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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 5.1902/​1903

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Heft 6
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[Vorwort]
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https://doi.org/10.11588/diglit.45536#0272

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Man wird es den „vheinlanden" um ihrer Heimat
willen wohl verleihen müssen, dass sie rum Karneval
ein lachendes Sesicht /eigen. wir Rheinländer werden
rwar um unserer vestlust genugsam gescholten. Vie
ernsten Leute im beich und namentlich die ge-
strengen berliner finden, daß wir uns zu sehr nach
Kinderart ganz grundlos freuen können: aber wir
haben im vergangenen jahr durch unsere vusstellung
gezeigt, daß wir ernste vinge ebenso unbekümmert
und erfolgreich anfassen und durchführen können, wie
die scherzhaften, vielleicht also ist unsere Fröhlichkeit
gar nicht so harmlos, sondern ein köstliches Ledens-
?eichen mit liefen und gesunden wurzeln. Zwei Höhe-
punkte hat der rheinische Karneval: den vosenmontags-
zug in Köln und die Malkastenredoute in vüsseldorf.
va den „vheinlanden" als einer Kunstreitschrift der
„Malkasten" näher liegt, soll in diesem heft von ihm
zumeist die vede sein, wer nur eins seiner Veste
erlebt hat, wird diese sprudelnde vülle von taune,
von künstlerischer Verschwendung und massvoller vus-
gelassenheit stets als einige 5tunden des Slanzes im
5inn behalten, va ist wirklich rheinische Ledenskunst,
die von enttäuschten Touristen so oft vergeblich gesucht
wird. Zwar wer den volkstümlichen Karneval sucht,
wird ihn in Köln echter finden, aber gerade eine
Mischung von Karneval und künstlerischem Seschmack
macht die Malkasten-bedoute zu jenem schäumenden
Meer von Seist und Schönheit, in dem auch der Vicht-
rheinländer sehr bald das schwimmen lernt, wenn er
nur kein Irübetümpler ist. - Vs geschah nicht ohne
vbsicht, dass wir in diese vinge die gewiss nicht karne-
valistische Dichtung Liliencrons: „Durch die vacht"
mischten, wir meinen nämlich: jene göttlich freie
Lebenslust, die in einem solchen Lest all die täglichen
Schwei fälligkeiten und Nützlichkeiten abstreift, aber
nur, indem sie den Werktag für süchtige stunden
vergisst: in der Dichtung Liliencrons >"bt sie keinen Zug
düsterer, aber nicht als bausch, sondern im klaren
bewusstsein aller Menschlichkeiten. Zo können jene
flüchtigen veststunden sehr wohl als ein vufschwung
in jene höhen scheinen, wo der grosse Künstler seinen
unbekümmerten schritt geht. Um dieser inneren Ver-
wandtschaft willen sollen diese vinge hier Zusammen
stehen, wem das heft trotzdem noch nicht ernsthaft
genug ist, der möge sich mit den Kulturhistorikern
trösten, denen die grossen Kostümfeste der venaissance
so wertvolle Beiträge zur Kulturgeschichte geben, warum
sollten wir unsere Veste weniger achten?


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