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Entscheidungen des Preussischen Oberverwaltungsgerichts in Staatssteuersachen — 1.1893

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Abtheilung I. Entscheidungen in Einkommensteuersachen
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https://doi.org/10.11588/diglit.61806#0265
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1. die schon erwähnte erste Berufungsschrift, in welcher
die Censitin behauptet, daß sie von ihrem Ehemann
nicht geschieden sei, dieser vielmehr als Haushalts-
vorstand ihre Steuern bezahle;
2. eine Erklärung derselben vom 2. Mai 1892 — die
zweite Berufungsschrift — daß sie von ihrem Ehe-
manns nicht getrennt lebe;
3. eine Erklärung derselben — laut Randberichts des
Steuererhebers vom 21. Juni 1892 —, daß sie mit
ihrem Ehemanns einen gemeinschaftlichen Haus-
halt führe;
4. eine abweichende Erklärung derselben — laut Berichts
der Voreinschätzungskommission vom 23. Juni des-
selben Jahres —, daß sie ihr Geschäft selbstständig be-
treibe, ihren Haushalt selbstständig führe, von ihrem
Ehegatten auch keinerlei Unterstützung empfange;
5. die gutachtliche Aeußerung der Voreinschätzungskom-
mission vom gleichen Tage, welche die unter 4 auf-
geführten Angaben wiederholt, dieselben aber dahin
ergänzt, daß die Censitin Gewerbe- und Miethssteuern
selbstständig bezahle, von ihrem Ehemann auch ge-
trennt lebe, ohne geschieden zu sein.
Diese Erkenntniß quellen sind völlig werthlos. Er-
mittelungen und Feststellungen objektiver Natur fehlen
gänzlich, so daß der Thatbestand, wie ihn §.11 des Ein-
kommensteuergesetzes für eine selbstständige Veranlagung der
Ehefrau fordert, nach der bisherigen Aktenlage gar nicht fest-
gestellt werden konnte.
Dabei mag zugegeben werden, daß der Begriff der
dauernden Trennung im Sinne des §. 11 a. a. O. sich nicht
für alle Fälle in gleichartige, allgemein hinzustellende Erforder-
nisse auflösen läßt. Indessen wird immer doch die Thatsache
völligen Getrenntseins, wie im ehelichen Leben, so im Haus-
halt und in der Wirtschaftsführung und zwar, das ist das
Wesentlichste, herbeigeführt in der erkennbaren Absicht, die
Trennung vorzunehmen und diesen Zustand für längere Dauer
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