Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
M. Das Gesundheitswesen

1. Seuchen und medizinische Versorgung

Im Hinblick auf die medizinische Versorgung war die Landbevölkerung jahrhundertelang
auf sich selbst gestellt. Ärzte waren selten; sie zog es an die Höfe, wo sie als Leibärzte der
Fürsten wirkten, oder in die Städte, wo sie ausreichendes Publikum und Einkommen hat-
ten. Auf dem Lande traten nur wandernde Ärzte auf, die bei großen Menschenaufläufen
wie Jahrmärkten, Handelsmessen, Wallfahrten und Kirchweihen ihr Gewerbe mit lauter
Reklame betrieben; dabei waren die Grenzen zu Quacksalbern, Scharlatanen und Wun-
derheilern fließend. Das Zahnziehen oder Zahnbrechen - welch treffendes Wort! -
geschah dort in aller Öffentlichkeit und war wie das Starstechen eine Attraktion der Jahr-
märkte.

Zu unterscheiden ist für die damalige Zeit die ärztliche von der wundärztlichen Betäti-
gung. Für diese war im Alltag der Bader zuständig, der neben dem Rasieren und Haare-
schneiden die Zähne zog und kleinere Wunden, Prellungen und Verstauchungen versorg-
te. Brüche, offene und schwere Verletzungen behandelte der Wundarzt, Feldscher oder
Chirurgus, dessen Ausbildung nicht an der Universität erfolgte, sondern im Meister-Lehr-
ling-Verfahren. Seine wichtigsten Heilverfahren waren das Ausbrennen der Wunden, das
Auflegen heilender Kräuter und, wenn ein Glied brandig geworden war, die Amputation.
Der für Seckenheim nächste Chirurgus hatte am Marktplatz zu Ladenburg seine Praxis.
Im 18. Jahrhundert gab es im Ort selbst einen. Für den weiten Bereich der allgemeinen
Medizin gab es Kuren und Rezepte der Volksmedizin; Kräuterweiblein, Schäfer oder Weh-
mütter hatten oft große Kenntnisse der Wirkung von Heil- und Giftpflanzen, die sie meist
mit Hexerei, Aberglauben, magischen und hypnotischen Kräften und geschickter prakti-
scher Psychologie mischten. Für Geburten und Frauenkrankheiten waren die Hebammen
oder Wehmütter zuständig.

Als erste Hebamme in Seckenheim ist Anna Rosina Störin zwischen 1689 und 1711
bezeugt; sie starb am 11.5.1711 [l.'Kath. Kib]. Im 18. Jahrhundert wurden die Hebam-
men von dem Consilium medicum (Ärzterat) in Mannheim unterwiesen und geprüft. In
den Prüfungslisten sind folgende Seckenheimerinnen als bestanden verzeichnet:
1768 ~ Barbara Helmuthin, kath, bene (gut)
1782 - Cath. Barbara Fleckensteinin, kath. ut sie (ausr)
j782 ~ Charlotte Reisin, ref, bene (gut)
1782 - Barbara Hörnerin, ref, optime (sehr gut) [77/4672]

Später wurden die Hebammen vom Physikat geprüft und vom Ortsarzt überwacht. Die
Gemeinde zahlte ihnen 25 bis 40 fl im Jahr. Von 1867 an waren „Philipp Schreck Ehefrau"
"nd »Jakob Ludwig Bausch Witwe" Seckenheimer Hebammen; 1890 kamen „Karl
Schreck Witwe" und „Adam Heierling Ehefrau" dazu, 1892 „Leonhard Seitz Kasp. S.
Ehefrau«. Für Rheinau wurden 1897 und 1902 Hebammen angestellt [362/1800-01].

en großen Seuchen, die in regelmäßiger Wiederkehr auftraten, waren die Menschen

Je och hilflos ausgeliefert. Den Zusammenhang zwischen ihrem Auftreten und einer man-

den Hygiene erkannte man zögernd im 18. Jahrhundert, was immerhin schon zum

253
 
Annotationen