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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 5.1902/​1903

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Heft 3
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Schäfer, Wilhelm: Monna Vanna
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Schäfer, Wilhelm: Der neue Hauptmann
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Schäfer, Wilhelm: Hermann Sudermann - Maximilian Harden
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https://doi.org/10.11588/diglit.45536#0171

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tausend lieben, tausend Lkren— oder ikre eigene:
eine bittere Lrage, über die wir uns durcb keine
keldenkalten Lkrasen kinweg bellen wollen.
Lin Laden aber lübrt aus dern ersten ^.kt in
den Zweiten, gleicksam der Anfang ibres eigenen
Lebensladens: Was anderes rnacbt lVlonna Vanna
mutig, den Lang in das 2elt zu tbun, als das
tiele Oelükl ikrer selbst, dern nicbts gesckeken
kann. In ibrern innersten Herzen lebt keine
IVlöglickkeit, dals sie sieb dern IVlann kingiebt:
sie gebt rnit der latalistiscken 8ickerkeit eines
IVlenscken, der zu retten in ein brennendes Haus
springt. (Dals das den rnoraliscben Kritikern
entging?) Oer zweite ^kt ist dicbteriscb das
8ckwäckste, glsicbsarn nur in den Konturen
kingerissen, und die Verkältnisse stirnrnen nickt:
aber gerade da beginnt das, was in der Oebärde
so deutlick und lür das etkiscke Volksurteil ent-
sckeidend ist: die bleigung zu dern IVlanne, der
die Welt, sick selbst und seine Leligkeit urn
ikretwillen lortwirlt. Lragt dock die Leute aul
der Qalerie: Kann sie anders als so lüklen?
klein. Weiter allerdings: Dark sie ikren IVlann
verraten? klein.
Oann erst irn dritten ^kt beginnt der Konkikt.
Zweimal Kat sie unverbrücklick l'reue zu kalten,

Der neue Hauptmann.
klun ist Oer arrne Leinrick, das neue
Orarna von Oerkard Lauptmann, in Wien aul-
gelükrt, wie sckeint, okne sonderkcken Lrlolg.
80 etwas stirnrnt günstig zürn Lesen: rnan aknt,
es rnöckte etwas Leines darin sein, was gegen
die lauten Oedärden der 8ckauspieler und die
Karten Obren des Lubkkurns rnacktlos ist. ^ber
dieser arrne Leinrick ist eker laut als lein. Ls
giebt darin einen tkeatrakscken zweiten/^ktsckluls,
zwei tobende ^kte irn Wald und einen Lckluls-
akt, wo unsagbare Dinge in einer äulserkcken
^.rt gernackt werden, die einern bitterleid tkut.
^,uck der „IVlickael Kramer" gekel einern
Lubkkurn nickt, das aul tönende Aufregung
wartete, ^.ber wer das Luck aus der Land
legte, dern war tiel ans Lerz gerükrt durcb ein
lVlensckensckicksal. IVlockten auck die Wirts-
kausszenen albern sein — es war vielleickt
nötig, urn ganz an die ()ual des arrnen Kerls
keran zu kornrnen — rnockte einem der alte
Kramer vorkommen wie ein taterickter 8ck wätzer:
wenn seine letzten Worte in einem verklangen,
blieb das Oelükl einer leisen sckmerzlosen
Wekmut zurück: man war nickt bis ins Innerste
aulgewüklt, aber im Herzen bewegt.
Den armen Leinrick legt man mit einem
8eulzer der Lrleickterung bin: nickt, dals einen
die lauten tzualen angegriken kätten, man wird
kaum gezwungen daran zu glauben. Ls ist alles
so gleickgültig lür uns, so belanglos — und so

dem IVlann, der sie selbst, der die ganze 8tadt
gerettet Kat und dem, dem sie durcb ikr Wort
gebunden ist. Ikr Oatte bindert sie brutal, klein-
kck, rok, milstrauisck, dem Letter die l'reue zu
kalten. Das zeigt ikr, wokin sie gekört. Und
kier sage ick wieder: lalst die Volksstimme
sprecken nack dem dritten ZVKt: darl sie dem
Letter die Irene brecken? kliemals.
Lreilick: kier mülste der Dramatiker ein-
setzen. Lier gäbe es eine Lösung in voller Wakr-
keit, eine Lösung, die, von einer köcksten ^Vus-
spracke (Ipkigenie?) besckeiden abgeseken, lür
die beiden durcb menscklicke l'reue gebundenen,
der l'od sein würde und den IVlann vor Oott und
der Welt ins Onreckt stellte. IVlaeterlink ziekt
die Lüge vor, das Leben der llagik. >Vber ob
er nickt auck kier die Volksstimme lür sick Kat,
die nickt so koke l'reue mit dem l'od bestraft
seken will —, die )etzt den so süls beginnenden
Volkssang von den Liebenden im Kerker kören
will?
Das sind letzte Lragen der Ltkik und ^stketik
und zugleick des Volksurteils, bei denen nicbts
verwirrender ist, als sckleckte Oickterpkrasen.
W. 8ckäler.

innerlick verloren. Ls ist, als ob Lauptmann
mit dem Vers )eden Weg zu sick selbst verlöre:
Kundert Anklänge und Lrinnerungen — aber
nickt eine 8telle eigentümlicker Loesie. 8ckon
in der versunkenen Olocke wurde diese innere
8tilunsickerkeit deutlick, eigentlick sogar nock
unangenekmer deutlick als kier: aber dafür lagen
die Wolken des Liesengebirges darüber und
irgendwoker tönte die Klage eines verwundeten
Herzens. Leides lekk im armen Leinrick: ein
kraftloses, verworrenes Luck, das man traurig
vor sick liegen siebt, weil man den Oickter
liebt, der einst im Llorian Oez^er 8zenen sckrieb,
wie sie keinem Oeutscken besser gelangen. 8.

Hermann Luäermann —
Maximilian Harden.
Lin IVlesserkampf Kat begonnen, im l'ageblatt
eine sckartige Lasierklinge, in der „Zukunft" ein
ziselierter Oolck. Da es sick angebkck um
Kunstsacken bandelt, mülste man dem Oolck
reckt geben: das will sagen, Larden ist sorg-
fältig in seiner 8pracke, 8udermann lodderig, und
das entsckeidet. Ick kabe wirklick seit langem
nicbts gelesen, das sick so durcb sein scklecktes
Oeutsck ricktet. Irotzdem möckte man 8uder-
mann reckt geben, namentlick wenn man aus
der Lrovinz nickt gerade mit erkobenen Oe-
füklen nack Lerkn siebt. ^,ber leider bekält
Harden auck sonst reckt: Wirtsckaft, Loratio!

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