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Galerie Flechtheim [Contr.]
Der Querschnitt — 12.1932

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Arnheim, Rudolf: Arme Irre
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https://doi.org/10.11588/diglit.73728#0596
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Arme Irre
Von
Rudolf Arnheim
Darauf habe ich ihm vorgeschlagen, er soll mir den kleinen Sechssitzer für Siebenhundert-
fünfzig lassen, wenn ich ihm Hundertachtzig bar auf den Tisch knalle und den Außen-
bordmotor von Arthurs fünfundzwanziger Kajütenkreuzer zugebe. Aber die Leute sitzen noch
auf dem hohen Pferd.
— Haben Sie ja auch keine Freude von dem Wagen! Der hat jetzt gut seine Achtzigtausend
drauf. Das hören Sie doch schon am Druck, daß der in der Kupplung sperrt, und ehe ich an der
Lichtmaschine spare, lege ich lieber eine Rate zu, da weiß ich, was ich für Material unterm Sitz
habe.
— Er wollte mir den Fünf-Sechsundzwanziger Sporttyp unter der Hand zedieren, weil doch
Rohrbeck ein Interesse daran hat, das Modell aus dem Handel zu ziehen, aber wie soll ich bei
dem Attrappenchassis sechs Zylinder ausfahren? Man merkt eben, daß die bei Rohrbeck nicht
rechnerisch durchkonstruieren. Lassen Sie mal das Getriebe anlaufen, das spielt gar nicht,
das ist alles viel zu sehr nach Schnauze gearbeitet. Und wenn ich nicht meine Hundertzwanzig
korrekt ausfahren kann, steh' ich auf dem Standpunkt, dann habe ich mehr davon, wenn ich
den kleinen Phaeton mit zweihundert Mark Abzug als Vorführwagen bekomme.
— Der Wagen liegt zu breit auf der Stange.
— Sicher fällt er manchmal ein bißchen schwer aus. Ist ja kein Serientyp. Da muß man stoppen,
wie er auf Touren kommt. Ist ja dann auch viel Augensache beim Kauf.
• — Nehmen Sie mal die lachsfarbene Innensteuerlimousine von Schneider. Der hängt Ihnen
auf staubigem Gelände den Sperber-Privat aus der kalten Hand ab, aber selbst wenn Sie bloß
mal einen Hubraum von zwei Kubikdezimetern ansetzen, dann stellt der sich im Betrieb gut auf
Zweihundertfünfzig.
— Dafür macht er Ihnen aber den Simplon glatt im Dritten. Dabei können Sie Zeitung lesen.
Da holen Sie einen Durchschnitt von Achtzig raus, und der bleibt Ihnen stramm auf der Nadel.
— Ist ja viel Gefühlssache, und in der Machart mag er ja preiswert sein, aber dann muß ich
ihn im November aufbocken, und die Steuer kostet mich ab März rückwirkend schon so viel,
wie ich am Reifenverschleiß spare. Und schließlich muß ich doch auch mein Kapital amortisieren.
Da fahre ich lieber Gemisch.
— Das ist Sparsamkeit am falschen Fleck. Wenn Ihnen dauernd der Kühler niest, da haben Sie
keine Freude an der Natur, und ich sage immer, ein Kabriolett ohne Vollgas ist wie ein Ar-
maturenbrett ohne Tourenzähler.
— Der Wagen zieht sehnig auf Achse. Der liegt Ihnen wie Spucke auf der Chaussee. Und die
Betriebssicherheit! Er will mir ja einen Zuschuß zur Bereifung geben, wenn ich Elfriede den
gebrauchten BFM zum Fabrikpreis vermittle, aber ich sage mir, sie hat bloß Führerschein 2a
und polizeiliches Führungszeugnis, und das reicht nicht.
— Sie fahren ja die Damen sowieso auf Ihre Rechnung und Gefahr. Dafür nehme ich Kasko.
Da stehe ich per Saldo ganz anders da. Und wenn Sie den heute angeben, dann bekommen Sie
vielleicht Achthundert und haben ihn noch nicht mal ab Werk. Da müssen Sie sich noch die
Steuer-PS einrechnen, und der Wagen haut Ihnen schlecht gerechnet zehn Liter auf den Kopf.
Zehn? Fünfzehn.
Der Schaffner: Hier noch jemand ohne Fahrschein?
— Ein einfach.
— Ein Umsteiger Stadtbahn und zwei Kind.

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