge."
— (Wohlmeinend.) Frau Kreistierarzt (welche etwas
spät zur Koffeeschlacht kommt): „Kanu ich eintreten?" — Dienst-
mädchen: „Warten's liebernoch etwas, gnä Frau — g'rad haben'K
Ihnen drinnen in der Arbeit!"
— (Keine Eile.) „Aber Marie", sagt die Hausfrau zum
Dienstmädchen, „warum öffnest Du denn die THLre nickt; mau
hat schon zwer oder dreimal geläutet." — „Das hat keine Eile,
Madam. Es ist der junge Bursche, der sich in Fräulein Elise
vergafft hat. Der läuft sobald nicht weg!"
--(Ä b g eser ti g t. Herr (Abends): „Gestatten Sie viel-
leicht, daß ich Sie begleite, mein Fräulein; es ist Abends so un-
sicher auf den Straßen..." — Fräulein: „Ach, Sie Angstmeyer !"
— (Das Schreckens kind.) „Onkelchen, was ist denn au
Dir entzwei gewesen?" — „Entzwei an mir?" — „Na, Popa.
sagte heute, er hätte Dich neulich wieder einmal ein Ärschen
geleimt."
— (Schnelle Reue.) Beamter: „Herr Chef, ich habe bei
der gestrigen Abendunterhaltung im Duscl um die Hand der
Tochter unseres Nachbars angehalten !" — Lhei: „Nun, und Sie
wünschen?" — Beamter: „Ter Mann wird sich über mich ber
Ihnen informiren; ich bitte Sie, geben Sie ihm eine recht —
schlechte Auskunft!"
— (Entrüstung) Bauer (vor dem Fenster eines großen
Möbel» Magazins, wo einige vollständige Betten 'mit Nachttisch,
Waschbecken usw. ausgestellt sind): „Du, Alte, daß sich dis Stadt-
leut nit schämen, hier schlafen zu gehen, wo's a Jever sehen kann k"
— (ZarterWink) Patien t: Ich kann nachts nicht schlafen,
Herr Doktor! — Arzt: Das ist das Gewissen, das Sie nicht
schlafen läßt, weil Sie mir meine Rechnung noch nicht bezahlt
haben!
— (Eine ausgezei chnete Parthie.) (Amerikanisch.)
Frl. Maud (zu einer Bekannten) : „Sie kennen doch den Karl
Smith, der dort drüben dem Frl. Madison die Cour macht?
Eine ausgezeichnete Parthie!" Frl. Mabel: „So?„ —Maud r
„Ja, er ist schrecklich reich und schrecklich dumm!"
— (Aus der S chul e.) In einer Trierischen Schule wurde
die Aufgabe gestellt, einen Satz zu bilden, in welchem die Worte
„Furie"und „Arie" Vorkommen sollen- Lange mußte der Frage-
steller warten: endlich stand der kleine X. aus und giebt folgendem
Satz zum Besten: „Die „furie Woch' hatte mei Papa 'nen „arien"
Durst!" Sagte es und setzte sich.
Verantwort!. Redakteur: Joseph Cremerius in Heidelberg.
Druck Son Gebr. Huber in Heidelberg.
MrhMWdM st» „Wstt Mnl'.
Nr. 25
Heidelberg, Sonntag, 23. Juni.
18VS.
Am Baum der Menschheit drängt sich Blüth' an Blüthe,
Nach ew'gen Regeln wiegen sie sich drauf;
Wenn hier die eine matt und welk verglühte,
Springt dort die andre voll und prächtig auf,
Ein ewig Kommen und ein ewig Gehen
Und nun und nimmer träger Stillestand!
Wir seh'n sie auf-, wir seh'n sie niederwehen —
Und ihre Loose ruh'n in Gotteshand.
Ferdinand Freiligrath-
Der Schneider und der Schieferdecker.
