Leon Batista Alberti.
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weitesten Entfernung von einander die Theilnahme an dem
Genüsse ihrer wechselseitigen Geistesprodukte; die Optik zaubert
gleichsam die Länder selbst, ihre Einwohner, ihre Trachten
und ihre Denkmäler in andere Länder, zu anderen Menschen
und bewirkt gewißermaßen unter ihnen eine Mittheilung der
Dinge, wie die Buchdruckerei eine Mittheilung der Ideen.
Die Erholungen Leon Batista Alberti's wären für einen
Andern ernste Beschäftigungen gewesen. In seinen Gewohn-
heiten und selbst in seinem Zeitvertreibe verkündigte sich eine
allgemeine Wißbegierde, das Bedürfniß, Alles zu lernen. Bald
suchte er eifrig die Gesellschaft der Gelehrten auf, bald Be-
lehrung unter den Unwissenden. Ueberzeugt, daß immer etwas
von ihnen zu lernen sei, verkleidete er sich oft wie Einer ihres
Gleichen, besuchte die Werkstätten, die Läden, erkundigte sich
bei allen Arten von Handwerkern nach ihren Verfahrungsweisen
und Gebräuchen, und stahl ihnen ihre Geheimnisse. Dieß ge-
schah übrigens bloß, um ihnen Alles mit Wucher wieder zu
erstatten. Denn bald gingen aus allen diesen unschuldigen
Diebstählen, die er hier und dort beging, einige Entdeckungen,
einige neue mechanische Verfahrungsarten hervor, welche die
Künste und die Handwerker bereicherten.
Wie hätte unter so verschiedenen Neigungen Alberti nicht
besonders Geschmack an der Architektur finden sollen! Schon
mehr als eine seiner Reisen in verschiedene Gegenden Italiens
war der Untersuchung der Denkmäler der alterthümlichen Archi-
tektur gewidmet. Aber in Rom vollendete er das Studium
ihrer Grundsätze und eignete sich ihren Styl und ihre Manier
an. Es gelang ihm mit so glücklichem Erfolge, daß man
in keinem der, leider nur allzu wenigen Werke, die uns von
ihm übrig geblieben, auch nur eine Spur von Entlehnung
oder mühsamer Erwerbung bemerkt; Alles scheint an densel-
ben Überlieferung oder legitime Erbschaft des Alterthums zu
seyn.
I. 6
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weitesten Entfernung von einander die Theilnahme an dem
Genüsse ihrer wechselseitigen Geistesprodukte; die Optik zaubert
gleichsam die Länder selbst, ihre Einwohner, ihre Trachten
und ihre Denkmäler in andere Länder, zu anderen Menschen
und bewirkt gewißermaßen unter ihnen eine Mittheilung der
Dinge, wie die Buchdruckerei eine Mittheilung der Ideen.
Die Erholungen Leon Batista Alberti's wären für einen
Andern ernste Beschäftigungen gewesen. In seinen Gewohn-
heiten und selbst in seinem Zeitvertreibe verkündigte sich eine
allgemeine Wißbegierde, das Bedürfniß, Alles zu lernen. Bald
suchte er eifrig die Gesellschaft der Gelehrten auf, bald Be-
lehrung unter den Unwissenden. Ueberzeugt, daß immer etwas
von ihnen zu lernen sei, verkleidete er sich oft wie Einer ihres
Gleichen, besuchte die Werkstätten, die Läden, erkundigte sich
bei allen Arten von Handwerkern nach ihren Verfahrungsweisen
und Gebräuchen, und stahl ihnen ihre Geheimnisse. Dieß ge-
schah übrigens bloß, um ihnen Alles mit Wucher wieder zu
erstatten. Denn bald gingen aus allen diesen unschuldigen
Diebstählen, die er hier und dort beging, einige Entdeckungen,
einige neue mechanische Verfahrungsarten hervor, welche die
Künste und die Handwerker bereicherten.
Wie hätte unter so verschiedenen Neigungen Alberti nicht
besonders Geschmack an der Architektur finden sollen! Schon
mehr als eine seiner Reisen in verschiedene Gegenden Italiens
war der Untersuchung der Denkmäler der alterthümlichen Archi-
tektur gewidmet. Aber in Rom vollendete er das Studium
ihrer Grundsätze und eignete sich ihren Styl und ihre Manier
an. Es gelang ihm mit so glücklichem Erfolge, daß man
in keinem der, leider nur allzu wenigen Werke, die uns von
ihm übrig geblieben, auch nur eine Spur von Entlehnung
oder mühsamer Erwerbung bemerkt; Alles scheint an densel-
ben Überlieferung oder legitime Erbschaft des Alterthums zu
seyn.
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