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Entscheidungen des Preussischen Oberverwaltungsgerichts in Staatssteuersachen — 2.1894

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Abtheilung I: Entscheidungen in Einkommensteuersachen (Nr. 1 - 109)
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https://doi.org/10.11588/diglit.61868#0298
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Aktiengesellschaft auf Grund der Thatsache, daß dieselbe auch
in Preußen eine gewerbliche Niederlassung hat, mit der selbst-
verständlich vorauszusetzenden Innehaltung der völkerrechtlich
und staatsrechtlich für den Herrschaftsbereich des Staates be-
stehenden Schranken unvereinbar scheint. Hiernach kann der
Gesetzgeber nur diejenigen Gesellschaften, deren statutenmäßiger
(vgl. Art. 209 Nr. 1; 175 Nr. 2 des Handelsgesetzbuchs)
Sitz sich in Preußen befindet, der unbeschränkten Steuerpflicht
haben unterwerfen wollen. Aus den Worten des Gesetzes „einen
Sitz" (tz. 1 Nr. 4) ist kein Zweifel zu entnehmen, denn hier liegt
der Nachdruck nicht auf „einen", sondern auf „Sitz" im Gegen-
satz zu der bloßen Anlage (tz. 2). Zum Ueberfluß sagt denn
auch noch die Ausführungsanweisung vom 5. August 1891,
daß es sich nach dem Statute und dem Aktienrechte bestimmt,
ob ein Sitz in Preußen begründet ist (Art. 26) und wo er
besteht (Art. 35 Nr. 5). Art. 26 wiederholt zwar die Worte
des Gesetzes „einen Sitz", meint aber damit nichts Anderes,
als solche Gesellschaften, die ihren Sitz — den handelsrecht-
lich allein möglichen einen — in Preußen haben, wie Art. 27
Nr. 4 und 5 (hier wird Art. 26 allegirt) lehrt.
Ist es aus diesen Gründen nicht statthaft, einen Sitz im
Sinne des tz. 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes zu kon-
struiren, der aktienrechtlich nicht besteht, so erübrigt sich die
Frage, die von der Berufungskommission bejahend beantwortet
wird, ob eine Aktiengesellschaft an einem Orte einen aktien-
rechtlichen „Sitz" haben kann ohne gewerbliche Niederlassung
oder gewerblichen Betrieb. Nach §. 1 Nr. 4 des Einkommen-
steuergesetzes leidet es keinen Zweifel, daß lediglich um des
Sitzes in Preußen willen ein Vollbesteuerungsrecht zu Gunsten
Preußens besteht, während die Berufungskommission, wenn
beispielsweise im vorliegenden Falle die Rollen vertauscht
wären, wenn Alles, was in C. geschieht, in A. vor sich ginge,
und umgekehrt, dem Preußischen Staate das Besteuerungsrecht
von ihrem Standpunkte aus versagen müßte.
Bei Anwendung dieser Grundsätze (mit denen sich die
Entscheidung in Widerspruch befindet, weshalb sie der Auf-
 
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