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Die Republik — 1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.44147#0121

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Die Republik erscheint
täglich. Preis in Heidel-
berg vierteljährig 45 kr.
Durch die Post bezogen im
ganzen"Großh. Baden I st.
Iv kr. Bei Inseraten kostet
die dreispalt. Pctitzeile2kr.

Die Republik.

Bestellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch-
druckerei von Renner u.
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Postämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.

1848.

Montag, 1. Mai.

Nir 28.

Das deutsche Parlament.
Zu dem deutschen Parlament wird das deutsche Volk
aus seiner Mitte ungefähr 900 Mitglieder schicken, welche
Gesetze berathen und beschließen, und somit über das Wohl
und Wehe 40 Millionen Deutscher verhandeln sollen.
Ein Biuderstamm ist dem andern bisher voraus gewe-
sen an Gesittung, namentlich aber an politischer Bildung.
Unverkennbar ist cs, muß cs jedem Unbefangenen scyn, daß
wir Süddeutschen, welche die Wirkung des konstitutionellen
Lebens seit Jahren schon suhlen können und erfahren haben,
auf einer ganz anderen Stufe der Entwickelung stehen, als
unsere Brüder in Norddeutschland, und gerade die größten
Völkerschaften, wie Oestreich und Preußen. Wenn beide durch
gewaltsamen Weg endlich an unsere Formen gekommen sind,
so ist damit doch nur gesagt, daß sie mit dem begonnen, was
wir schon längst hinter uns, und durchlebt haben. Wenn
Preußen und Oestreich seine Vertrauensmänner sendet,- so
werden sie das Charaktergepräge ihrer Zeit mitbringen, und
ihm natürlich getreu, 6 bis 700 Stimmen in die Wage un-
serer Zukunft werfen. Ob aber preußische und österreichische
Geheimräthe, adelige Gutsbesitzer, Standesherren u. s. w.,
(denn diese werden in überwiegender Mehrzahl mit Hülfe
der Regierungen und ihrer zahlreichen Helfershelfer die Wah-
len auf sich zu vereinigen wissen) Willens sein werden, ihre
Majorität der Minorität — denn wir übrigen Süddeutschen
haben dann nur 2 bis 300, und wahrscheinlich noch sehr ge-
mischte Stimmen in den Kampf zu führen — zum Opfer zu
bringen, ob diese Majorität auf ihre Fahne schreiben wird:
„Volkssouverainetät" unter dem Schutz einer demokratischen
Form, das wird nicht mehr in Frage zu stellen sein! Darum,
Badener! wählt Männer, die das strengste demokratische, daü
republikanische Princip mit aller Energie vertheidigen
werden, gegen eine Majorität, gesandt von denjenigen un-
serer deutschen Brüder, die bisher in Hinsicht der politischen
Bildung mit uns nicht gleichen Schritt gehalten haben.

Tagesbericht aus Deutschland.
Heidelberg, 30. April. Gestern sind vier Mann-
heimer Bürger, Hoff, Grohe, Spieß und Betz, hier durch
nach Bruchsal in Verwahrsam gebracht worden. Trotz der
50,000 Bajonette, die jetzt bei uns in der Sonne der Frei-
cheit (?) glänzen, scheint man immer noch einzelne Männer
zu fürchten, die für ihr Vaterland warm, etwas weiter gehen,
als der kalte Egoismus zu denkeu wagt.

Bruchsal, 26. April. Soeben wurde bei dem Gerichts-
höfe dahier die 1. öffentliche Verhandlung über einen Preß-
prozeß gepflogen, und zwar über die Beschwerde des Ange-
klagten Fickler dagegen, daß sich das Stadtamt Karlsruhe
zur Voruntersuchung und Verhaftung in Betreff der Anklage
wegen versuchten Hochverrat!)» (durch 2 Artikel der Seeblät-
ter verübt) für zuständig erklärt hat. — Eine große^ahl Zu-
hörer, darunter auch Damen, hatte sich ci-igefundcn, und da-
durch ihr Interesse für die wiederhergestellte Oeffentlichkeit,
wie für die obschwebcnde zu jetziger Zeit gewiß doppelt wich-
tige Frage an den Tag gelegt. — Der Gerichtspräsident Ob-
kircher eröffnete die Sitzung durch Verkündigung des Gegen-
standes der Verhandlung, worauf der Referent, HofgerichlS-
rath Schrickel den schriftlichen Vortrag erstattete. Er theilte
vor Allem den Inhalt der 2 Aufsätze mit, welche die Anklage
sich zu Grunde gelegt hat, — denn Las Erken ulniß deö gr.
Ministerium des^Jnnern, welches die polizeiliche Verhaftung
anordnete (vorbehaltlich der Ablieferung an das zustän-
dige Gericht zu Konstanz) — und das Erkenntniß des Stadt-
amts zu Karlsruhe ,'über seine Compentenzerklärung auf den
Grund der in dem Museum dortselbst geschehenen Verbreitung
der Druckschriften. Der Vortrag gab alsdann ein klares ge-
treues Bild der bisher gepflogenen Untersuchung, aus welchem
erhellt, daß Fickler mit aller Entschiedenheit und Ruhe seine
verfassungsmäßigen Rechte zu wahren wußte, und daß die An-
klage die Competenz des Amtes zu Karlsruhe auch dadurch
zu begründen suchte, daß man sich auf das Zuvorkommen
sonst Prävention genannt, berief, indem jenes Gericht auch
wegen andern weiten Hoch- und beziehungsweise Landesver-
raths gegen den Angeklagten zuerst (vor andern Gerichten)
Untersuchung eingeleitet habe, also bei ihm alle und vorlie-
gende Klagen fortgesetzt und verhandelt werden müssen!
Der Vertheidiger Ficklers, Advokat Brentano, suchte, ge-
stützt auf die gesetzlichen Bestimmungen über die Presse dar-
zuthun, daß das Preßvergehen durch Abgabe der Druckerem-
plare in Konstanz vollendet, also auch das da vorhandene Ge-
richt nach allgemeinen Grundsätzen allein zuständig sei, — er
wies in beredtem Vortrage das unzuständige Einschreiten der
Karlsruher Behörde — mit schlagenden Gründen nach, wahrte
kräftig den verfassungsmäßigen Anspruch auf das kompetente
Gericht und suchte zugleich darzuthun, baß auS den persönli-
chen Verhältnissen Fickler's kein Grund zum Fluchtverdacht zu
entnehmen sei. —
Der öffentliche Ankläger bemühte sich, mit Schärfe und
Feinheit zu begründen, daß die Verbreitung der Blätter in
Karlsruhe die Vollendung des Verbrechens ausmachte und die
Zuständigkeit rechtfertige, sowie daß die Verhaftung in jetzigem
 
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