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Entscheidungen des Preussischen Oberverwaltungsgerichts in Staatssteuersachen — 6.1898

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zweifellos angesehen ist, gegebenen Falls zur Haushaltung eines
Steuerpflichtigen. Das schon im §. 4 des Klassensteuergesetzes
vom 30. Mai 1820 ausgesprochene Prinzip der Veranlagung
nach Haushaltungen und den Begriff der Haushaltung hat das
Einkommensteuergesetz im Wesentlichen aufrecht erhallen (vergl.
Fuisting zu §. 11 des Einkommensteuergesetzes). Dementsprechend
sind auch im §. 18 des Einkommensteuergesetzes, der den Abzug
für die nicht selbstständig zu veranlagenden Familienmitglieder
unter 14 Jahren gestattet, unter dieser Bezeichnung die Ange-
hörigen der Haushaltung im Sinne des §.11 a. a. O. ver-
standen (vergl. Art. 44 Abs. 5 der Ausführungsanweisung und
Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts in Staatssteuersachen
Bd. II S. 425/426). Wenn dann der im Einkommensteuergesetze
unter derselben Ueberschrift „Ermäßigung der Steuersätze" fol-
gende §. 19 den Ausdruck „Kinder" gebraucht, so können darunter
nicht wohl andere Personen begriffen sein, als im vorhergehenden
Paragraphen, der seinerseits ausdrücklich wiederum auf den §.11
verweist. Und wenn endlich der Art. 45 Nr. 3 a der Ausführungs-
anweisung hervorhebt, daß, falls auch auf Grund des §. 18 des
Einkommensteuergesetzes für noch nicht 14 Jahre alle Kinder ein
Abzug vom Einkommen gemacht worden ist, dennoch zu prüfen
sei, ob nicht auch im Sinne des §. 19 bezüglich der Kinder eine
außergewöhnliche Belastung des Steuerpflichtigen vorliege, so
kann beiden Bezeichnungen nur derselbe Begriff zu Grunde ge-
legt worden sein.
Ist es hiernach gesetzlich gestattet, bei der Anwendung des
§. 19 auch eine solche außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen^
welche durch Unterhalt und Erziehung von angenommenen
Kindern, sowie von Stief- und Pflegekindern entsteht, so
war bezüglich des vorliegenden Falles anzuerkennen, daß die
Steuerpflichtige durch den Unterhalt und die Erziehung der drei
Pflegekinder, die sie wie eigene hält, in ihrer steuerlichen Leistungs-
fähigkeit gemäß §. 19 in der Thal außergewöhnlich beeinträchtigt
ist. Ihrem Anträge gemäß war der veranlagte Steuersatz daher
um eine Stufe zu ermäßigen.
 
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