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Frau Euphrostne setzte ein solches Schmollgesichtchen auf,
daß mir ganz angst und bange wurde. Sie erklärte mir, daß
sie ihrerseits ganz sicherlich nie einen Finger für mich rühren
werde, und stellte mich denn auch schließlich ihrer schönen
Freundin, Fräulein Helene Jeinert, als den unliebenswürdigsten
und unzuverlässigsten aller Menschen vor, gewiß keine Empfehlung
für den armen Mann auf Freicrsfüßen, der ihm zugcdachten
Schönen gegenüber. Kein Wunder, daß ich mich sehr zerknirscht
fühlte und alle mir irgend innewohnenden geselligen Talente
ans Tageslicht zu fördern suchte, um meinen bösen Leumund
zu entkräften, allein ich fürchte, daß mein Erfolg ein sehr
mittelmäßiger war; wenigstens meinte mein lieber Freund, ich
habe noch unendlich viel nachzuholen, um das so leichtsinnig
Versäumte wieder gut zu machen.
„Du hast ja selber gesehen, wie Assessor Neubert sich auf
Damen versteht. Er kam vorgestern an und hat seine Zeit gut
benutzt, denn beide, meine Frau und Fräulein Helene, finden
ihn ganz charmant, und da könnte es eben doch sein, daß er
Dir den Vorrang abliefe."
„Hm, ja, aber ich habe ja auch noch gar nicht gelaufen,"
erwiderte ich halb
ärgerlich, halb be-
lustigt, „und da
könnte ich es ja
auch ebenso gut
ganz bleiben las-
sen — noch bricht
es zum Glück kei-
nem das Herz."
„Wie Du wie-
der redest! Aber
wirklich, lieber Jo-
seph, Du solltest
Dein Glück nicht
so leichtsinnig ver-
scherzen. » Fräu-
lein Helene ist, ich
versichere es Dich,
ganz die Frau,
die für Dich pas-
sen würde. Sie
ist klug, geistreich,
unterhält sich gern
über gelehrte
Dinge, ist sehr
hübsch und ver-
mögend, und eine
vollendete Dame
in jeder Bezie-
hung."
Christlicher Sphakiote auf Kreta. „Ich zweifle
durchaus nicht an
der Liebenswürdigkeit, Klugheit und Geistreichigkeit der gerühm-
ten Dame," versicherte ich, „und noch viel weniger an Deiner
guten Absicht, mich glücklich zu machen, ich zweifle nur au
meiner eigenen Fähigkeit dazu. Doch laß uns morgen weiter
sehen."
„Ja, morgen," sagte er, „das Dumme ist nur, daß Du
Dein Zimmer nur diese eine Nacht haben kannst. Da Du nicht
kamst, und keine Nachricht von Dir gabst, konnte ich Dir kein
Zimmer frcihalten lassen. Doch werden wir hoffentlich in der
Nachbarschaft ein Unterkommen für Dich finden."
„Gewiß, dafür ist mir nicht bange. Auch würde ich für
meine Person lieber nicht im Hotel und nicht an der staubigen
Landstraße wohnen. Ich wundere mich, daß Ihr Euch hier ein-
quartirt habt."
„O, es ist das erste und besuchteste Hotel Marienthals, cs
bietet sehr Viel Behaglichkeit, hat gute Küche und guten Wein, und
obendrein natürlich auch die beste Gesellschaft. Wir haben hier
schon prächtige Menschen aus den ersten Gesellschaftskreisen
getroffen."
Ich pfiff leise für mich hin.
„Sehr angenehm in der That, aber so ein Junggeselff
weißt es vielleicht noch, hat zuweilen andere Wünsche, -km
ich in die Sommerfrische gehe, will ich auch vor allen Ding.,
frische Luft die Fülle und ein paar Stunden WaldemsiM»
haben. Na, und die will ich mir auch schon verschaffen."
em Belt ftano, war nicht nur warm,
das bei einer Temperatur von 28 E»
Mein Freund sah mich mißbilligend an.
„Ja, Du bist wirklich noch der querköpfige Bursche, dtt D
immer warst, und ich sage wieder, es ist die höchste Zelt, "
Du unter die Leitung einer zarten Frauenhaud kommst."
Ich nickte und lachte, und dann trennten wir uns D
Nacht. Es war spät geworden und ich war herzlich müde.
Aber leider wurde es trotzdem mit dem Schlafen soM^
noch nichts — die Bediensteten benutzten, wie es schien,
Nachtstunden zum Aufräumen und Reinigen der Speisezmm
und des Saales, und unglücklicherweise lag das mir angewttie
Zimmer in unmittelbarer Nähe dieser Räume, und um m
Unbehagen voll zu machen, auch in der Nähe der Küche-
Wand, an welcher mein Bett stand, war nicht nur warm, '
sie war heiß, und das bei einer Temperatur von 28 lsr
Celsius.
