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Verein Historisches Museum der Pfalz [Editor]; Historischer Verein der Pfalz [Editor]
Pfälzisches Museum: Monatsschrift d. Historischen Vereins der Pfalz und des Vereins Historisches Museum der Pfalz — 1.1884

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Nr. 12 (10. Dezember 1884)
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https://doi.org/10.11588/diglit.29786#0103
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Monatsschrift


für heimatliche Litteratur und Kunst, Geschichte und Volkskunde.
Hernusgegebeil und verlegt vom Verein pflüstscher Schriftsteller und Künstler.
Ur. 12. Spei er, 10. Dezemver 1884.

Einem Auswanderer.

Wird ihr der Tod erspart, der frühe, werden?
Das Schicksal sprach sein unerbittlich Nein.
Sie schwand dahin, wie alles flieht auf Erden:
Ihr Bild im Traum gehört uns nur allein.
Wohl mancher Zug der lieblichen Geberden
Verjüngte sich im stillen Töchterlein.
Sie selbst ist jenen Weg dahingegangen,
Von dem wir nirgend mehr zurückgelangen.
Und doch ist mir's, als ob bewahrt sich hätte
An diesem Drt von ihr noch eine Spur,
Da mich Erinnerung führt an jede Stätte,
Wo sie der Sonne letzte Gunst erfuhr.
Gekehrt zur waudellofen Alpenkette
Däucht mir, ich hätte mich verspätet nur,
Unb deutlicher mit jedem Augenblicke
Tritt sie vor mich als kehrte sie zurücke.

Reichenhall, im September 1884.

Elegie.
Wie kam ihr Gruis; aus zärtlichem Gemüthe
Vom schweren Leidenskummer unbesiegt,
Wenn sie, ein Bild jung mütterlicher Güte,
Der Hand des Gatten nahte angeschmiegt.
Vom Tod gestreift noch hob sich ihre Bliithe,
Der Macht vertrauen), die das Schicksal fügt.
All nur im Wohllaut ihrer holden Kehle
Ward offenbar der Zauber ihrer Seele.
Wohl oft wie lauschend halt ich auf den Pfaden,
Die sich dnrchschlingen, fanst empvrgeneigt,
Die Brust im Hauch balsam'fcher Luft zu baden,
Wann morgendlich im Thal die Wolke steigt,
Wie abends, wann zur Ruh' die Glocken laden
Und um uns her der Streit des Tages schweigt:
An allen Stellen und zu allen Stunden
Vermut' ich sie, als sei sie nicht entschwunden.
Da hör' ich neben mir die gleiche Stimme,
Tie mahnend oft dem düstern Freund erklang:
Der du gewohnt zu ahnen nur das Schlimme,
Erwacht zur Klage dir der alte Hang?
Entwöhne dich dem heft'gen Ungestüme
Und bilde aus in dir den stillern Drang:
Erhebe deinen Blick ans diesen Gründen
Und trachte fern, was nah' du suchst, zn finden.

Auch näher zu deu Höhen hin, den schroffen,
: Zieht himmelwärts mich hent' ein fromm Gefühl.
Darf ich sie dort vielleicht zn finden hoffen
Ans weicher Wolken vorgewalltem Pfühl,
Wo sich zur Heimat zeigt die Pforte offen,
O sprecht, ihr Felsen, hoff' ich nicht zuviel? —-
Ihr schweigt! Wohl, euer Herz ist allzuhärtig,
Doch fühl' ich sie im Blauen gegenwärtig.
Und so von immer frisch genährten Schauern
Erbebt mir tief die thränenvolle Brust.
Entbehrung steigert sich zu herbem Trauern,
Ich wage neu den schmerzlichen Verlust.
Was kann des Menschen Dasein überdauern?
Was bleibt für ein Gewinn von Schmerz und Lust?
Was ist das Ziel so schnell entfloh'nen Lebens?
Ich sinne auf die Antwort, doch vergebens.

Martin Greif.
 
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