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Galerie Flechtheim [Mitarb.]
Der Querschnitt — 12.1932

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Lasserre, Jean: Das Schönheitsgeschäft
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https://doi.org/10.11588/diglit.73728#0950
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Otto Lange

— Jetzt hilft höchstens noch die Geistigkeit . ..

Vielleicht sind die Frauen nur deshalb eine Beute der Schönheits-Salons ge-
worden, weil ihre Männer nur ihre Schönheit im Gedächtnis behalten und nur
selten auch ihre Seele. Doch was bleibt auch von ihnen übrig, wenn sie nicht
schön sind? Die Männer wollen nichts anderes von ihnen. Nichts als ihre Gegen-
wart, ihre angenehme und anmutige Gegenwart. Dafür verlangt die Frau von ihrem
Mann nur, daß er so gut wie möglich für sie sorgt. Er braucht kein zärtlicher,
aufmerksamer oder leidenschaftlicher Liebhaber zu sein, denn meist hat sie von
Liebesdingen, die ja niemand sie gelehrt hat, keine Ahnung. Und so ist dieses
uniformierte, künstlich hergestellte, leblose und in totem Ausdruck erstarrte
Gesicht wirklich der genaue Widerschein ihrer Seele.
Aber sie ist jedem ausgeliefert, der ein gutes Mundwerk und etwas Talent zur
Liebe hat. Er ist imstande, ihr Leben einzublasen und ein prachtvolles Geschöpf
aus ihr zu machen. An ihrem Ursprungsort schmeckt die amerikanische Schönheit
nach nichts. Kein Mensch hat einen Genuß davon. Aber sie ist eine Frucht, die den
Transport verträgt.
Eine Frau, die einmal ihre Zuflucht zum Schönheits-Chirurgen genommen hat,
ist wie eine Frau, die einmal einen Geliebten nahm, ohne ihn zu lieben: sie wird
zehn Geliebte haben. Und die andere wird zehnmal zu ihrem Foltermeister zurück-
kehren. Selbst die bestgelungene Operation hält nicht ewig. Das Fleisch lockert
sich, die angegriffenen Gewebe ernähren es nicht mehr richtig; und dagegen ist
nichts zu machen. Es ist eine Art Tod. Und die Frau, die ihre Schönheit, für die sie
schon so viel gelitten hat,
hinschwinden sieht, sucht
neuerlich Hilfe bei dem,
der sie schon einmal, wenn
auch nur für ganz kurze
Zeit, gerettet hat. Aber
schon ist der Erfolg nicht
mehr der gleiche. Ein toller
Wettlauf mit dem Alter
beginnt...
Ein ganz bedeutender
Fachmann auf dem Gebiete
des „Schönheits-Geschäf-
tes" hat mir gesagt, daß
man mit einem viermal
behandelten Gesicht an-
ständigerweise nichts mehr
unternehmen dürfe. Aber
die Frau ist wie toll nach
der Entdeckung, daß sie
nun wirklich alt sein
soll...
Den letzten Versuch
macht der Charlatan.

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