Mit welcher
Sehnsucht ich an
die letzte Nacht in
der Eberhards-
burg zurückdachte,
wo das einzige
Geräusch durch
die Wipfel der
Tannen kam und
Wald-, nicht Kü-
chenduft durch das
geöffnete Fenster
zu -mir herein-
drang! War es
mir zu verdenken,
daß ich mich einen
Dummkopf schalt,
daß ich mich über-
haupt von meinem
Freunde hatte be-
schwätzen lassen,
hierher zu kommen
— und zwar auf
Freiersfüßen?
Das letztere
sollte nun freilich
ganz mein und
sein Geheimniß
bleiben, aber na-
türlich wußte seine Christin auf Kreta.
Euphrostne davon, , snnM
ja mehr noch, der ganze Heirathsplan war in ihrem nom ,,
entstanden. Ich hätte mir das allerdings gleich denken lom.^
und im Grunde schadete eS ja auch nicht, wenn sie nur
unser Geheimniß der betreffenden selber verrathen MA er-
halte das an der Art, wie Frau Euphrostne mich vorsteiue,
könnt, und ebenso auch an dem Benehmen der jungen
selber, und das ärgerte mich — und je heißer und uubebag"^
ich mich auf meinem Lager fühlte, desto lächerlicher kam
die Rolle vor, in die man mich hineingelockt, zu meinem
natürlich, vorausgesetzt, daß ich mich dessen würdig erw M
Ja, ja, und vielleicht, vielleicht hätte ich auch anders
und geurtheilt ohne — den St. Auncutag. Fräulein B
Jeinert war wirklich eine Erscheinung, die fesseln komm-
wenn sie wollte — und besonders so einen Professor, wu -
einer war, der eigentlich nur ein weibliches Wesen
kannt, nämlich die eigene, geliebte Mutter, und mit Ao r
Damen sehr wenig verkehrt hatte. Freilich hatte ich siA '^eii
gesagt, daß zwei Sorten von Frauen mir nie gefährlich
würden: erstens Schmetterlingsnaturen, die in Acußerua)^
sich verlieren, und Putz und Tand und den Freuden der
Frau Euphrostne setzte ein solches Schmollgesichtchen auf,
daß mir ganz angst und bange wurde. Sie erklärte mir, daß
sie ihrerseits ganz sicherlich nie einen Finger für mich rühren
werde, und stellte mich denn auch schließlich ihrer schönen
Freundin, Fräulein Helene Jeinert, als den unliebenswürdigsten
und unzuverlässigsten aller Menschen vor, gewiß keine Empfehlung
für den armen Mann auf Freicrsfüßen, der ihm zugcdachten
Schönen gegenüber. Kein Wunder, daß ich mich sehr zerknirscht
fühlte und alle mir irgend innewohnenden geselligen Talente
ans Tageslicht zu fördern suchte, um meinen bösen Leumund
zu entkräften, allein ich fürchte, daß mein Erfolg ein sehr
mittelmäßiger war; wenigstens meinte mein lieber Freund, ich
habe noch unendlich viel nachzuholen, um das so leichtsinnig
Versäumte wieder gut zu machen.
„Du hast ja selber gesehen, wie Assessor Neubert sich auf
Damen versteht. Er kam vorgestern an und hat seine Zeit gut
benutzt, denn beide, meine Frau und Fräulein Helene, finden
ihn ganz charmant, und da könnte es eben doch sein, daß er
Dir den Vorrang abliefe."
„Hm, ja, aber ich habe ja auch noch gar nicht gelaufen,"
erwiderte ich halb
ärgerlich, halb be-
lustigt, „und da
könnte ich es ja
auch ebenso gut
ganz bleiben las-
sen — noch bricht
es zum Glück kei-
nem das Herz."
„Wie Du wie-
der redest! Aber
wirklich, lieber Jo-
seph, Du solltest
Dein Glück nicht
so leichtsinnig ver-
scherzen. » Fräu-
lein Helene ist, ich
versichere es Dich,
ganz die Frau,
die für Dich pas-
sen würde. Sie
ist klug, geistreich,
unterhält sich gern
über gelehrte
Dinge, ist sehr
hübsch und ver-
mögend, und eine
vollendete Dame
in jeder Bezie-
hung."
