Reichenau
Federzeichnung Schneider Blumberg
DIE GRUNDHERRSCHAFT DER REICHENAU
UNTER MITARBEIT VON ARCHIVDIR. DR. P. P. ALBERT/FREIBURG/BR. UND ARCHIVRAT DR. H. BAIER/KARLSRUHE
PROFESSOR DR. FRANZ BEYERLE / BASEL
Die frühmittelalterliche
Grundherrschaft am Beispiel der Reichenau
anschaulich machen zu wollen, wäre em hoff-
nungsloses Unterfangen. Der Urkundenbestand
der Abtei aus karolingisch-ottomscher Zeit ist,
gemessen etwa an demjenigen St. Gallens, Fuldas
oder Freisings, em schlechthin kläglicher. Er
reicht für eine Erfassung der karolingisch-otto-
mschen Grundherrschaft des Klosters, ja auch
nur einzelner Teile derselben, entfernt nicht aus.
Kem Traditionenbuch entschädigt uns für den
Verlust der Originalbriefe; em paar Pergament-
fetzen, die als jämmerliche Trümmerstücke von
Reichenauer Traditionsbüchern oder Urbanen an-
gesprochen werden, lassen uns diesen Verlust um
so lebhafter beklagen.1)
Als Oheim seine Chronik zusammenschrieb,
wollte eine noch lebendige Überlieferung wissen,
daß Eberhard von Brandis die ,alten rödel, re-
gister und bücher* vernichtet habe. Und in der
Tat — so meint er: man finde keine älteren Rö-
del und Salbücher als aus dieses Abtes Zeit.
Diese Salbücher, richtiger Kopialbücher der
Lehenbriefe (denn die Schrift verweist sie ms
15. Jhdt.), sind nun immerhin erhalten und ge-
statten, die qualvollen Zuckungen der ihrem Ende
zuschreitenden Wirtschaftsgebarung der Abtei zu
beobachten. Nimmt man die Fehlergrenze in
Kauf, die vier Jahrhunderte und die Schulden-
wirtschaft unfähiger Äbte notwendig ergeben, so
möchte sich aus der in Liquidation befindlichen
Grundherrschaft der Kopialbücher vielleicht so-