finden, die sich dem Ganzen gut einfügen. Auch hierin sind die Werke der großen Vene-
zianer (Tizian, Tintoretto, Veronese) für Fiammingo das ideale Vorbild, dem er fast bedin-
gungslos folgt.
Peltzer sagt zusammenfassend in seiner Abhandlung über die Werke Fiammingos: «Die
Kunst Paolos bewegt sich nicht auf der geraden Bahn der idealen oder heroischen Landschaft,
wie sie Annibale Carracci um diese Zeit im Anschluß an Tizian anstrebt und die in Poussin
ihren Höhepunkt erreichen sollte. Es fehlt der große Linienzug, dem sich alles unterordnet,
die Vergewaltigung der Naturformen zugunsten eines plastisch-formalen Ideals. Das Natur-
bild wird von dem Flamen Franck der Wirklichkeit gemäß gesehen, voll Bewegung und Le-
ben, aber im einzelnen setzen sich die von der italienischen Kunstauffassung sanktionierten
Formen und Vorstellungen durch. Aber in Venedig mußten - anders wie in Rom, wo Paul
Brill und Adam Elsheimer ähnliche Wege wandelten - die malerischen Werte in den Vorder-
grund treten. So entstand ein Mittelding, das man wohl am besten als romantische Stim-
mungslandschaft bezeichnen kann.» Demgegenüber scheint es uns wichtig, darauf hinzu-
weisen, daß nicht nur im einzelnen sich die sanktionierten Formen und Vorstellungen durch-
setzten, daß auch im ganzen der große Linienzug, dem sich alles unterordnet, nicht fehlt:
unverkennbar ist in allen Bildern das kompositionelle Gerüst, dem sich alle Formen zu fügen
haben. Es tritt vielleicht nicht so stark in Erscheinung, da in Venedig die farbigen und male-
rischen Werte in den Vordergrund treten - worauf Peltzer mit Recht hinweist - und dazu
beitragen, das Ganze geschlossen und einheitlich wirken zu lassen. Leben und Bewegung
bringen in weit größerem Maße als die Natürlichkeit - die schwungvollen Formen, mit denen
die Bäume und alle anderen Naturformen wiedergegeben sind, die lebendige und bewegte
Pinselführung in das Bild.
Was Fiammingo allen Italienern voraushat, ist die Unbefangenheit, mit der er der Natur
gegenübertritt, mit der er wagt, sie zum Inhalt großer Bilder zu machen. In seinem Schaffen
hat sich die niederländische Herkunft, das landschaftliche Interesse des Flamen mit der
«maniera» Venedigs vereinigt; Peltzer nennt es das «glückliche Resultat der Verschmelzung
nordischen Naturgefühls mit venezianischem Kolorismus» und - müssen wir hinzufügen -
auch mit den von den Italienern ausgebildeten Formen und Gesetzen der Komposition, die
es ermöglichen, das Bild zusammenzufassen und alle Teile einem großen Linienzug unterzu-
ordnen. «Con l’acquisto della maniera appressa in Venetia honorä la sua Natione!» sagt
Ridolfi.
Die letzten Bilder Coninxloos zeigen in vieler Hinsicht eine gewisse Verwandtschaft im
Aufbau mit Bildern Fiammingos. Die Waldlandschaft aus dem Jahre 1598 der Liechten-
steinschen Galerie in Wien ist in ähnlicher Weise wie die «Waldlandschaft mit Diana und
Nymphen» in Berlin (Abb. 14, 15) von drei großen Baumgruppen geteilt, zwischen denen
sich Ausblicke in die Tiefe des Waldes auftun112. Auch der Aufbau der Waldlandschaft von
1604 ist in vielem der «Waldgegend» in Kirchheim verwandt (Abb. 12, 13). Es ist nicht
ausgeschlossen, daß Coninxloo Bilder des überall sehr bekannten «flämischen Venezianers»
gesehen hat113. Der Vergleich dieser Bilder zeigt, daß die Regeln und Gesetze der Kompo-
sition zu dieser Zeit diesseits und jenseits der Alpen die gleichen waren, daß die Niederländer
hierin ganz von der Kunst Italiens abhängig sind. Darüber hinaus offenbart sich aber vor
allem besonders deutlich an diesen Bildern, wie verschieden das Verhältnis zur Natur im
Norden und Süden ist.
