Untrvhaltungsökrrii
Ls
„Ufätzer Moten".
Sonntag, den 11. April.
L8V7.
Die Klut-Wränen Christi.
- (Nachdruck verboten.)
Ua, in den Angen liegt das Herz,
Mit seinen Freuden, seinen Leiden
Und alle Lust und aller Schmerz
Die eines Menschen Seele scheiden.
In Deine Augen stieg das Herz,
O Herr, man sah es durch die Lider;
In blut'gen Tropfen floß der Schmerz,
Dein Herzblut aus den Augen nieder.
Der Oelberg zog die Zähren ein
Der Angst um Dich und uns're Sünden. —
Ach, möcht' mein Herz am Oelberg sein.
In dem die Thränen Boden finden!
--E-S-
Aus Freiers Füßen.
Erzählung.
(Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.)
trat ein junges Mädchen aus der Kirchenthür, das
'"""en Blick sofort fesselte, und zwar durch den reinen,
frommen Ausdruck seines Gesichtchens. Erst später
bemerkte ich das reiche braune Haar, die schönen,
ssi»,^Augcn und die kräftige und doch zierliche Gestalt der
batte wohl viele Freunde und Bekannte unter den Fest-
drij,,",' "sun oftmals wurde sie angesprocheu, auch Kinder
di 3" ihr hin, und jetzt rief die dicke Händlerin sie
^rkai s Extra-Leckeres ihre Warmbrnnner Küchlein zum
dti, o- < aubot. Meine junge Unbekannte trat denn auch an
i>e» .eckenden süßen Tisch und ließ sich eine große Düte von
Ivar -"""en braunen gebackenen Dingern geben. Zum Glück
§hcht n Augenblick das Gedränge um den Stand der Händlerin
Rch pW; einen Knaben ziemlich kräftig beiseite schiebend, stand
ht!er<u. "bor dem Verkansstisch, ebenfalls nm eine Düte des
N Gebäckes bittend.
dah daß ich in meinem Eifer eins nicht bedachte, nämlich,
^rde r. Mädchen sicher nicht an dem Tische stehen bleiben
d>s auch meine Düte gefüllt sei. — Und richtig. Die
in sjjn^u fing eben an, auf recht umständliche Weise die meine
'M?, w' meine Unbekannte auch schon mit einem hastigen
Dicken-tU sich umwandte und im nächsten Augenblick meinen
Sktzxs"Un Gedränge entschwand. Vielleicht wäre ich versucht
de»««»' den angeknüpften Handel unvollendet zn lassen und
dfiii^udchen zu folgen, hätte ich nicht das beschämende Em-
olij i-jAehE' daß cs so schleunig geflohen, weil ihm mein
-gefallen. So hielt ich denn also aus und wartete
iim meine Düte gefüllt war, nur wie zufällig nach
lfic EZ Aeu Fräulein fragend, das sie eben bedient, ob sie wisse,
dkii, P, e°e, und wer es sei. Aber da kam ich erst recht ans
^en in die Traufe, das heißt in noch gründlichere Be-
schämung hinein. Schien mich doch die Händlerin für einen
richtigen Don Juan zu halten. Sie wisse gar nichts — sie
verkaufe ihre Kuchen an braune und blonde Mädchen, an Alte
nnd Junge, ohne sich weiter um das Woher und Wohin zu
kümmern, und ich thne nach ihrer Meinung durchaus gut, wenn
ich cs ebenso mache, so lautete ihr Bescheid.
Ich glaube, ich habe ein ziemlich verblüfftes Gesicht zu ihrer
Standrede aufgesetzt — denn schließlich wurde ihre strenge Miene
milder, und wie um mich zu trösten, öffnete sie die für mich
bestimmte Düte noch einmal und schob noch ein oder zwei Küch-
lein hinein. „Nichts für ungut," meinte sie dazu, „aber cs
gibt hier im Sommer allerlei Herrenvolk, von dem es besser
wäre, es käme nicht in unsere Berge."
