Von dem Geschmack. 45
diese Laufbahn betreten wollten, und nicht mehr Phi-
losophen, sondern Könige und unwissende Reiche
Kunstrichter waren, so nahmen die Kleinigkeiten,
deren ich oben erwähnt habe, in den Künsten lieber-
Hand und kamen nach und nach in Verfall. Von
dieser Zeit an, arteten sie immer mehr und mehr
in Nichtswürdigkeiten und kleinliche Bagatelle aus,
so daß man schon damals widersinnige Chimä-
ren abbildete, deren Existenz unmöglich ist. Auf
diese Art entstanden jene lächerliche, falsche, un-
wahrscheinliche und abentheuerliche Gegenstände,
dergleichen die Grotesken sind.
Die von der Vernunft verlaßne Kunst ward
nun ein Werk des bloßen Zufalls. Ließ sichs ja
ein Mann von Geschmack einfallen, den Künstlern
die Nachahmung der Antiken zu empfehlen, so kopirs
ten knechtische Nachahmer, die nichts als Augen,
aber keinen Verstand hatten, die erhabenen Mu-
ster, ohne sie zu verstehen, und ohne Anwendung
der Hülfsmittel, deren sich die Alten bedient
hatten, und die sie nicht kannten. Daher kommt
es, daß man in diesen sklavischen Nachahmungen
zwey verschiedne Hande sehr deutlich unterscheidet;
die Hand des großen Meisters, die zum Muster
dience, und die Hand des dummen und unwissen-
den Kopisten, der blos die Werke anderer an-
schauet, ohne die Grundursachen und den Geist des
Originals zu studieren.
Unter
diese Laufbahn betreten wollten, und nicht mehr Phi-
losophen, sondern Könige und unwissende Reiche
Kunstrichter waren, so nahmen die Kleinigkeiten,
deren ich oben erwähnt habe, in den Künsten lieber-
Hand und kamen nach und nach in Verfall. Von
dieser Zeit an, arteten sie immer mehr und mehr
in Nichtswürdigkeiten und kleinliche Bagatelle aus,
so daß man schon damals widersinnige Chimä-
ren abbildete, deren Existenz unmöglich ist. Auf
diese Art entstanden jene lächerliche, falsche, un-
wahrscheinliche und abentheuerliche Gegenstände,
dergleichen die Grotesken sind.
Die von der Vernunft verlaßne Kunst ward
nun ein Werk des bloßen Zufalls. Ließ sichs ja
ein Mann von Geschmack einfallen, den Künstlern
die Nachahmung der Antiken zu empfehlen, so kopirs
ten knechtische Nachahmer, die nichts als Augen,
aber keinen Verstand hatten, die erhabenen Mu-
ster, ohne sie zu verstehen, und ohne Anwendung
der Hülfsmittel, deren sich die Alten bedient
hatten, und die sie nicht kannten. Daher kommt
es, daß man in diesen sklavischen Nachahmungen
zwey verschiedne Hande sehr deutlich unterscheidet;
die Hand des großen Meisters, die zum Muster
dience, und die Hand des dummen und unwissen-
den Kopisten, der blos die Werke anderer an-
schauet, ohne die Grundursachen und den Geist des
Originals zu studieren.
Unter