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Entscheidungen des Preussischen Oberverwaltungsgerichts in Staatssteuersachen — 5.1897

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Abtheilung I: Entscheidungen in Einkommensteuer- und Ergänzungssteuersachen (Nr. 1 - 78)
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https://doi.org/10.11588/diglit.62232#0338
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Entſcheidung des VI. Senats, 1. Kammer, vom 3. Dezember 1896.
Rep: E. XIIa.5/96.

Der Beſchwerde eines Steuerpflichtigen wurde vom Ober-
verwaltungsgericht durch Berichtigung der Steuerfeſtſetzungen
auf Freiſtellung von der Einkommenſteuer und der Ergänzungs-
ſteuer ſtattgegeben aus folgenden

Gründen:

Der Veranlagte hatte ſchon in der Berufungsſchrift
unter Angabe der einzelnen Poſten und Gläubiger den Abzug
von 175 M. Zinſen für Kapitalſchulden von 3500 M. be-
anſprucht und war hierauf vom Vorſitzenden der Veranlagungs-
kommiſſion aufgefordert worden, die Schulden „durch Vorlage
der Schuldurkunden und Zinsquittungen vom letzten Jahre —
der Gläubiger Unterſchrift ortsobrigkeitlich unter Siegel be-
glaubigt — nachzuweiſen“.

In der Berufungsentſcheidung iſt unter Feſtſtellung eines
ſteuerpflichtigen Einkommens von 925 M. der Anſpruch auf
Abzug der Schuldenzinſen mit folgender Begründung abgelehnt:

„Die in Ihrer Berufungsſchrift angegebenen Zins-
zahlungen 2c. haben Sie auf Erfordern nicht nachgewieſen;
es waren dieſelben daher nicht zu berückſichtigen.“

Hiermit iſt unrichtiger Weiſe Beweisfälligkeit angenommen.

Mit der Bezeichnung der Gläubiger war der Zeugen-
beweis angetreten, welcher, wenn auch die Zinsquittungen
das natürlichſte und einfachſte Beweismittel für das Beſtehen
der behaupteten Schulden bilden, dem Veranlagten doch nicht
völlig abgeſchnitten werden darf (vergl. Entſcheidungen des
Oberverwaltungsgerichts in Staatsſteuerſachen Bd. IV S. 58ff.).

Das an den Veranlagten geſtellte Anſinnen, die Unter-
ſchriften der Gläubiger auf den Zinsquittungen noch orts-
obrigkeitlich unter Siegel beglaubigen zu laſſen, war un-
berechtigt. Der Schuldner wird hierzu faſt niemals in der
Lage ſein, da er gegenüber dem Gläubiger regelmäßig nur
einen Anſpruch auf privatſchriftliche Quittung hat und der
Gläubiger ſich nur in ſeltenen Fällen den Weiterungen einer
obrigkeitlichen Beglaubigung unterziehen wird. Noch weniger
 
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