Christlicher Sphakiote auf Kreta. „Ich zweifle
durchaus nicht an
der Liebenswürdigkeit, Klugheit und Geistreichigkeit der gerühm-
ten Dame," versicherte ich, „und noch viel weniger an Deiner
guten Absicht, mich glücklich zu machen, ich zweifle nur au
meiner eigenen Fähigkeit dazu. Doch laß uns morgen weiter
sehen."
„Ja, morgen," sagte er, „das Dumme ist nur, daß Du
Dein Zimmer nur diese eine Nacht haben kannst. Da Du nicht
kamst, und keine Nachricht von Dir gabst, konnte ich Dir kein
Zimmer frcihalten lassen. Doch werden wir hoffentlich in der
Nachbarschaft ein Unterkommen für Dich finden."
„Gewiß, dafür ist mir nicht bange. Auch würde ich für
meine Person lieber nicht im Hotel und nicht an der staubigen
Landstraße wohnen. Ich wundere mich, daß Ihr Euch hier ein-
quartirt habt."
„O, es ist das erste und besuchteste Hotel Marienthals, cs
bietet sehr Viel Behaglichkeit, hat gute Küche und guten Wein, und
obendrein natürlich auch die beste Gesellschaft. Wir haben hier
schon prächtige Menschen aus den ersten Gesellschaftskreisen
getroffen."
Ich pfiff leise für mich hin.
„Sehr angenehm in der That, aber so ein Junggeselff
weißt es vielleicht noch, hat zuweilen andere Wünsche, -km
ich in die Sommerfrische gehe, will ich auch vor allen Ding.,
frische Luft die Fülle und ein paar Stunden WaldemsiM»
haben. Na, und die will ich mir auch schon verschaffen."
em Belt ftano, war nicht nur warm,
das bei einer Temperatur von 28 E»
Mein Freund sah mich mißbilligend an.
„Ja, Du bist wirklich noch der querköpfige Bursche, dtt D
immer warst, und ich sage wieder, es ist die höchste Zelt, "
Du unter die Leitung einer zarten Frauenhaud kommst."
Ich nickte und lachte, und dann trennten wir uns D
Nacht. Es war spät geworden und ich war herzlich müde.
Aber leider wurde es trotzdem mit dem Schlafen soM^
noch nichts — die Bediensteten benutzten, wie es schien,
Nachtstunden zum Aufräumen und Reinigen der Speisezmm
und des Saales, und unglücklicherweise lag das mir angewttie
Zimmer in unmittelbarer Nähe dieser Räume, und um m
Unbehagen voll zu machen, auch in der Nähe der Küche-
Wand, an welcher mein Bett stand, war nicht nur warm, '
sie war heiß, und das bei einer Temperatur von 28 lsr
Celsius.
Mit welcher
Sehnsucht ich an
die letzte Nacht in
der Eberhards-
burg zurückdachte,
wo das einzige
Geräusch durch
die Wipfel der
Tannen kam und
Wald-, nicht Kü-
chenduft durch das
geöffnete Fenster
zu -mir herein-
drang! War es
mir zu verdenken,
daß ich mich einen
Dummkopf schalt,
daß ich mich über-
haupt von meinem
Freunde hatte be-
schwätzen lassen,
hierher zu kommen
— und zwar auf
Freiersfüßen?
Das letztere
sollte nun freilich
ganz mein und
sein Geheimniß
bleiben, aber na-
türlich wußte seine Christin auf Kreta.
Euphrostne davon, , snnM
ja mehr noch, der ganze Heirathsplan war in ihrem nom ,,
entstanden. Ich hätte mir das allerdings gleich denken lom.^
und im Grunde schadete eS ja auch nicht, wenn sie nur
unser Geheimniß der betreffenden selber verrathen MA er-
halte das an der Art, wie Frau Euphrostne mich vorsteiue,
könnt, und ebenso auch an dem Benehmen der jungen
selber, und das ärgerte mich — und je heißer und uubebag"^
ich mich auf meinem Lager fühlte, desto lächerlicher kam
die Rolle vor, in die man mich hineingelockt, zu meinem
natürlich, vorausgesetzt, daß ich mich dessen würdig erw M
Ja, ja, und vielleicht, vielleicht hätte ich auch anders
und geurtheilt ohne — den St. Auncutag. Fräulein B
Jeinert war wirklich eine Erscheinung, die fesseln komm-
wenn sie wollte — und besonders so einen Professor, wu -
einer war, der eigentlich nur ein weibliches Wesen
kannt, nämlich die eigene, geliebte Mutter, und mit Ao r
Damen sehr wenig verkehrt hatte. Freilich hatte ich siA '^eii
gesagt, daß zwei Sorten von Frauen mir nie gefährlich
würden: erstens Schmetterlingsnaturen, die in Acußerua)^
sich verlieren, und Putz und Tand und den Freuden der