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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 2.1901

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Heft 12
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Neitzel, Otto: Musikleben am Rhein
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https://doi.org/10.11588/diglit.45535#0317

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NuZikleden am
Livias vorn Laireutker 8ti1.
Oer ^ufsat^ hes I^errn lVlorawe in Heft 8
hieser Zeitschrift „Oer Xing hes blibelungen"
kam rnir lebhaft 2ur Erinnerung, als ich hen
hies)äkrigen Oaireutker Testspielen beiwohnte,
blerr lVlorawe betont mehrmals, hafs er seine
Bemerkungen lehiglick an cler Oarmstähter Hof-
tkeater-tzuelle geschöpft habe. lVlan wirh ibrn in
hen meisten seiner Bemerkungen recht geben
müssen, anch nackhem rnan einen l'runk ans
IVlimirs tzuell an her Weltescke in Baireutk
selbst getkan bat. lVlit einer Besckeihenkeit, hie
in hem heutigen Zeitalter her kräftigen Bllen-
bögen, sowie irn Verhältnis 2U her von ihrn
kunhgegebenen Bicktigkeit unh Schärfe hes Or-
teils hoppelt selten ist, folgert Herr lVl. gan^ 2u-
trekenh: hie Hauptsache bei Wagner rnüsse wokl
hie Musik sein, sonst würhen nicht so viel Bn-
thusiasten, an Heren Öber^eugungstreue unh Auf-
richtigkeit nicht 2U Zweiteln, Wagner hören
statt sehen. Ich gestehe selber, eines l'ages in
Has musikalischste lVlusikhrama Wagners gegan-
gen 2U sein, in hen Tristan, mit hem ausschliefs-
lichen Zweck, nur lVlusik 2U hören, allerhings
aus etwas anherm Beweggrunhe als hem rein
musikalischen. Ähnlich wie her genaue Xenner
unh Ourchhenker hes Ooetkescken kraust sich
von her lanhesüblichen Oeklamation hes lVlono-
logs auf unsern Ourchschnittsbühnen in hohem
Qrahe verstimmt fühlt, so wenhet sich )eher, her
Has lange Ouett im Zweiten ^kt hes l'ristan
gehanklich-musikalisch in sich aufgenommen hat
(unh zwar in her Weise aufgenommen Kat, hals
hurckaus Has innerste Ourchhringen her Oehanken
unh ihrer ^.ufeinanherlolge hem musikalischen
Verstänhnis vorangegangen ist), balh mit grofsem
Wiherwillen gegen hie leere Bkrasenhrescherei,
hie hiesem Ouett hurck Belhentenor unh Brima-
honna 2U teil wirh. ^.n einem heutscken l'keater,
Has sonst nickt gerahe hie Hochburg wertvoller
künstlerischer Bntheckungen ist, ereignete sich
vor ?ekn fahren Has Onglaublicke: herl'ristan, her
bei seinem „urersten" Erscheinen schlickt „hurck-
gerasselt" war — hie Abonnenten verlietsen nach
hen ersten Worten hes biehern Marke in 8cka-
ren Has Ikeater —, wurhe bei seiner Wieher-
aufnakme 2ur Zeit, als hie Musik her Zukunft
hie her Oegenwart geworhen war, eine Mohe-
sacke unh erlebte eine erkleckliche ^n^akl von
Wieherkolungen. Waren hie Abonnenten um
so viel aufgeklärter geworhen? keineswegs, ^.bei-
her Belhentenor war ein hübscher Xerl mit
hem Brustkasten eines Oarhekürassiers unh hen
Wahen eines Bufseciuilibristen, unh hie Brima-
honna spielte hie Isolhe im Zweiten /».kt so ver-
führerisch, hafs sie als Oeha hätte Mohell sitzen
können . . . Oie Vorstellung, her ick „gesckloss-
nen ^.ugs, ikr Wunher nickt 2u sckauen", bei-


M.
StiSI'L QM

wohnte (unter welchem l'itel ick meine Bin-
hrücke hamals in her Xölniscken Zeitung ver-
öffentlichte), stanh 2war harstellerisch unh hin-
sichtlich hes Oesanges auf einer weit höheren
8tule als hie erstgemeinten, aber es geschah
Henn trotshem immer noch ?u viel, was ein
„wissenhes" ^.uge verletzen mufste, unh hie
Orchesterleistung war hem Best her Aufführung
um so viel mehr überlegen, als hafs ick nickt
hen Wunsch gehabt hätte, Wagner einmal aus-
sckliefslich?u kören, ^ls Milherungsgrünhe hieses
Onterfangens seien noch äusser her von Wagner
selber anerkannten „Ormusikalität" hes Werks
hie wunhersame Instrumentation erwähnt, hie
einen patkologisck-narkotisierenhen Zug an sich
Kat, wie )eher bestätigen wirh, her sie einmal in
einiger ^.usschliefslickkeit auf sich wirken lälst.
Warum soll man nickt auch einmal einen musi-
kalischen Opiumrausch hurckkosten! Bolgt ikm
hock kein Xat?en)ammer, wie nach Opium unh
Haschisch!
^.n sich ist unh bleibt nämlich Has Wagner-
kören eine Einseitigkeit, gegen hie Wagner als
Brster Bront ?u macken pllegte, unh hie gerahe
hen von ikm stets bekämpften Irrtum wieher
lustig aufleben lälst: hals man nämlich Has
Mittel hes ^ushrucks, hie lVlusik, ?um Zwecke
macht unh sie hem eigentlichen Zwecke, her

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