Auf dem Lande war und ist es theilweise noch Sitte,
daß die Schneider „auf die Stör" gehen, d. h. für ihre
Kunden in deren Häuser die Kleider verfertigen. Einst traf
es sich, daß in dem Städtchen B. der Schieferdecker und der
Schneider am selben Tag in einem Hause beschäftigt waren.
Der Hausvater, die erwachsenen Kinder, Knecht und Magd
waren auf dem Felde beschäftigt. Die Mutter und der kleine
Anton waren zu Hause. Es wurde Mittag. Da sagte die
Mutter: „Anton, geh', ruf den Schieferdecker zum Essen!"
„Laßt den Anton nur hier, der Schieferdecker will heute
nicht essen," sagte der Schneider. „Ist er denn krank?"
fragte die Hausfrau bekümmert. „O es ist ihm ganz wohl;
er sagte, es habe nichts zu bedeuten; wenn er aber heute
Mittag faste, sei's heute Abend wieder gut", antwortete der
boshafte Schneider. Es war natürlich gelogen. Der Schnei-
der wollte dem Schieferdecker einen Posten spielen. „Nun,
dann laß ihn gewähren, Kind, dann wollen wir allein essen,"
sagte die Mutter.
Unterdessen läutete es auf dem Stadtthurme zu Mittag.
Die letzten Töne verhallten; es schlug halb ein Uhr ; man
rief den Schieferdecker nicht zu Tisch, es schlug halb 2 Uhr;
noch immer nichts; er bekam bedenklich Hunger. Jetzt zieht
er aus der Wammstasche einen ledernen Tabaksbeutel, stopft
sich seine Pfeife und beginnt Feuer zu schlagen. Aber, o
weh, da fällt ihm der Feuerstein vom Dache herunter. Doch
es ist kein Ding so schlimm, für etwas ist es gut. Jetzt hat
er doch einen Grund, 'mal hinunter zu steigen und in der
Küche die Pfeife anzuzünden.
Am Herde findet er die Hausfrau beschäftigt, die Ge-
schirre zu spülen. Dieser fragte ganz arglos: „Nun Mei-
ster, gehts Euch besser? Der Schneider Romanus sagte mir,
Ihr seid unpäßlich und wollt heute nichts zu essen." Der
Schieferdecker wollte über den Schneider losziehen; aber da
fährt ihm ein guter Gedanke durch den Kopf. „Es geht
mir wieder besser," sagte er ruhig, „jetzt wollte ich essen.
Habt Ihr noch ein Bischen was?"
„Fleisch nicht mehr", antwortete die Frau, „der Ro-
manus hat heute Fleisch gegessen, als wenn er hängen sollte;
von den andern Speisen hat er nichts berührt."
„O weh, dann könnte er am Ende einen Zufall kriegen,"
brummte der Schieferdecker vor sich hin.
Wo es sich um Neuigkeiten handelt, haben die Frauen
bekanntlich ein feines Gehör. „Ein Zufall, was für einen
Zufall?" fragte die Frau. „O nichts, nichts," sagte jener
und wollte sich entfernen. „Nein!" rief sie und stellte sich
vor die Küchenthüre auf, „Ihr kommt mir nicht fort, ehe Ihr
nicht sagt, was es mit dem Zufall ist: ich bin nicht neu-
gierig, aber dieses möchte ich gerne wissen." WM
„Unter einer Bedingung will ich es sagen," entgegnete
der Schieferdecker, „daß Ihr dem Romanus helft, wenn der
Zufall kommen sollte." „Gewiß!" rief sie. „Nun will ich
es Euch sagen; der Schneider könnte die fallende Sucht be-
kommen. Aber Ihr könnt ihm Helsen."
„Was muß ich thun?" — „Wenn es Zeit ist, müßt
Ihr ihm einen großen Eimer kalten Wassers über den Leib
schütten, dann ist er kurirt, wenn Ihr das thun wollt."
