Das Übermaß an
Schönheit und die Tat-
sache, daß man ihr auf
Schritt und Tritt an
jeder Straßenecke be-
gegnet, haben sie ent-
wertet. Es gibt so viele
schöne Frauen, daß
die wirkliche Ein-
schätzung der Schön-
heit, ihre Prinzipien
und ihre Gesetze völlig
verschoben wurden.
Es kann einen Mann
nicht mehr stolz ma-
chen, mit einer schö-
nen Frau gesehen zu
werden; denn alle
andern Männer um
ihn haben auch schöne
Frauen.
Nun beginnen
Schmuck und Klei-
dung ihre Rolle zu
spielen. Eine sinnlose
Putzsucht, an der die
amerikanische Gesell-
schaft genau den äs-
thetischen Wert einer
Frau abzuschätzen
George Grosz
— Wenn ich mich so im Spiegel seh, glaub ich, ich bin
meine Tochter.
vermag. Die Ausgaben, zu denen diese Auffassung führt, sind ungeheure, aber
sie gestatten dem Mann, der sie leisten kann, auf diese Weise den Stand seiner
Geschäfte, sein „Standing" zu demonstrieren.
Und dabei wären diese Frauen auch in Sackleinen schön. Aber von ihrem
frühesten Alter an sind sie zu dieser Schaufensterrolle erzogen worden und haben
nur den einen Gedanken, sie richtig auszufüllen.
Eine Nacht im Kasino des Central-Park — - das Gedeck zu 30 Dollar —
bedeutet nur dann für einen Mann Erfolg und Vergnügen, wenn er den teuersten
Champagner in Gesellschaft der schönsten Perlen von New York ge-
trunken hat.
Die Schönheit ist für die Frauen Amerikas etwas so Selbstverständliches, daß
sie nur selten in den Spiegel schauen. Hingegen studieren sie die Blicke ihrer
Rivalinnen, um zu sehen, wie hoch sie taxiert werden. Die Schönheit allein ist es,
die in den amerikanischen Frauen gerade das zerstört hat, was ihren tiefsten Zauber
ausmacht, wenn man anderes von ihnen verlangt als das Vergnügen eines
Augenblicks.
3*
643
Schönheit und die Tat-
sache, daß man ihr auf
Schritt und Tritt an
jeder Straßenecke be-
gegnet, haben sie ent-
wertet. Es gibt so viele
schöne Frauen, daß
die wirkliche Ein-
schätzung der Schön-
heit, ihre Prinzipien
und ihre Gesetze völlig
verschoben wurden.
Es kann einen Mann
nicht mehr stolz ma-
chen, mit einer schö-
nen Frau gesehen zu
werden; denn alle
andern Männer um
ihn haben auch schöne
Frauen.
Nun beginnen
Schmuck und Klei-
dung ihre Rolle zu
spielen. Eine sinnlose
Putzsucht, an der die
amerikanische Gesell-
schaft genau den äs-
thetischen Wert einer
Frau abzuschätzen
George Grosz
— Wenn ich mich so im Spiegel seh, glaub ich, ich bin
meine Tochter.
vermag. Die Ausgaben, zu denen diese Auffassung führt, sind ungeheure, aber
sie gestatten dem Mann, der sie leisten kann, auf diese Weise den Stand seiner
Geschäfte, sein „Standing" zu demonstrieren.
Und dabei wären diese Frauen auch in Sackleinen schön. Aber von ihrem
frühesten Alter an sind sie zu dieser Schaufensterrolle erzogen worden und haben
nur den einen Gedanken, sie richtig auszufüllen.
Eine Nacht im Kasino des Central-Park — - das Gedeck zu 30 Dollar —
bedeutet nur dann für einen Mann Erfolg und Vergnügen, wenn er den teuersten
Champagner in Gesellschaft der schönsten Perlen von New York ge-
trunken hat.
Die Schönheit ist für die Frauen Amerikas etwas so Selbstverständliches, daß
sie nur selten in den Spiegel schauen. Hingegen studieren sie die Blicke ihrer
Rivalinnen, um zu sehen, wie hoch sie taxiert werden. Die Schönheit allein ist es,
die in den amerikanischen Frauen gerade das zerstört hat, was ihren tiefsten Zauber
ausmacht, wenn man anderes von ihnen verlangt als das Vergnügen eines
Augenblicks.
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