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Entscheidungen des Preussischen Oberverwaltungsgerichts in Staatssteuersachen — 9.1901

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Abtheilung I: Entscheidungen in Einkommensteuer- und Ergänzungssteuersachen (Nr. 1 - 90)
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https://doi.org/10.11588/diglit.62661#0400
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der Berechnung des Einkommens aus der Landwirthschaft in der
Berufungsschrift unter den Ausgaben nur 600 „an Aus-
gedinge" in Ansatz gebracht hat. In einem Ausgedinge sind
aber fast regelmäßig auch Verpflichtungen inbegriffen, die dem
Eigenthümer des belasteten Grundstückes keine unmittelbaren Aus-
gaben an Geld oder Geldeswerth verursachen, ihn aber auf
audere Weise in der Nutzung seines Grundstückes beschränken,
deshalb den Verkaufswerth des Letzteren ebenfalls mindern und
demgemäß bei der Feststellung des Kapitalwerthes des Aus-
gedinges nicht unberücksichtigt bleiben dürfen. Dies trifft z. B.
zu, wenn dem Auszügler das Recht zusteht, in dem belasteten
Grundstücke frei zu wohnen, gewisse Ländereien ohne Entgelt
für sich zu bewirthschaften und dergleichen. Nach der Berechnung
des Steuerpflichtigen in der Berufungsschrift ist jedenfalls nicht
ohne Weiteres anzunehmen, daß er hierbei andere Leistungen als
die ihm Aufwendungen an Geld oder landwirthschaftlichen Er-
zeugnissen für den Auszügler verursachenden unter der Position
„an Ausgedinge jährlich 600 in Ausgabe gestellt habe. Er
hätte daher zunächst über die Bedeutung dieser Ausgabe befragt
werden müssen und zwar um so mehr, als der Jahreswerth des
gesammten Ausgedinges bei den früheren Veranlagungen, wie
auch noch bei der Veranlagung zur Einkommensteuer für 1899,
stets auf 700 angenommen worden und ein Grund für eine
geringere Bewerthung nicht ersichtlich ist. Darin, daß die Be-
rufungskommission die Aufklärung dieses Punktes unterlassen und
ihre abweichende Annahme des Jahreswerthes des Ausgedinges
auf nur 600 in keiner Weise begründet hat, liegt ein wesent-
licher Verfahrensmangel, der die Aufhebung der Berufungs-
entscheidung zur Folge hat (§. 36 des Ergänzungssteuergesetzes
vom 14. Juli 1893, §. 44 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes
vom 24. Juni 1891).
Nach Rückgabe der Sache zur anderweiten Entscheidung
unter Mitberücksichtigung des Beschwerdevorbringens hat die
Berufungskommission die das dem Steuerpflichtigen obliegende
Ausgedinge bildenden Verpflichtungen im Einzelnen festzustellen
und gesondert zu bewerthen, auch über die Unterlagen der Be-
werthung mit ihm zu verhandeln und das Lebensalter des Aus-
züglers iu den Entscheidungs gründ en anzugeben.
 
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