„Sehr gerne, zwei, wenn's sein muß." — „Ihr dürst
aber nicht warten, bis er den Anfall kriegt; Ihr müßt das
Wasser vorher über ihn gießen."
„Aber wann soll das geschehen?" — „Wann er ins
Tuch beißt, an dem er näht, dann ist's Zeit."
„Schneider, Dir wird geholfen!" rief die Hausfrau
triumphirend. „Aber schreit doch nit so! Wie wollt Ihr
es denn ansangen?"
„Sehr einfach; ich setze mich zu Romanns in die Stube
und schäle Kartoffeln; ich setze den großen Eimer voll Wasser
neben mich. Wenn er dann ins Tuch beißt, dannfgieße ich
ihm das Wasser über den Kops."
Die gute Frau setzte sich richtig mit den Kartoffeln und
einem Eimer Wasser in die Stube, dicht neben den ahnungs-
losen Schneider. Es dauerte nicht lange, bis Romanus ins
Tuch biß. Der kleine Anton wurde ungeduldig.
„Mutter," sagte er, „wann willst Du das Wasser über
Onkel Romanus .. ."
„Junge, willst Du wohl gleich still sein!"
„Was will der Kleine ?" fragte der Schneider. „O die
Kinder!" antwortete sie.
Jetzt war die Naht fertig und Meister Romanus begann
sie nach allen Regeln der Kunst zurechtzubeißen. Das war
der Moment für unsere brave Hausfrau. In einem Nu hatte
sie sich erhoben, blitzschnell hob sie den Eimer in die Höhe
über Meister Romanus'Haupt, drehte ihn um, und—patsch!
war der Schneider von oben bis unten übergossen, so naß
wie ein geschwemmter Pudel.
Er hatte nun zu thun; um wieder den „Schnaufer" zu
kriegen, der ihm unter dem kalten Bad schier ausgegangen
war. „Ha, ha," stöhnte er endlich, „Hausfrau, seid Ihr
verrückt?"
„Nein, ich bin nicht verrückt, aber seid Ihr froh, daß
Ihr Euer Leiden los seid."
„Leiden — was für ein Leiden?" — „Ihr habt das
fallende Weh."
„Ich habe nur gesagt, er könne es kriegen", sagte der
eintretende Schieferdecker. Demselben rannen die dicken Thrä-
nen über die Wangen; ob er so gelacht hatte über das Ge-
lingen seines Planes, oder ob es Reuethränen waren, habe
ich nicht erfahren können. Während sich der Schneider um-
kleidete,, machte die biedere Hausfrau für die ganze Gesell-
schaft einen guten Kaffee, den man in der heitersten Laune
zur Versöhnung trank.
sie nm mir, dem Zähler, durch ihre Weigerung vermehrte
Last und neue Gänge verursache — und ich siegte. Die Liste
wurde ausgefüllt. Sie meinen, meine verehrten Leserinnen,
jetzt müßt' ich's ja und könnt's verrathen? Ich aber erkläre
Ihnen: die Dame war gut und schön und ich, ich bin ver-
pflichteten schweigen.
Allerlei.
ß?— Westfalens ältester Baumriese Der größte
und mächtigste Baum im Lande der „rothen Erde" ist die
„alte Eiche" beim Orte Niedereimer im Arnsberger Walde,
die wegen ihrer Sehenswürdigkeit alljährlich von vielen Frem-
den besucht wird. Die Eiche hat, in Manneshöhe über dem
Boden gemessen, einen umfang von 8,75 Meter ; die Gesell-
schaft muß schon eine ziemlich große sein, welche um den
ehrwürdigen Baumriesen herum einen Ringelreigen ausführen
will. Doch der Zahn der Zeit, der nichts verschont, hat
auch Westfalens Riesenbaum bereits angegriffen, denn die
Krone des Baumes, der zwei Meter starke Neste aussendet,
droht abzusterben. In nicht zu ferner Zeit wird nur noch
die Baum-Ruine von der ehemaligen Pracht dieses deutschen
Riesenbaumes zeugen.
