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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 4.1902

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3. Ausstellungsheft
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Renard, Edmund: Die kunsthistorische Ausstellung Düsseldorf 1902
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https://doi.org/10.11588/diglit.49103#0338
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gefunden; die Gröfse der Bilder, 1,50 m Höhe,
überschreitet den bisher üblichen Mafsstab ganz
bedeutend. Als Ergänzung hierzu treten photo-
graphische Vergröfserungen nach den für die
westiälische Denkmälerinventarisation gefertigten
Aufnahmen in einer reichen sorgfältigen Auswahl.
Nach den älteren Wandmalereien haben
schon seit einigen Jahren der Westfälische
Provinzialverein für Kunst und Wissenschaft,
namentlich aber die Rheinische Provinzialver-
waltung getreue Aquarellkopien anfertigen lassen,
um diesen wertvollen Schatz westdeutscher
Kunstgeschichte wenigstens in etwa dauernd zu
erhalten. Leider fällt ja so vieles von alten
Wandmalereien, was nach langem Schlummern
unter der Tünche herausgeholt wird, entweder
der Zerstörung oder unverständiger weitgehender
Restauration zum Opfer. Die zum Teil muster-
gültigen Kopien sollen einer demnächst erschei-
nenden gröfseren Veröffentlichung der romani-
schen Wandmalereien in den Rheinlanden als
Grundlage dienen, deren reiche Ausstattung
durch die Liberalität eines rheinischen Mäcenaten
ermöglicht worden ist.
Die römische Kunst.
Wenn man von den vielen Spolien absieht,
deren sich die mittelalterliche Goldschmiede-
kunst mit Vorliebe bedient hat, so ist das auf
der Ausstellung gebotene Bild keineswegs voll-
ständig. Das hat verschiedene Gründe; die
Hauptsammelpunkte für römische Kunst bilden
die Provinzialmuseen und das städtische Museum
in Köln. Für die Ausstellung kamen im wesent-
lichen deshalb nur die Privatsammlungen in
Betracht, die in Köln entstanden sind, seitdem
nach dem Jahre 1880 die um die Altstadt gele-
genen römischen Gräberfelder reiche Ausbeute
geliefert haben und auch noch zum Teil ver-
sprechen. Dem feinen Privatsammler sagt ja
auch die Zusammenstellung von Fragmenten nach
wissenschaftlichen Gesichtspunkten, wie es eine
Aufgabe der Museen ist, nicht so sehr zu. So
ist denn vornehmlich hier die rheinische Glas-
industrie der römischen Zeit zum Ausdruck ge-
kommen; das ist ja auch das Fabrikationsgebiet,
auf dem die Rheinlande als Kolonie das Mutterland
Italien und auch alle anderen römischen Kolonien
weit überflügelt hat. Auch im Mittelalter und in
der Renaissancezeit steht ja die rheinische Glas-
industrie auf einer ganz aufserordentlichen Höhe;
man neigt immer mehr dazu hin, einen grofsen
Teil der Venezianer Gläser als rheinisches,
speziell kölnisches Fabrikat in Anspruch zu
nehmen. Was hier namentlich aus den Samm-
lungen der Frau Maria vom Rath und des Kon-
suls C. A. Niefsen in sorgfältiger Auswahl an
wohlerhaltenen römischen Gläsern zur Aus-
stellung gekommen, ist in der That geeignet,
einen ziemlich vollständigen Überblick über
diesen künstlerisch so hochstehenden ältesten

Industriezweig der Rheinlande zu gewähren.
Von den schlichten einfarbigen Grabampullen
und den grofsen Aschenurnen der Gräber bis zu
den reichsten Spielarten sind die verschiedenen
Gläserformen vertreten. Der reiche Schmuck
aufgelegter Faden Verzierungen, die Technik des
Gravierens und Schneidens von Glas, die Verwen-
dung von Tier- und Fruchtformen, die Anwen-
dung bunter Glasflüsse, die reichen gekniffenen
Henkelausbildungen zeigen eine Durchbildung der
Technik und eine Höhe der künstlerischen Er-
findung, die ebensowohl die Renaissance wie
auch die neuere Zeit nur mit schwerer Mühe
haben wiedererobern können.
Was an römischen Edelmetallarbeiten aus-
gestellt ist, giebt nur ein unvollständiges Bild.
Vieles von diesen Arbeiten reicht schon in die
fränkische und die merovingische Zeit hinein, so
namentlich die derben Fibulen mit Halbedel-
steinen. Immerhin sind sie für eine Darstellung
der rheinischen Kunst von erheblichem Inter-
esse, weil sie uns den Weg zu den Edelmetall-
arbeiten des Mittelalters weisen. Dort liegt eine
so erhabene Höhe rheinischen Kunstlebens, dafs
auch die bescheidenen Vorläufer in der Entwick-
lung eine tiefergehende Wertschätzung wohl ver-
dienen.
Östliche Einflüsse.
Durch die zweite Hälfte des ersten Jahr-
tausends geht ununterbrochen eine lebhafte
Wechselbeziehung kultureller Art zum Osten
hin, Byzanz steht in einem dauernden Zusammen-
hang mit dem Westen. In der kunstgeschicht-
lichen Forschung haben diese Beziehungen eine
sehr verschiedenartige Auffassung erfahren. Die
ältere Forschung wollte ja die ganze Blüte der
romanischen Kunst auf byzantinische Einflüsse
zurückführen; die Reaktion konnte nicht aus-
bleiben und so kam man vor wenigen Jahr-
zehnten dazu, die romanische Kunst ganz von
den östlichen Einflüssen lossprechen zu wollen.
Auch diese Reaktion hat in ihrer Einseitigkeit
nicht standhalten können; immer mehr ringt
sich heute die Erkenntnis durch, wie tiefgehende
künstlerische Einflüsse von Byzanz den ganzen
Westen in der Frühzeit der romanischen Kunst
überschwemmt haben und wie grofs der direkte
Warenimport von Byzanz aus gewesen sein
mufs. Ebenso zeigt sich aber auch immer mehr,
dafs Byzanz vielfach nicht Ausgangspunkt, son-
dern nur Vermittler dieser kulturellen Beein-
flussung gewesen ist. Sassanidische Waren sind
über Byzanz gekommen, aber auch die byzan-
tinische Kunstübung ist vom Sassanidenreich
aus wesentlich beeinflufst worden. Heute wissen
wir auch schon, wie stark die persische Kunst,
die das Erbe der Kunst des Sassanidenreiches
antrat, mit chinesischen Elementen durchsetzt
ist. Die Bewegung stockt mit dem Sturz des
oströmischen Reiches, Sicilien und namentlich
Venedig hatten das Glück, die Reste dieser leb-

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