4 Raczyriski
49
zianer (Tizian, Tintoretto, Veronese) für Fiammingo das ideale Vorbild, dem er fast bedin-
gungslos folgt.
Peltzer sagt zusammenfassend in seiner Abhandlung über die Werke Fiammingos: «Die
Kunst Paolos bewegt sich nicht auf der geraden Bahn der idealen oder heroischen Landschaft,
wie sie Annibale Carracci um diese Zeit im Anschluß an Tizian anstrebt und die in Poussin
ihren Höhepunkt erreichen sollte. Es fehlt der große Linienzug, dem sich alles unterordnet,
die Vergewaltigung der Naturformen zugunsten eines plastisch-formalen Ideals. Das Natur-
bild wird von dem Flamen Franck der Wirklichkeit gemäß gesehen, voll Bewegung und Le-
ben, aber im einzelnen setzen sich die von der italienischen Kunstauffassung sanktionierten
Formen und Vorstellungen durch. Aber in Venedig mußten - anders wie in Rom, wo Paul
Brill und Adam Elsheimer ähnliche Wege wandelten - die malerischen Werte in den Vorder-
grund treten. So entstand ein Mittelding, das man wohl am besten als romantische Stim-
mungslandschaft bezeichnen kann.» Demgegenüber scheint es uns wichtig, darauf hinzu-
weisen, daß nicht nur im einzelnen sich die sanktionierten Formen und Vorstellungen durch-
setzten, daß auch im ganzen der große Linienzug, dem sich alles unterordnet, nicht fehlt:
unverkennbar ist in allen Bildern das kompositionelle Gerüst, dem sich alle Formen zu fügen
haben. Es tritt vielleicht nicht so stark in Erscheinung, da in Venedig die farbigen und male-
rischen Werte in den Vordergrund treten - worauf Peltzer mit Recht hinweist - und dazu
beitragen, das Ganze geschlossen und einheitlich wirken zu lassen. Leben und Bewegung
bringen in weit größerem Maße als die Natürlichkeit - die schwungvollen Formen, mit denen
die Bäume und alle anderen Naturformen wiedergegeben sind, die lebendige und bewegte
Pinselführung in das Bild.
Was Fiammingo allen Italienern voraushat, ist die Unbefangenheit, mit der er der Natur
gegenübertritt, mit der er wagt, sie zum Inhalt großer Bilder zu machen. In seinem Schaffen
hat sich die niederländische Herkunft, das landschaftliche Interesse des Flamen mit der
«maniera» Venedigs vereinigt; Peltzer nennt es das «glückliche Resultat der Verschmelzung
nordischen Naturgefühls mit venezianischem Kolorismus» und - müssen wir hinzufügen -
auch mit den von den Italienern ausgebildeten Formen und Gesetzen der Komposition, die
es ermöglichen, das Bild zusammenzufassen und alle Teile einem großen Linienzug unterzu-
ordnen. «Con l’acquisto della maniera appressa in Venetia honorä la sua Natione!» sagt
Ridolfi.
Die letzten Bilder Coninxloos zeigen in vieler Hinsicht eine gewisse Verwandtschaft im
Aufbau mit Bildern Fiammingos. Die Waldlandschaft aus dem Jahre 1598 der Liechten-
steinschen Galerie in Wien ist in ähnlicher Weise wie die «Waldlandschaft mit Diana und
Nymphen» in Berlin (Abb. 14, 15) von drei großen Baumgruppen geteilt, zwischen denen
sich Ausblicke in die Tiefe des Waldes auftun112. Auch der Aufbau der Waldlandschaft von
1604 ist in vielem der «Waldgegend» in Kirchheim verwandt (Abb. 12, 13). Es ist nicht
ausgeschlossen, daß Coninxloo Bilder des überall sehr bekannten «flämischen Venezianers»
gesehen hat113. Der Vergleich dieser Bilder zeigt, daß die Regeln und Gesetze der Kompo-
sition zu dieser Zeit diesseits und jenseits der Alpen die gleichen waren, daß die Niederländer
hierin ganz von der Kunst Italiens abhängig sind. Darüber hinaus offenbart sich aber vor
allem besonders deutlich an diesen Bildern, wie verschieden das Verhältnis zur Natur im
Norden und Süden ist.
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