— Siunsprüche für ein Schwurgericht. Aus
Meiningen berichtet man: Die Räumlichkeiten des hiesigen
Schwurgerichts sind mit Bibelsprüchen geschmückt worden.
Im Zuschauerraum des VerhandlUngssaales steht hoch oben:
„Die Liebe freuet sich nicht der Ungerechtigkeit, sie freuet sich
aber der Wahrheit"; über dem Sitz für die Richter mit er-
habenen Buchstaben: „Gerechtigkeit erhöhet ein Volk, aber
die Sünde ist der Leute Verderben" ; und über dem Zeuge-
stand: „Ein falscher Zeuge bleibt nicht ungestraft und wer
Lügen frech redet, wird nicht entrinnen." Im Berathungs-
Zimmer der Geschworenen steht: „Vertheidige die Wahrheit
bis in den Tod, so wird Gott für Dich streiten."
—> Nicht zu viel Strümpfe. Friedrich von Schlegel,
der berühmte deutsche Philosoph, hatte eine tüchtige Haus-
frau zur Gemahlin. Obschon sehr gebildet und litterarisch
tüchtig, lag sie doch immer ihrer Hausarbeit, namentlich dem
Stricken ob. Ihre Freunde fanden dies sonderbar und fragten
eines Tages, warum sie nicht auch Bücher verfasse wie ihr
Mann; sie besitze ja außerordentliche Befähigung dazu. Sie
lächelte, strickte ruhig weiter und sagte: „Habe noch nie
gelesen oder gehört, daß es zu viele Strümpfe giebt in der
Welt, aber über die große Anzahl von Büchern führte schon
Salomo Beschwerde.
— Das „große Siegel". Während Staatsoberhaupt
und Minister in England außer Landes gehen können, ist
dieses dem Lord-Oberkanzler nicht gestattet. Will er sich
von den Sorgen des Amtes erholen, so muß er in Groß-
britannien bleiben. Der Grund ist ein eigenthümlicher. Er
muß nämlich stets das „Große Siegel" bei sich tragen und
das kann man dem Auslande nicht anverirauen. Dieses
Großsiegel besteht aus zwei silbernen Platten. Soll das
Siegel benutzt werden, so werden die Platten geöffnet und
es wird Wachs dazwischen gethan, Ist das Wachs erkaltet,
so ist das Siegel fertig, um es einem Schriftstück anzusügen.
Das jetzige Großsiegeli ist seit dem Regierungsantritt der
Königin im Gebrauch. Bei ihrem Tode wird es zerschnitten
und wie die früheren Großsiegel im Tower hinterlegt werden.
— Theure Fenster. In dem neuen Kaiserschiffs
„Standard", das der frühere Zar in Kopenhagen bestellt
hatte und das vor einigen Monaten vom Stapel gelaufen,
wurden kürzlich 74 Fenster eingesetzt. Jedes Fenster kostet
1000 Kronen, sodaß man sich leicht denken kann, was so
ein Kaiserschiff kosten muß!
l — Bel der Ausgrabung erucs Hünengrabes del
Wollerup, Regierungsbezirk Schleswig, die in voriger Woche
stattfand, wurde ein wissenschaftlich interessanter Fund ge-
macht, nämlich ein Bronzewagen mit 4 Rädern, auf dem
neben einer Urne mit einem zerbrochenen Schwert Pfeile
und Speerspitzen lagen; außerdem fand man auch ein gut
erhaltenes Armband.
