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D. Das frühe Mittelalter

1. Der geschichtliche Hintergrund

1.1. Völkerwanderung und Frankenreich (260-911)

Der Zusammenschluß der westgermanischen Stämme, wie sie uns von Caesar und
Tacitus aufgezählt werden, zu Großvölkern markiert den Beginn der sogenannten
Völkerwanderung; denn diese starken Völker entwickelten unter der Führung ihrer
Heerkönige eine wachsende Angriffslust, der das Römische Reich im dritten und
vierten Jahrhundert eine ständig abnehmende Verteidigungskraft entgegenzusetzen
hatte. Für die deutsche Geschichte ist die Bildung dieser Völker von größter Bedeu-
tung, da aus ihnen zu Beginn des 10. Jahrhunderts das deutsche Volk entstehen
sollte.

Das erste Großvolk, das 213 in den römischen Quellen erscheint, waren die Alaman-
nen, welcher Name „alle Männer" bedeutet. Ein wichtiger Bestandteil der Alaman-
nen waren die Sueben, ein Teil des alten Semnonen-Volkes, das zur Zeit Caesars
zwischen Elbe und Oder lebte. Die Wohnsitze der Alamannen bei ihrem ersten Auf-
treten waren das mittlere und obere Maingebiet. Von 233 n. Chr. an durchbrachen
sie immer wieder den Limes, um im römischen Decumatland zu rauben und zu plün-
dern. Nach 260 brach die römische Verwaltung rechts des Rheins endgültig zusam-
men. In das Gebiet zwischen Rhein und Donau drangen nun die Alamannen ein,
ohne jedoch die romanisierte Vorbevölkerung ganz zu verdrängen, die sich als Wal-
hen oder Walchen (Welsche) wohl noch bis in die fränkische Zeit (um 700) als roma-
nisch sprechende Minderheit behaupteten. 27 Ortschaften in Baden-Württemberg
haben diese Walhen noch ihrem Namen, darunter Wallstadt, das im achten Jahrhun-
dert Walahastat - Wohnstätte der Walhen hieß.1 Die Beziehungen zwischen dem
linksrheinischen römischen Gebiet und den rechts des Rheins lebenden Alamannen
waren keineswegs nur kriegerisch, obwohl die Einfälle der Alamannen in die römi-
schen Provinzen Obergermanien und Gallien mit den Versuchen der römischen Kai-
ser Julian und Valentinian I. wechselten, die römische Herrschaft wieder über den
Rhein hinaus auszudehnen. Erst zu Beginn des fünften Jahrhunderts veränderte sich
die Situation endgültig zuungunsten der Römer. Neue Völker drängten aus dem
Osten heran und schoben die Alamannen vor sich her nach Südwesten. Das waren
zuerst die ostgermanischen Burgunder, die 406 als Bundesgenossen (Föderaten) von
den Römern das Gebiet um Worms angewiesen erhielten. Im Unterschied zu den
damals noch heidnischen Alamannen nahmen sie bereits nach 413 das Christentum
an. In den 30er Jahren des fünften Jahrhunderts tauchten die Hunnen auf, die bald
ganz Mitteleuropa zu einem großen Reich zusammenfassen sollten. Die Hunnen be-
siegten unter Attila (434-453), dem König Etzel des Nibelungenliedes, 437 mit römi-
scher Hilfe die Burgunder, die dann in das Gebiet der oberen Rhone, das spätere
Burgund, abzogen.

Inzwischen hatten auch die Alamannen begonnen, ihren Herrschaftsbereich auf das
linke Rhein- und das rechte Donau-Ufer auszudehnen, so daß sie damals von den
Vogesen bis zum Lech und vom Main bis zu den Alpen ihr Volksgebiet Alamannia
(vergl. die französische Bezeichnung für Deutschland Allemagne) erweitert hatten.
Die Hunnen brachten auf ihrem Zug nach Westen andere Völker mit sich wie die
Goten und die Gepiden. 451 wurden sie auf den Katalaunischen Feldern in der
Champagne von einem römisch-fränkischen Heer unter Aetius zurückgeschlagen
und nach Italien abgedrängt. In der zweiten Hälfte des fünften Jahrhunderts dehnte

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