Das war so wahr und so weise gesprochen, daß ich darüber
ganz vergaß, daß mich die Alte offenbar auch zu jener Gattung
zählte, und ihr zum Zeichen meiner Zustimmung freundschaftlich
zunickte, als ich meine Düte in Empfang nahm. Daun begann
ich den Abstieg hiuuuterzuklettcrn, und zwar ziemlich verstimmt
und ärgerlich. Der Mensch ist eben ein sehr undankbares und
sehr vergeßliches Geschöpf. Zum Glück für mich brachte mich
eine festliche Kinderschaar, die Händchen gefüllt mit süßen oder
heiligen Dingen, das heißt mit Kuchen oder Heiligeubildcheu,
die ihnen St. Anna zu Ehren beschert worden waren, auf
bessere, fröhlichere Gedanken. Ich war eben ein Narr gewesen,
trotz meiner Professoreuwürde, aber noch thörichtcr würde ich
bandeln, wenn ich mir den schönen Tag verkümmerte durch
Aergerlichsein. Es blieb schon doch dabei, daß St. Anna ihr
Versprechen gehalten, das sie im Traume mir gegeben. Ich
hatte das Mädchen gesehen, nach dem ich zu suchen hatte, so
ich wirklich auf Freiersfüßeu stände — es that nichts, ob es
braun oder blond, ob es hier oder dort zn Hause. Worauf es
ankam, das war ein schlichter, frommer Sinn und ein un-
schuldiges Herz. Ein Mädchen, welches diese Schätze besaß,
wollte ich freien — auf daß in meinem Hause eine edle einfache
Frau walte, eine Frau, die meiner lieben Mutter gliche. Dazu
wollte ich die Augen aufhalten, dazu sollte mir das holde, züchtige
Mädchen dienen, welches ich heute droben beim St. Anneu-
kapellchen gesehen.
Und da wurde auch mein Antlitz wieder hell, da that ich
meine Düte auf und hob an, ihren süßen Inhalt unter die
jauchzenden Kinder zu vertheileu.
Das war eine Lust und ein hübscher Schluß meiner
St. Annenfeier.
III.
Ich konnte es meinem guten Leopold durchaus nicht verdenken,
daß er mir böse war und gehörig zürnte, daß ich ihn so lange
warten ließ. Aber Rübezahl mußte es mir augethan und meine
F-reiersfüße in Wanderfüßen verwandelt haben. Es war so
schön und duftig in den mächtigen Tannenwäldern hoch oben
im Gebirge, daß es mich ganz und gar nicht nach Marienthal
hinabzog. Das war treulos gegen den Freund, der es so gut
mit mir Vorhalte, daß mir wirklich nichts anderes übrig blieb,
als meine Schuld eiuzugestehen. Noch schlimmeren Stand hatte
ich natürlich seinem Frauchen gegenüber.
Ls
„Ufätzer Moten".
Sonntag, den 11. April.
L8V7.
Die Klut-Wränen Christi.
- (Nachdruck verboten.)
Ua, in den Angen liegt das Herz,
Mit seinen Freuden, seinen Leiden
Und alle Lust und aller Schmerz
Die eines Menschen Seele scheiden.
In Deine Augen stieg das Herz,
O Herr, man sah es durch die Lider;
In blut'gen Tropfen floß der Schmerz,
Dein Herzblut aus den Augen nieder.
Der Oelberg zog die Zähren ein
Der Angst um Dich und uns're Sünden. —
Ach, möcht' mein Herz am Oelberg sein.
In dem die Thränen Boden finden!
--E-S-
Aus Freiers Füßen.
Erzählung.
(Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.)
trat ein junges Mädchen aus der Kirchenthür, das
'"""en Blick sofort fesselte, und zwar durch den reinen,
frommen Ausdruck seines Gesichtchens. Erst später
bemerkte ich das reiche braune Haar, die schönen,
ssi»,^Augcn und die kräftige und doch zierliche Gestalt der
batte wohl viele Freunde und Bekannte unter den Fest-
drij,,",' "sun oftmals wurde sie angesprocheu, auch Kinder
di 3" ihr hin, und jetzt rief die dicke Händlerin sie
^rkai s Extra-Leckeres ihre Warmbrnnner Küchlein zum
dti, o- < aubot. Meine junge Unbekannte trat denn auch an
i>e» .eckenden süßen Tisch und ließ sich eine große Düte von
Ivar -"""en braunen gebackenen Dingern geben. Zum Glück
§hcht n Augenblick das Gedränge um den Stand der Händlerin
Rch pW; einen Knaben ziemlich kräftig beiseite schiebend, stand
ht!er<u. "bor dem Verkansstisch, ebenfalls nm eine Düte des
N Gebäckes bittend.