— Vom Scharfsinn eines schottischen Schäfer-
hundes erzählt der „Spektator" folgende Geschichte: Der
Hund pflegt seinem Herrn nicht nur die Morgenschuhe^
sondern auch die Schlüssel und Alles, was ihm der Herr z
befiehlt, herunterzubringen. Eines Tages erschien er, als
er hinaufgesandt wurde, nicht wieder. Sein Herr folgte
ihm und fand, daß die Thür des Schlafzimmers vom
Wind zugeweht war, sodaß der Hund nicht wieder hinaus
konnte. Nach einigen Tagen sagte ihm sein Herr wieder,
etwas herunterzuholen und folgte ihm nach einigen Mi-
nuten, um zu sehen, was das Thier jetzt thuu würde. Er
sah, wie der Hund die Thürmatte aufrollte, um sie gegen
die Thür zu stellen, damit dieselbe nicht wieder zuschnappe..
Nachdem ibm das auch geglückt war, ging er auf die
Suche nach den Morgenschuhen. Derselbe schottische Schäfer-
hund pflegt auch, wenn der Herr nach einem Spaziergange
seinem Hause nahe kommt, voranzulaufen und die Haus-
? glocks zu läuten.
KKNwrWsches.
— (Realistische Auslegung.) Lehrer: „Mr haben
eben gelesen: „Wenn Dick das eine Auge ärgert, so reiß es aus
und wirs es von Dir." Was ist hier wohl nut dem Auge ge-
meint, Fritz? — Fritz: „Ein Hühnerauge."
— (Wohlmeinend.) Frau Kreistierarzt (welche etwas
spät zur Koffeeschlacht kommt): „Kanu ich eintreten?" — Dienst-
mädchen: „Warten's liebernoch etwas, gnä Frau — g'rad haben'K
Ihnen drinnen in der Arbeit!"
— (Keine Eile.) „Aber Marie", sagt die Hausfrau zum
Dienstmädchen, „warum öffnest Du denn die THLre nickt; mau
hat schon zwer oder dreimal geläutet." — „Das hat keine Eile,
Madam. Es ist der junge Bursche, der sich in Fräulein Elise
vergafft hat. Der läuft sobald nicht weg!"
--(Ä b g eser ti g t. Herr (Abends): „Gestatten Sie viel-
leicht, daß ich Sie begleite, mein Fräulein; es ist Abends so un-
sicher auf den Straßen..." — Fräulein: „Ach, Sie Angstmeyer !"
— (Das Schreckens kind.) „Onkelchen, was ist denn au
Dir entzwei gewesen?" — „Entzwei an mir?" — „Na, Popa.
sagte heute, er hätte Dich neulich wieder einmal ein Ärschen
geleimt."
— (Schnelle Reue.) Beamter: „Herr Chef, ich habe bei
der gestrigen Abendunterhaltung im Duscl um die Hand der
Tochter unseres Nachbars angehalten !" — Lhei: „Nun, und Sie
wünschen?" — Beamter: „Ter Mann wird sich über mich ber
Ihnen informiren; ich bitte Sie, geben Sie ihm eine recht —
schlechte Auskunft!"
— (Entrüstung) Bauer (vor dem Fenster eines großen
Möbel» Magazins, wo einige vollständige Betten 'mit Nachttisch,
Waschbecken usw. ausgestellt sind): „Du, Alte, daß sich dis Stadt-
leut nit schämen, hier schlafen zu gehen, wo's a Jever sehen kann k"
— (ZarterWink) Patien t: Ich kann nachts nicht schlafen,
Herr Doktor! — Arzt: Das ist das Gewissen, das Sie nicht
schlafen läßt, weil Sie mir meine Rechnung noch nicht bezahlt
haben!
— (Eine ausgezei chnete Parthie.) (Amerikanisch.)
Frl. Maud (zu einer Bekannten) : „Sie kennen doch den Karl
Smith, der dort drüben dem Frl. Madison die Cour macht?
Eine ausgezeichnete Parthie!" Frl. Mabel: „So?„ —Maud r
„Ja, er ist schrecklich reich und schrecklich dumm!"
