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Politische Gespräche der Todten über die Begebenheiten des ... Jahrs — 3.1788

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Politische Gespräche der Todten. Des Dritten Jahrgangs. Zweiter Band
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Nro. 47. Den 18ten November
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https://doi.org/10.11588/diglit.48027#0396

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üü die zu Orleans versammletcn Standö. Sein tzlestäs
Wenr ist merkwürdig, und zeigt, daß Hvpitül viel voraus»
Zesehen. Besonders aber muß jeden wundern, wenn man
Ziest, daß er dem Aristoteles in der Gesichtsbilduug ganz
ähnlich ausgesehem —- Aber wer hat den Aristoteles
gekannt?
Johann Calas, ein Opfer der ungerechten Gcrechs
tigkeit von Toulouse, war ein redlicher Kaufmann in dsp
Stadr Toulouse. Er war reformirter Religion, und hatte
einen Sohn, der sich Markus Antonius nannte. Dieser
Sohn, sagt man, war ein Schwärmer, Und wollte sich Zn
der römischen Religion bekamen. Einige behaupten: er
wäre ein eifriger Katholik im Geheim gewesen. Wahrschein-
lich ist es, daß Ealas mit der Bekehrung seines Sohns nicht
gar wohl zufrieden war, und daß er ihm deswegen Vor-
würfe machte > — und das war er als ein Barer, nach
dem natürlichen Gange der menschlichen Meinungen in Res
ligionosachcn schuldig. Dann wer läßt sich gern von den
Bewegungsgründen, in welchen man erzogen war, verdrän-
gen? Unterdessen geschah es, daß der schwärmerische Mar-
kus Antonius sich mit einem Strick das Leben nahm. Da
wurde der gute Vater Calas gerichtlich eiugeZogen, das Par-
lament zu Toulouse machte ihm einen Prozeß, und vernr-
theilte ihn nach angeblichen Mmhmassungeu zum Tode.
Dieser alte Greis, rm 68sten Jahre seines Alters, wurde
wirklich Anno 17Ü2. am yten Merz geradbrecht. Die hin-
rerlassene Wittwe, und die Kinder dieses Redlichen, ver-
langten eine Revision des ganzen Prozesses, er wurde wirk-
lich revidirt, und man har gefunden, daß Calas unschul-
dig hingerichtet warb. Es ist eia Akret am yten Merz An-
no 176z publicirt worden, welches den gerichtlichen Aus-
spruch des Toulvuser Parlaments vernichtet, und den Ca-
las unschuldig erklärt. Aber der Redliche war schon.
Märtyrer, und tausend Arret? konnten ihn nicht zum Le-
ben bringen. Herr von Voltaire soll viel dazu beigetragcn
haben, daß die Unschuld dieses würdigen Mannes am Lag
gekommen; die Familie wurde wenigstens dadurch von öf-
fentlicher Schande befreiet, und dies dient der Nachkommen-
schaft zum Beispiel, daß ein Gerechter ein unschuldiges
Opfer der Parlaments. Gerechtigkeit von Toulouse gewsÄ
heu ist, . . » . .
 
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