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Quatremère de Quincy, Antoine Chrysostôme
Geschichte Raphael's und seiner Werke: nebst 1 Facsimile — Quedlinburg, Leipzig: Druck und Verlag von Gottfr. Basse, 1835

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https://doi.org/10.11588/diglit.59563#0261
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und seiner Werke.

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Reste des Letztem und der sie enthaltende Sarg untersucht wor-
den sind, und daß damals sein Kopf oder wenigstens sein Schä-
del weggenommen ist, den man noch gegenwärtig in der Akademie
des heil. Lucas zu Rom zeigt, wo man auch eins von seinen
Werken sieht, nämlich das Gemälde des Schutzpatrons der Maler,
welcher dargestellt ist, indem er die heil. Jungfrau mit dem Kinde
Jesus malt. Neben der Jungfrau erblickt man die Figur eines
Jünglings, woran die Ähnlichkeit mit Raphael in einem Alter
von 25 Jahren unverkennbar ist. (Vergl. den am Schluffe des
Werks mitgetheilten Brief.)
Jedes Jahr, am Jahresfeste des heil. Lucas, werden die
Säle der Akademie geöffnet, und jedes Jahr empfängt dieser
Kopf, der eine Art von Reliquie geworden ist, von den jungen
Künstlern die Ehre einer unschuldigen, aber ehrenvollen Huldigung.
Ein Jeder beeifert sich, mit seinem Crayon denselben zu berühren.
So erzählt man, daß junge Soldaten ihren Säbel auf dem
Grabsteine des Siegers von Fontenoy zu schleifen pflegen.
Physisches Portrakt Raphaels.
Da die Art von religiöser Achtung, welche aus dieser Ge-
wohnheit hervorging, bei bloßen Neugierigen der physiologischen
Untersuchung dieses Ueberbleibsels von einem so großen Manne
Raum gegeben hat, so erstaunt man darüber, daß ein Schädel
von so geringem Umfange ihm angehört haben soll. Nichts ist in
der That mehr geeignet, oie materialistischen Ideen Derjenigen zu
widerlegen, welche nach der physischen Beschaffenheit der materiel-
len Organe die moralischen Eigenschaften des Verstandes und des
Genies beurtheilen wollen. Jedoch verträgt sich die Kleinheit die-
ses Schädels sehr wohl mit dem, was man von der äußern Con-
stitution Raphaels weiß, sowie er sie auf mehren Gemälden in
seinem Portrait uns überliefert hat.
Wir haben Gelegenheit gefunden, unsere Meinung über sein
wahres Portrait zu sagen, als wir über das Portrait Altoviti's
sprachen, welches Bottari's Jrrthum veranlaßt hat. Um sich eine
richtige Idee von seiner Person zu machen, brauchen wir uns nur
an die authentischen Bildnisse zu erinnern, welche davon vorhan-
den sind. Raphael hat sich vier Mal in den Frescogemälden des
Vatican gemalt: ein Mal in dem Streite über das heil. Sacra-
 
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