— (Aus der S chul e.) In einer Trierischen Schule wurde
die Aufgabe gestellt, einen Satz zu bilden, in welchem die Worte
„Furie"und „Arie" Vorkommen sollen- Lange mußte der Frage-
steller warten: endlich stand der kleine X. aus und giebt folgendem
Satz zum Besten: „Die „furie Woch' hatte mei Papa 'nen „arien"
Durst!" Sagte es und setzte sich.
Verantwort!. Redakteur: Joseph Cremerius in Heidelberg.
Druck Son Gebr. Huber in Heidelberg.
MrhMWdM st» „Wstt Mnl'.
Nr. 25
Heidelberg, Sonntag, 23. Juni.
18VS.
Am Baum der Menschheit drängt sich Blüth' an Blüthe,
Nach ew'gen Regeln wiegen sie sich drauf;
Wenn hier die eine matt und welk verglühte,
Springt dort die andre voll und prächtig auf,
Ein ewig Kommen und ein ewig Gehen
Und nun und nimmer träger Stillestand!
Wir seh'n sie auf-, wir seh'n sie niederwehen —
Und ihre Loose ruh'n in Gotteshand.
Ferdinand Freiligrath-
Der Schneider und der Schieferdecker.
Auf dem Lande war und ist es theilweise noch Sitte,
daß die Schneider „auf die Stör" gehen, d. h. für ihre
Kunden in deren Häuser die Kleider verfertigen. Einst traf
es sich, daß in dem Städtchen B. der Schieferdecker und der
Schneider am selben Tag in einem Hause beschäftigt waren.
Der Hausvater, die erwachsenen Kinder, Knecht und Magd
waren auf dem Felde beschäftigt. Die Mutter und der kleine
Anton waren zu Hause. Es wurde Mittag. Da sagte die
Mutter: „Anton, geh', ruf den Schieferdecker zum Essen!"
„Laßt den Anton nur hier, der Schieferdecker will heute
nicht essen," sagte der Schneider. „Ist er denn krank?"
fragte die Hausfrau bekümmert. „O es ist ihm ganz wohl;
er sagte, es habe nichts zu bedeuten; wenn er aber heute
Mittag faste, sei's heute Abend wieder gut", antwortete der
boshafte Schneider. Es war natürlich gelogen. Der Schnei-
der wollte dem Schieferdecker einen Posten spielen. „Nun,
dann laß ihn gewähren, Kind, dann wollen wir allein essen,"
sagte die Mutter.
Unterdessen läutete es auf dem Stadtthurme zu Mittag.
Die letzten Töne verhallten; es schlug halb ein Uhr ; man
rief den Schieferdecker nicht zu Tisch, es schlug halb 2 Uhr;
noch immer nichts; er bekam bedenklich Hunger. Jetzt zieht
er aus der Wammstasche einen ledernen Tabaksbeutel, stopft
sich seine Pfeife und beginnt Feuer zu schlagen. Aber, o
weh, da fällt ihm der Feuerstein vom Dache herunter. Doch
es ist kein Ding so schlimm, für etwas ist es gut. Jetzt hat
er doch einen Grund, 'mal hinunter zu steigen und in der
Küche die Pfeife anzuzünden.
Am Herde findet er die Hausfrau beschäftigt, die Ge-
schirre zu spülen. Dieser fragte ganz arglos: „Nun Mei-
ster, gehts Euch besser? Der Schneider Romanus sagte mir,
Ihr seid unpäßlich und wollt heute nichts zu essen." Der
Schieferdecker wollte über den Schneider losziehen; aber da
fährt ihm ein guter Gedanke durch den Kopf. „Es geht
mir wieder besser," sagte er ruhig, „jetzt wollte ich essen.
Habt Ihr noch ein Bischen was?"
„Fleisch nicht mehr", antwortete die Frau, „der Ro-
manus hat heute Fleisch gegessen, als wenn er hängen sollte;
von den andern Speisen hat er nichts berührt."
