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Entscheidungen des Preussischen Oberverwaltungsgerichts in Staatssteuersachen — 3.1895

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Abtheilung II: Entscheidungen in Gewerbesteuersachen (Nr. 1 - 57)
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https://doi.org/10.11588/diglit.62233#0359
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Hiernach würde es nicht ſtatthaft ſein, einen „Handels-
gärtner“, der nur eigene Erzeugniſſe verkauft, aber nicht zu-
gleich „Kunſtgärtner“ iſt, zur Beſteuerung heranzuziehen.

Dagegen wird ein „Kunſtgärtner“ regelmäßig auch zu-
gleich „Handelsgärtner“ ſein, alſo zur ſteuerpflichtigen
Klaſſe der „Kunſt- und Handelsgärtnerei“ gehören. Indeſſen
gelten auch Perſonen als „Kunſtgärtner“, welche eigenen
Gartenbau gar nicht oder nicht zum Zwecke des Abſatzes ihrer
Erzeugniſſe betreiben, alſo nicht Handelsgärtner ſind und dem-
nach auch nicht zur Klaſſe der „Kunſt- und Handelsgärtnerei“
gehören, wie die als „Kunſtgärtner“ ausgebildeten Perſonen,
welche nur in fremden Gartenbaubetrieben oder für ſolche
thätig ſind, ſich nur mit der Entwerfung von Plänen und
Zeichnungen für Park- und Gartenanlagen oder zugleich auch
mit deren Ausführung (ohne Lieferung der Gewächſe u. ſ. w) be-
faſſen. Solche Perſonen gehören nicht zur Klaſſe der „Kunſt-
und Handelsgärtnerei“ und fallen überhaupt nicht unter die
Beſtimmung im S. 4 Nr. l a. a. O.

Weiter müſſen zur richtigen Erfaſſung der Merkmale der
„Kunſt- und Handelsgärtnerei“ die Verhältniſſe des Garten-
baues in ſeiner heutigen Entwickelung und Ausbildung zu
Grunde gelegt werden.

Mochten früher eine, wenn auch untergeordnete, tech-
niſche Vorbildung oder ſchon einzelne künſtliche Anlagen von
untergeordneter Bedeutung ausreichen, um den Gartenbau als
Kunſtbetrieb, als „Kunſt- und Handelsgärtnerei“ erſcheinen
zu laſſen, ſo kann dies bei der heutigen Entwickelung nicht
mehr gelten. Gegenwärtig verfügt die weit überwiegende
Mehrzahl der berufsmäßigen Gärtner über Kenntniſſe und
Fertigkeiten, die vordem nur Wenigen eigen waren, ſowie
über gewiſſe techniſche Anlagen, wie Frühbeete, Einrichtungen
zur Ueberwinterung von Gewächſen u. dergl. Ja ſogar eine
große Anzahl von Perſonen, die nicht als berufsmäßige Gärtner
erſcheinen, ſteht in der Kenntniß und Pflege des Gartenbaues
auf gleicher Stufe. Was in früheren Jahrzehnten als Kunſt
gelten mochte, iſt heute mehr oder weniger zum Gemeingut

Entſcheid. d. K. Oberverwaltungsgerichts in Staatsſteuerſachen. III. 22
 
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