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Entscheidungen des Preussischen Oberverwaltungsgerichts in Staatssteuersachen — 9.1901

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Abtheilung I: Entscheidungen in Einkommensteuer- und Ergänzungssteuersachen (Nr. 1 - 90)
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https://doi.org/10.11588/diglit.62661#0340
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werden. Der Mangel an Belägen, die nach der Art der Ge-
schäftsführung überhaupt nicht beigebracht werden können, be-
gründet einen derartigen Vorwurf nicht. Dem Beschwerdeführer
ist darin beizutreten, daß für einen Fleischer, der sein Vieh bei
den Landwirthen und auf Viehmärkten ankauft, die Beibringung
von Quittungen über die gezahlten Viehpreise und die ausgewen-
deten Reisekosten regelmäßig unmöglich ist. Mit demselben Rechte
könnte man verlangen, daß auch die Einnahmen bescheinigt werden
sollten, daß also der Verkauf von jedem Pfund Fleisch und jedem
Stück Wurst u. s. w. mit einer den gezahlten Preis ergebenden
Bescheinigung des Käufers belegt werden müßte.
Hiermit würde den kleineren Gewerbetreibenden der buch-
mäßige Nachweis überhaupt abgeschnitten sein. Alle An-
schreibungen hätten alsdann für die Feststellung des steuerpflich-
tigen Einkommens ihren Werth verloren. Daß dies auch mit
den Ausführungsbestimmungen nicht vereinbar sein würde, ergiebt
sich am deutlichsten aus der Anm. 21 zum Art. 30 der Aus-
führungsanweisung vom 5. August 1891. Wenn hier mit Recht
den regelmäßigen Anschreibungen der Wirthschaftseinnahmen und
Ausgaben der Landwirthe großer Werth beigelegt wird, so kann
dies nur auf der Voraussetzung beruhen, daß die Steuerbehörden
den Anschreibungen der Landwirthe, die auch in der großen
Mehrzahl mit Belägen nicht versehen sein können, Glauben
schenken, so lange nicht bestimmte Thatsachen für die Unglaub-
würdigkeit sprechen. Nichts anderes kann aber für die Gewerbe-
treibenden gelten.
Hiernach ist die Berufungsentscheidung wegen Verletzung der
Rechtsgrundsätze über Beweisführung aufzuheben und die Sache
an die Berufungskommission zur anderweiten Entscheidung zurück-
zugeben.
Hierbei ist davon auszugehen, daß das gewerbliche Ein-
kommen bei den Veranlagungen für die Jahre 1897/98 uud
1898/99 auf je 3 400 geschätzt und hiervon abzuweichen ein
Anlaß nicht erkennbar ist.
Für das letzte Vorjahr sind die Ergebnisse der Geschäfts-
bücher zu Grunde zu legen. Zu diesem Zwecke bedarf es aber
einer nochmaligen Verhandlung mit dem Beschwerdeführer, da
 
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