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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 5.1902/​1903

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Heft 3
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Schäfer, Wilhelm: Weihnachtsgeschenke
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Schäfer, Wilhelm: Monna Vanna
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https://doi.org/10.11588/diglit.45536#0170

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sckon ein Labsal, in solcker 8pracke Onsinn
zu lesen, wenn es einen Unsinn gäbe, der
diese 8pracke auskielte. Ick sage nickt: ein
Luck kür Leinsckmecker, sondern ein Luck für
Deutscke, denen die Lkre dieser 8pracke anver-
traut ist, Dickter wie Journalisten.
Und zum 8ckluß die 8trürnpfe der Lrauen-
und Wokltkätigkeits-Vereine. 2u federn Laar
^sei eins der Wiesbadener Volksbücker gelegt.

Das einzelne Luck kostet io, 15 oder 20 Lfg.
Lin Luck wie 8tifters Waldsteig 2. 8.; eine
blovelle, die federn Deutscken nötiger zu lesen
wäre, als Vossens vieltraktierte Luise, ist da
für 1, Lfg. zu kaufen, bei „lVlassenabnakme"
nock billiger, ^ber wo sind die Wokltkäter im
Volk der Denker und Dickter, die sick so vorn
Leeken ab verirren könnten?
Wilkelm 8ckäfer.

Noiilia V^liria..

Orn es gleick zu sagen, ick sprecke aus
ganzem Herzen dafür: nickt, weil ick lVlaeter-
link blindlings seine Label glaube, sondern weil
er Zuerst rnannkaft den 8ckritt tkat, der für
unser Drarna nötig war. Degen alles, was lVlaeter-
link gesckrieben Kat, auck gegen ,,/^glavaine und
8elz^sette" ist diese lVlonna Vanna rok, absickt-
lick, durnrn. ^ber über das Leinste ist sie er-
kaben durck den Hintergrund, durck den großen
8til. Wie wenn rnan einen 8pitzpinseler auf
einrnal breit kinrnalen siebt. Der leukel auck:
rnag er ein Dein zekn Zentimeter länger rnacken
als das andere oder gar einen ^rrn vergessen:
wenn nur endlick wieder 8ckwung und Drößs
darin ist. Das Drarna ist Lresko. Ob der 8ckau-
spieler die Mundwinkel ricktig kräuselt: ick will
okne Ducker seine Debärden seken, aus seiner
8tirnrne kören, was er füklt. Ls giebt keinen
Versuck des modernen Drarnas, wo das Lresken-
kafte so versuckt und erreickt wurde: Das
Durckeinander ist entwirrt, vor einem klaren
Hintergrund steken vier lVlenscken, auck für den
geringsten Verstand und das naivste Dekükl deut-
licke l'^pen, deren einkackes l'kun fast durck
Debärden verdeutlickt werden kann. Dickter-
worte zu versteken ist nickt allen und jedenfalls
den einzelnen Hörern nack der ^.rt ikrer Bildung
und ikres Defükls versckieden gegeben. Die
8pracke der Debärden kingegen löst das „Or-
gemeinsame". Derade für lVlaeterlink, der die
scköne Arbeit vom 8ckweigen gesckrieben Kat,
wie IVlensck zu IVlensck sick verstekt okne Worte,
trotz der Worte, für ikn ist es folgericktig, dafs
er nun in seinem Drama zunäckst die stark-
wirkende Lantomime giebt und dem Dickterwort
eine selbständige 8tellung daneben zuweist. Ick
möckte fast sagen, das Dickterwort wird dadurck
gerettet. Was war denn das 8tammeln der
naturakstiscken Dramen anders, als Wort und
Lantomime durckeinander gekossen. Die Debärde
war in den IVlund, in die 8ätze, in den ^.tem
gelegt. Die 8pracke war Lantomime geworden.
Dafs die in der lVlonna Vanna sick bewußt
aus diesem lVlisckmasck zurückziekt und rettet,
füklt jeder, der mit Aufmerksamkeit die zwanzig
ersten 8ätze dieser rein verstandesmässig ge-
setzten fast buckspracklicken Leden liest, blur

ein einziges IVlal scklägt sie um in ein präcktiges
Lildwort, und das gesckiekt mitten im 8turm der
Leidensckakt.
Ick möckte nickt mißverstanden werden:
solcke 8pracke ist nickt das 2iel, sondern nur
die notwendige Lettung auf den festen Drund
der 8acklickkeit. Ick bin fern davon zu sagen,
dafs die 8pracke nun als leeres Deklingel oder
Derede nebenker geben soll. Ick weiß, daß bei
8kake8peare nickt der l'keatermeßter den 8turm
und Legen mackt, sondern daß er in den Worten
liegt, ^.ber das ist es, was ick deutlick macken
wollte: die 8pracke batte diese Läkigkeiten ver-
loren, weil sie sick selbst verloren batte. Lein
IVlensck brauckt mir die großen Debärden der
lVlonna Vanna zu spielen, ick seke sie, wenn
ick diese sckeinbar trockene 8pracke lese. Kind
damit ick in einem Beispiel zum 8ckluß komme:
Wo ist ein Drama, das zugleick mekr Lanto-
mime ist und als solckes durckaus deutkcker
wird als „Laust", und wo ist die deutscke Dickter-
spracke trotzdem — oder gerade darum — ge-
waltiger als kier?
80 ist der deutlicke Lk^tkmus der Debärde
immer das Lntsckeidende für die Wirkung ge-
wesen, ikn nützen die l'keaterkelden wie 8uder-
mann, Llumentkal und Denossen mit so gutem
Instinkt aus, daß sie ikre seickten Witzcken
oder falscken Leden rukig daran kängen können.
Ls bandelt sick für das ernste Drama darum,
dieses Instinktes wieder sicker zu werden. In
Ibsen Kat man ikn nickt erkennen wollen, und
darum nickts mit seiner 8pracke anzufangen ge-
wußt, die so fern von allem „Naturalismus", so
ganz „Luckspracke" ist. Das Beispiel lVlonna
Vanna ist plumper, aber darum deutkcker und
so wird es wirken.
bind das Ltkßcke? Das einige Deute an dem
Drama so verscknupft Kat? blun, da ist der Lern
der 8acke: die Debärde gebt über morakscke
8opkßtereien kinweg: sie giebt die Ltkik des
Volkes, die Dottesstimme, soll ick sagen: die
ästketiscke, die eigentlicke Ltkik? Der erste ^.kt
ein Drama für sick: die Lrau trotz ikrer Lke
kern vom Leben; zum erstenmale vor einer Lnt-
sckeidung, die in ikr Ikeßtes greift und sie aus
sick keraus reißt: klickt Lkre oder lod, sondern

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