„O weh, dann könnte er am Ende einen Zufall kriegen,"
brummte der Schieferdecker vor sich hin.
Wo es sich um Neuigkeiten handelt, haben die Frauen
bekanntlich ein feines Gehör. „Ein Zufall, was für einen
Zufall?" fragte die Frau. „O nichts, nichts," sagte jener
und wollte sich entfernen. „Nein!" rief sie und stellte sich
vor die Küchenthüre auf, „Ihr kommt mir nicht fort, ehe Ihr
nicht sagt, was es mit dem Zufall ist: ich bin nicht neu-
gierig, aber dieses möchte ich gerne wissen." WM
„Unter einer Bedingung will ich es sagen," entgegnete
der Schieferdecker, „daß Ihr dem Romanus helft, wenn der
Zufall kommen sollte." „Gewiß!" rief sie. „Nun will ich
es Euch sagen; der Schneider könnte die fallende Sucht be-
kommen. Aber Ihr könnt ihm Helsen."
„Was muß ich thun?" — „Wenn es Zeit ist, müßt
Ihr ihm einen großen Eimer kalten Wassers über den Leib
schütten, dann ist er kurirt, wenn Ihr das thun wollt."
„Sehr gerne, zwei, wenn's sein muß." — „Ihr dürst
aber nicht warten, bis er den Anfall kriegt; Ihr müßt das
Wasser vorher über ihn gießen."
„Aber wann soll das geschehen?" — „Wann er ins
Tuch beißt, an dem er näht, dann ist's Zeit."
„Schneider, Dir wird geholfen!" rief die Hausfrau
triumphirend. „Aber schreit doch nit so! Wie wollt Ihr
es denn ansangen?"
„Sehr einfach; ich setze mich zu Romanns in die Stube
und schäle Kartoffeln; ich setze den großen Eimer voll Wasser
neben mich. Wenn er dann ins Tuch beißt, dannfgieße ich
ihm das Wasser über den Kops."
Die gute Frau setzte sich richtig mit den Kartoffeln und
einem Eimer Wasser in die Stube, dicht neben den ahnungs-
losen Schneider. Es dauerte nicht lange, bis Romanus ins
Tuch biß. Der kleine Anton wurde ungeduldig.
„Mutter," sagte er, „wann willst Du das Wasser über
Onkel Romanus .. ."
„Junge, willst Du wohl gleich still sein!"
„Was will der Kleine ?" fragte der Schneider. „O die
Kinder!" antwortete sie.
Jetzt war die Naht fertig und Meister Romanus begann
sie nach allen Regeln der Kunst zurechtzubeißen. Das war
der Moment für unsere brave Hausfrau. In einem Nu hatte
sie sich erhoben, blitzschnell hob sie den Eimer in die Höhe
über Meister Romanus'Haupt, drehte ihn um, und—patsch!
war der Schneider von oben bis unten übergossen, so naß
wie ein geschwemmter Pudel.
Er hatte nun zu thun; um wieder den „Schnaufer" zu
kriegen, der ihm unter dem kalten Bad schier ausgegangen
war. „Ha, ha," stöhnte er endlich, „Hausfrau, seid Ihr
verrückt?"
„Nein, ich bin nicht verrückt, aber seid Ihr froh, daß
Ihr Euer Leiden los seid."
„Leiden — was für ein Leiden?" — „Ihr habt das
fallende Weh."
„Ich habe nur gesagt, er könne es kriegen", sagte der
eintretende Schieferdecker. Demselben rannen die dicken Thrä-
nen über die Wangen; ob er so gelacht hatte über das Ge-
lingen seines Planes, oder ob es Reuethränen waren, habe
ich nicht erfahren können. Während sich der Schneider um-
kleidete,, machte die biedere Hausfrau für die ganze Gesell-
schaft einen guten Kaffee, den man in der heitersten Laune
zur Versöhnung trank.