dah daß ich in meinem Eifer eins nicht bedachte, nämlich,
^rde r. Mädchen sicher nicht an dem Tische stehen bleiben
d>s auch meine Düte gefüllt sei. — Und richtig. Die
in sjjn^u fing eben an, auf recht umständliche Weise die meine
'M?, w' meine Unbekannte auch schon mit einem hastigen
Dicken-tU sich umwandte und im nächsten Augenblick meinen
Sktzxs"Un Gedränge entschwand. Vielleicht wäre ich versucht
de»««»' den angeknüpften Handel unvollendet zn lassen und
dfiii^udchen zu folgen, hätte ich nicht das beschämende Em-
olij i-jAehE' daß cs so schleunig geflohen, weil ihm mein
-gefallen. So hielt ich denn also aus und wartete
iim meine Düte gefüllt war, nur wie zufällig nach
lfic EZ Aeu Fräulein fragend, das sie eben bedient, ob sie wisse,
dkii, P, e°e, und wer es sei. Aber da kam ich erst recht ans
^en in die Traufe, das heißt in noch gründlichere Be-
schämung hinein. Schien mich doch die Händlerin für einen
richtigen Don Juan zu halten. Sie wisse gar nichts — sie
verkaufe ihre Kuchen an braune und blonde Mädchen, an Alte
nnd Junge, ohne sich weiter um das Woher und Wohin zu
kümmern, und ich thne nach ihrer Meinung durchaus gut, wenn
ich cs ebenso mache, so lautete ihr Bescheid.
Ich glaube, ich habe ein ziemlich verblüfftes Gesicht zu ihrer
Standrede aufgesetzt — denn schließlich wurde ihre strenge Miene
milder, und wie um mich zu trösten, öffnete sie die für mich
bestimmte Düte noch einmal und schob noch ein oder zwei Küch-
lein hinein. „Nichts für ungut," meinte sie dazu, „aber cs
gibt hier im Sommer allerlei Herrenvolk, von dem es besser
wäre, es käme nicht in unsere Berge."
Das war so wahr und so weise gesprochen, daß ich darüber
ganz vergaß, daß mich die Alte offenbar auch zu jener Gattung
zählte, und ihr zum Zeichen meiner Zustimmung freundschaftlich
zunickte, als ich meine Düte in Empfang nahm. Daun begann
ich den Abstieg hiuuuterzuklettcrn, und zwar ziemlich verstimmt
und ärgerlich. Der Mensch ist eben ein sehr undankbares und
sehr vergeßliches Geschöpf. Zum Glück für mich brachte mich
eine festliche Kinderschaar, die Händchen gefüllt mit süßen oder
heiligen Dingen, das heißt mit Kuchen oder Heiligeubildcheu,
die ihnen St. Anna zu Ehren beschert worden waren, auf
bessere, fröhlichere Gedanken. Ich war eben ein Narr gewesen,
trotz meiner Professoreuwürde, aber noch thörichtcr würde ich
bandeln, wenn ich mir den schönen Tag verkümmerte durch
Aergerlichsein. Es blieb schon doch dabei, daß St. Anna ihr
Versprechen gehalten, das sie im Traume mir gegeben. Ich
hatte das Mädchen gesehen, nach dem ich zu suchen hatte, so
ich wirklich auf Freiersfüßeu stände — es that nichts, ob es
braun oder blond, ob es hier oder dort zn Hause. Worauf es
ankam, das war ein schlichter, frommer Sinn und ein un-
schuldiges Herz. Ein Mädchen, welches diese Schätze besaß,
wollte ich freien — auf daß in meinem Hause eine edle einfache
Frau walte, eine Frau, die meiner lieben Mutter gliche. Dazu
wollte ich die Augen aufhalten, dazu sollte mir das holde, züchtige
Mädchen dienen, welches ich heute droben beim St. Anneu-
kapellchen gesehen.
Und da wurde auch mein Antlitz wieder hell, da that ich
meine Düte auf und hob an, ihren süßen Inhalt unter die
jauchzenden Kinder zu vertheileu.
Das war eine Lust und ein hübscher Schluß meiner
St. Annenfeier.
III.
Ich konnte es meinem guten Leopold durchaus nicht verdenken,
daß er mir böse war und gehörig zürnte, daß ich ihn so lange
warten ließ. Aber Rübezahl mußte es mir augethan und meine
F-reiersfüße in Wanderfüßen verwandelt haben. Es war so
schön und duftig in den mächtigen Tannenwäldern hoch oben
im Gebirge, daß es mich ganz und gar nicht nach Marienthal
hinabzog. Das war treulos gegen den Freund, der es so gut
mit mir Vorhalte, daß mir wirklich nichts anderes übrig blieb,
als meine Schuld eiuzugestehen. Noch schlimmeren Stand hatte
ich natürlich seinem Frauchen gegenüber.